Um zu Gefangenen auf dem Hohenasperg bei Stuttgart zu gehen, musste ich morgens kein Opfer bringen. Ich bin gerne zu den Gefangenen gegangen. Was ist es, was mich zu Menschen hinzieht, die andere abstoßen? Wie kann ich mich wohl fühlen unter Kriminellen? Das mag kein gutes Licht auf mich werfen, aber zu mir gehören auch dunkle Seiten.

 

Wenn ich meine Fantasien, heimlichen Wünsche anschaue, sehe ich, dass ich eine Menge krimineller Energie in mir habe. In meiner Fantasie habe ich auch schon das eine oder andere Ding gedreht, eine Bank überfallen. Und ich habe auch schon ein paar Leichen im Keller. Nun gibt es Menschen, die das getan haben, was ich manchmal auch gerne tun möchte. Heimlich sympathisiere ich mit ihnen, bewundere sie vielleicht sogar, weil sie das tun, wozu ich viel zu viel Angst habe. Aufgrund meiner Sozialisation und Erziehung sind bei mir Sicherungen und Bremsen eingebaut, die mich daran hindern, mein kriminelles Ich auszuleben.

Freund der Sünder

In manchem Straftäter begegne ich meinem nicht gelebten Leben. Und das kann durchaus anziehend sein. Manche Tat mag noch so verwerflich sein, sie zeigt aber, wozu wir Menschen fähig sind. Kinderschänder, Mörder oder Betrüger sind keine zugeschrieben Bestien, sondern Menschen. Auch wenn ihnen dies oft aberkannt werden will. Ein wichtiger Beweggrund, die Inhaftierten in ihren Zellen aufzusuchen, war für mich der Freund der Sünder, Jesus von Nazareth. Ich will unvoreingenommen auf die Gefangenen zugehen, ohne Berührungsangst, und ohne die Absicht, sie bekehren zu wollen. Ich selbst bin durch die so genannten "Gottlosen" Jesus näher gekommen als durch mein Theologiestudium. „Ich war im Gefängnis, und du bist zu mir gekommen“ - frei nach Matthäus 25, 36.

Petrus Ceelen

 

4. Mai 2025
Der Hoffnung mehr trauen als alten Gewohnheiten
Die Freunde Jesu waren als Fischer zurückgekehrt, um wieder fischen zu gehen, wie in alten Zeiten – als wenn nichts gewesen wäre. So wird es uns von einigen Jüngern Jesu im letzten Kapitel des Johannesevangeliums berichtet. Erst die erstaunlichen Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus voller Zuversicht, […]
27. April 2025
Maria Magdalena lebt auf, singt und tanzt die Auferstehung
Sie wird als Prostituierte und als Sünderin bezeichnet und so den Schablonen männlicher Denkvorstellungen passend gemacht. Die Bibel aber hält sich an keine Schablonen, sie erzählt, dass Maria von Magdala die erste Zeugin der Auferstehung Jesu war, dass sie voller Würde mit dem Öl der Salbung […]
25. April 2025
Zwei Gesichter mit verschiedenen Seiten eines Menschen
Ein Mensch sagt das eine und tut das andere. Janusköpfig, doppelköpfig, unaufrichtig, falsch, verlogen, doppelzüngig oder hinterhältig – mit diesen Attributen beschreiben wir Menschen, von denen sie sagen: Sie haben zwei Gesichter. Manche dagegen möchten genau das Gegenteil sein: aufrichtig, ehrlich und authentisch. Es wird erzählt, […]
18. April 2025
Der Karfreitag klingt anders als manche Durchhalteparolen
Im Lukas-Evangelium, als der Menschenfreund an einem Sabbat in der Synagoge lehrte, wird erzählt, wie die Menschen Jesus zur Stadt hinaus trieben und ihn an den Abhang des Berges brachten, auf dem ihre Stadt erbaut war. Sie wollten ihn hinabzustürzen. Der Mann aus Nazareth weiß aber […]
12. April 2025
Religion und Glaube sollen befreien und nicht einengen
Sie war die einzige Tochter und lernte in ihrem katholischen Elternhaus zu dienen. Christliche Nächstenliebe bedeutet für andere da sein, das wurde ihr mit hohem moralischem Druck in Familie, im Religionsunterricht und in den Gottesdiensten immer wieder deutlich gemacht. Als Erwachsene pflegte sie ihre Eltern zuhause […]
4. April 2025
Wenn der nicht geworfene Stein vom Herzen fallen kann
„Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie“, sagt Jesus den Schriftgelehrten und Pharisäern, die soeben eine Frau in die Mitte der Menge zerren, die, wie sie behaupten, auf frischer Tat des Ehebruchs ertappt wurde. Zum einen entlarvt dieses berühmt gewordene Jesuswort […]
Knastschlüssel