Der Gefängnisalltag eines Inhaftierten ist ein Leben unter Aufsicht. Dieser kann in den Justizvollzugsanstalten der Länder je nach Haftformen unterschiedlich sein. Verschiedene Regelungen und Abläufe prägen bereits die in einem Land betriebenen JVA´en. „Guten Morgen. Der heutige Tagesablauf ist wie folgt…“, so tönt es frühmorgens am Werktag aus einem der Lautsprecher in den Abteilungen eines Gefängnisses. Frühstück wird ausgeteilt: Butter, Marmelade und Brot. Kaffee gibt es nicht. 

 

Morgens früh aufstehen, acht Stunden arbeiten und sich abends beim Fernsehschauen zu erholen – an dieses für die meisten Menschen alltägliche Leben müssen sich Straffällige häufig erst gewöhnen. Viele haben in ihrem bisherigen Leben keinen strukturierten Tagesablauf kennen gelernt. Ein regelmäßiger Arbeitsalltag, der idealer Weise die individuellen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen des Gefangenen berücksichtigt, ist der erste Schritt in ein straffreies Leben.

Neben den Arbeiten für die Anstalt (z.B. Küche, Reparaturarbeiten, Hof- und Reinigungsarbeiten) werden die Gefangenen in handwerklichen Betrieben (Eigenbetriebe) und Produktionsbetrieben (Unternehmerbetriebe) eingesetzt. Der Arbeitsprozess kann durch Aufsuchen des Arztes im Revier, durch Besuche in der Besucherabteilung oder den Rechtsanwaltsbesuch unterbrochen werden.

 

Tagesablauf aus der Sicht eines Inhaftierten

6:00 Uhr
Wecken und Frühstücksausgabe
6:40 Uhr
Fertigmachen zum "Ausrücken"
6:55 Uhr
Ausrücken zur Arbeit oder Unterricht
Kontrolle mit der Metallsonde vor dem Verlassen des Gebäudes.
Arbeitseinsätze erfolgen zum Beispiel in der Bäckerei, Schlosserei, Bauverwaltung, Hofverwaltung oder in den Unternehmerbetrieben.
9:00 Uhr bis 9:30 Uhr
Arbeiterfrühstück


11:45 Uhr
Mittagspause - Rückkehr in die Vollzugshäuser. Bei jedem Betreten des Vollzugshauses erfolgt eine Kontrolle.
Mittagsverpflegung empfangen
Post abholen
Anträge abholen oder eröffnen lassen

 

12:25 Uhr
Ausrücken zur Arbeit und Arbeitsaufnahme
15:30 Uhr
Arbeitsschluss. Rückkehr ins Vollzugshaus
16:00 Uhr
Abendbrotausgabe
16:30 Uhr
Möglichkeit, an der Arbeiterfreistunde teilzunehmen
Sport unter Anleitung des Sportübungsleiters
Teilnahme an Freizeitgruppen
Duschen für Arbeiter. Unbeschäftigte 2 x die Woche


19:00 Uhr
Einschluss
20:00 Uhr
Ausklang des Tages mit TV
21:00 Uhr
Nachtruhe

Es gibt offizielle und inoffizielle „Spielregeln“ und beide können ein Eigenleben und eine Eigendynamik entwickeln, mit denen ich gekonnt umgehen muss. Die Maßnahmen dürfen die Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht gefährden. Interessenkonflikte zwischen Inhaftierten, Bediensteten und der Sicherheit will in aller Widersprüchlichkeit ausgehalten werden. Die Gefangenen kommen zum größten Teil aus unterschiedlichen Migrationshintergründen. Sie sind ihren kulturellen- und religiösen Verbindungen entwurzelt worden. Sie erinnern sich wenig oder nur durch Erzählungen anderer an ihre Wurzeln oder besinnen sich wieder neu durch ihre Inhaftierung auf ihre Herkunft.

23. November 2020
Verklärte Advents- und Weihnachtszeit. Wie sonst auch?
Ein Christbaum in einer Abteilung der Justizvollzugsanstalt Essen. Das Weihnachtsfest im Knast feiern? Für manche jährt sich dieses Fest hinter den Mauern bereits mehrmals. Diese Erfahrung dürften im Corona-Jahr die Menschen „draußen“ ebenso machen. Im immerwährenden Lockdown der Justizvollzugsanstalt ist man es schon gewohnt, nicht mit […]
5. Juni 2019
Botschaften: Wie man sich hinter Gittern bettet
Wie oft lesen wir eingeritzte Initialen „W+H“ oder „ICH WAR HIER“ an besonderen Orten wie Aussichttürmen oder, wie hier zu sehen, in Hafträumen. Ein besonderer Ort, an dem sich inhaftierte Menschen auf ihren Bettbrettern verewigt haben. Diese Unterlagen dienen eigentlich als Auflage für die Matratze in […]
22. September 2020
Gesichter der Einsamkeit und Isolation in Coronazeit
Als Gefängnisseelsorger im Jugendmaßnahmenzentrum im schweizerischen Utikon begleite ich junge Menschen, die während der Covid-19-Pandemie ihre Strafe verbüßen. Was zuvor selbstverständliche Möglichkeiten waren, um Kontakt mit der Außenwelt zu pflegen (Besuche von Familie und Freunden, Urlaubstage), ist seit mehreren Wochen aufgrund von Kontaktverboten nicht möglich. Je […]
16. Dezember 2021
Kiezdeutsch – ein anspruchsvoller deutscher Dialekt
„Isch wollte heute einkaufen gehen, danach isch fahr zu mein Vater. Wallah!“ Bei Äußerungen wie dieser – hier aus aus einem Gespräch Jugendlicher in Berlin-Kreuzberg – denken viele spontan erst einmal „Grammatikfehler“, „kann nicht/will nicht richtig Deutsch sprechen“ oder gar „Sprachverfall“. Aber diese Jugendsprache, Kiezdeutsch, ist […]
30. Juli 2020
Sicht eines Inhaftierten zur Corona-Besuchssituation
Ein Brief erreicht die Redaktion von einem Inhaftierten einer bayrischen Justizvollzugsanstalt, der aus Sicht eines Betroffenen den Umgang mit Strafgefangenen in Zeiten von Corona kritisiert. Die Besuchssituation für Familienangehörige und PartnerIn sind reglementiert. Für Gefangene, die eh bereits isoliert sind, bedeutet dies eine doppelte Bestrafung. Die […]
22. November 2021
Die harte Realität der Weihnachtsgeschichte
Zwei Tage war Rudi Bannwarth im Knast. Zwei Tage in der Justizvollzugsanstalt in Herford, Gefängnis für ca. 300 jugendliche Straftäter. Er hat mit einer Gruppe junger Inhaftierter geredet, ist durch die langen Gänge gegangen, vorbei an den massiven Türen. Als er das Gebäude mit den hohen […]
Knastschlüssel