Durch die Unterstützung des Ingeborg-Drewitz-Literaturpreises für Gefangene sollen inhaftierte Menschen motiviert werden, ihre Situation literarisch zu verarbeiten. Den Texten von Gefangenen können damit Öffentlichkeit verschafft und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Strafvollzug gefördert werden. Die Trägergruppen des Preises möchten den unermüdlichen Einsatz und die hohen Verdienste der Schriftstellerin Ingeborg Drewitz (1923-1986), die sie in der Straffälligenarbeit erworben hat, würdigen und bewahren.

Ausschreibung 2023

Schicksalsschläge lassen sich ertragen, sie kommen von außen, sind zufällig. Aber durch eigene Schuld leiden, darin liegt der Schmerz des Lebens.

Oscar Wilde

Schuld ist ein unangenehmes, belastendes, klein machendes Gefühl. Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein, heißt es. Hat jeder Schuld? Die Eltern sind schuld und auch die Kinder. Die Politiker, die Wissenschaftler, die Richter, die Gesellschaft… Alle? Es gibt politische, religiöse, moralische, individuelle, kollektive und strafrechtliche Schuld. Wie richte ich mein Leben unter dem Aspekt der Schuld aus? Was macht die Schuld mit mir? Kann ich die Schuld vergessen? Lässt sich Schuld verzeihen? Wer verzeiht mir? Kann ich verzeihen? Wer hilft mir mit meiner Schuld? Kann ich mich wieder frei von Schuld fühlen? Auschreibung hier…

Schreiben Sie darüber. Schicken Sie uns spontane Texte, Erfahrungsberichte, Briefe, Gedichte, Erzählungen, Biografien, Rap- und Songtexte, Satire, Romane, Comics, Geschichten, Hörspiele, Theaterstücke, Essays oder andere Textformen. Anonymität ist gewährleistet. Einsendungen bis zum 30. Dezember 2023.

Ingeborg-Drewitz-Literaturpreis
c/o Chance e. V.
Friedrich-Ebert Straße 7–15
D 48153 Münster
info(at)chance-muenster.de

Jury

Seit 1989 wird der Ingeborg-Drewitz-Literaturpreis für Gefangene verliehen. Mit der Ausschreibung werden Inhaftierte und ehemals inhaftierte Frauen und Männer aufgerufen ihre Texte einzureichen. Aus den Einsendungen wählt die Jury die qualitativ gelungensten und eindrucksvollsten Texte (Gedichte, Erzählungen, Romanauszüge, Tagebuchaufzeichnungen, Reportagen, Briefe, Hörspiele etc.) aus. Die ausgezeichneten Beiträge werden anschließend in einer Anthologie veröffentlicht. Die Jury besteht aus sechs Juroren. Zur Grundidee des Preises gehört die paritätische Zusammensetzung der Jury aus (teilweise ehemaligen) Gefangenen und Nicht-Gefangenen. Bei letzteren wird zumeist versucht, Persönlichkeiten aus den Bereichen Literaturkritik, Journalismus oder Kriminologie zu gewinnen.

Träger

Gefangeneninitiative Dortmund
Strafvollzugsarchiv an der Fachhochschule Dortmund
Arbeitskreis kritischer Strafvollzug
Verein Chance e.V. Münster (ein Verein zur Straffälligenhilfe)
Humanistische Union Nordrhein-Westfalen
Katholische Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V.
Evangelische Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland
Dokumentationsstelle Gefangenenliteratur der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Ansprechpartner

Prof. Dr. Helmut H. Koch
Chance e.V., Rainer Wick, +49 (0)251 62088 0
Evangelische Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland
Barbara Pense, JVA Dortmund
Katholische Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V.
Dorothee Wortelkamp-M’Baye, JVA Köln
Humanistische Union, Dr. Norbert Reichling

Texte einreichen

Chance e.V. | Koordination Jörg Stucht +49 (0)251 62088 42

12. Juni 2024
Du sollst Dir kein Bild machen. Begegnung mit Gefangenen
Die erste Begegnung mit einem Menschen ist von besonderer Bedeutung. Der Volksmund drückt dies aus, wenn er sagt: der erste Eindruck ist der Beste. Stimmt das wirklich? Empfindet man das Gegenüber beim ersten Eindruck sympathisch oder unsympathisch? Bei einer Einführungstagung für Gefängnisseelsorger hat sich im Jahr […]
8. Juni 2024
Keine Chance: Diskriminierung statt Resozialisierung
In der Zeit von November 2005 bis Ende März 2013 habe ich als Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf gearbeitet. Zu einigen Gefangenen, die ich seinerzeit betreut habe, habe ich immer noch Kontakt. Vor vielleicht zwei Monaten rief mich einer dieser „Ehemaligen“ an. Ich nenne ihn der […]
7. Juni 2024
Ziel des Strafvollzuges wird bei Gefangenen nicht erreicht
Gedanken eines ehemaligen Gefängnisseelsorgers und Vaters eines mehrfach inhaftierten Sohnes. „Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient dem Ziel, Gefangene zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Der Vollzug der Freiheitsstrafe hat darüber hinaus die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen“ […]
16. Mai 2024
Im Gefängnissystem arbeiten, obwohl queerfeindlich
Die Initiative #OutInChurch hat Geschichte geschrieben. Aus Zoom-Konferenzen einzelner Kirchen-MitarbeiterInnen* wurde die Reportage der ARD „Wie Gott uns schuf“ gedreht, ein gemeinnütziger Verein gegründet sowie das kirchliche Dienstrecht verändert. Doch die Aufarbeitung von Diskriminierung, das Achten anderer Geschlechtsidentitäten sowie die Änderung der Sexualmoral und des katholische […]
30. April 2024
Direkter, herausfordernder, echter und unmittelbarer
Grußwort bei der Evangelischen Gefängnisseelsorge in Deutschland zum Thema „Ver-rückte Welt“. Bei Ihnen zu sein, das ist für mich fast schon ein bisschen wie nach Hause zu kommen. Von Anfang an haben Sie es mir leicht gemacht. Sie haben mich gleich willkommen geheißen. Ihre Warmherzigkeit hat […]
3. März 2024
Hilfloses Zucken des überholten festgefahrenen Machtapparats
Vieles scheint sich in unserer Gesellschaft und den Kirchen aufzulösen. Vor allem in bisher für irgendwie selbstverständlich gehaltenen Sicherheiten: sich auf eine stabile Demokratie verlassen können – anzunehmen, dass Gewaltlosigkeit der Friedensweg ist – in der Kirche eine wertschätzende Unterstützung zum Glauben finden – das Vertrauen […]
Knastschlüssel