Im § 154 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes des Bundes sowie in den Landesstrafvollzugsgesetzen (vgl. etwa Art. 175 Abs. 1 Bayerisches Strafvollzugsgesetz, § 76 Abs. 4 Hessisches Strafvollzugsgesetz, § 16 Abs. 1 Gesetzbuch über den Justizvollzug in Baden-Württemberg) arbeiten alle im Vollzug Tätigen zusammen und wirken daran mit, die Aufgaben des Vollzuges zu erfüllen. Damit sind die GefängnisseelsorgerInnen als Fachdienst grundsätzlich in der Zusammenarbeit und Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels integriert.
Eine Loyalitätspflicht gegenüber dem staatlichen Anstaltszweck obliegt jedem AnstaltsseelsorgerIn, unabhängig von der Form der Ausgestaltung seines dienstrechtlichen Status. Staatlich-kirchliche Vereinbarungen über den Status der AnstaltsseelsorgerIn legen fest, dass Gefängnisseelsorge in Fragen des Strafvollzugs der Aufsicht des Staates unterliegt, aber fachlich jedoch bei der kirchlichen Aufsicht und Visitation bleibt. In den Bundesländern regeln Dienstordnungen das dienstrechtliche Verhältnis.
Alle Dienste einer Justizvollzugsanstalt wirken bei der Behandlung von Inhaftierten mit, damit diese ihre Vollzugsziele erreichen und darüber hinaus nach dem Strafvollzug ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne Straftaten führen. Der Fachdienst “Seelsorge” arbeitet konstruktiv kritisch in Kooperation mit anderen Diensten, ohne seine seelsorgerliche Verschwiegenheit zu brechen. Neben dem medizinischen Dienst kommen GefängnisseelsorgerInnen in Berührung mit folgenden Diensten.
Leitung einer Justizvollzugsanstalt
Die Anstaltsleitung ist der erste und unmittelbare AnsprechpartnerIn für die Gefängnisseelsorge. Durch die explizite Sonderstellung des Fachdienstes "Seelsorge" ist sie im Organigramm direkt neben der Leitung angesiedelt. Je nachdem ob ein GefängnisseelsorgerIn verbeamtet oder in Gestellungsvertrag angestellt ist, trägt die Leitung einer JVA die Dienstaufsicht. Seelsorgerliches Arbeiten sowie die Achtung von Sicherheit und Ordnung geschieht im gegenseitigen Vertrauen zueinander.
Allgemeiner Vollzugsdienst (AVD)
Jeder Gefängnisseelsorger ist als Seelsorger für die Bediensteten im Strafvollzug ansprechbar. Der Kontakt und die Zusammenarbeit wird von Bediensteten genutzt, um Lebens- und Vollzugsprobleme zu besprechen. Bedienstete im AVD und Werkdienst (berufliche Arbeit oder Ausbildung Gefangener) haben eine schwere Aufgabe. Oft sind sie Aggressionsobjekt der Gefangenen, gleichzeitig aber der Anstaltsleitung gegenüber verantwortlich für Ordnung und Sicherheit.
Psychologisch therapeutisch
Die Aufgaben und Ziele des psychologischen Dienstes ist die Mitwirkung bei der Prognose des zu erwartenden Verhaltens von Gefangenen bei Vollzugslockerungen oder Hafturlaub und zur Vorbereitung der Entlassung. Sie begutachten Inhaftierte mit Sexual- und Gewaltdelikten, schreiben gutachtliche Stellungnahmen und führen Anti-Gewalt-Trainings durch. Angewandt werden Methoden der Verhaltenstherapie, Elemente der Gesprächspsychotherapie und Neurolinguistischen Programmierens.
Die unabhängige Stellung des Gefängnisseelsorgers zeigt sich darin, dass die Kirche für alle in ihrem Auftrag im Gefängnis tätigen Seelsorger das Seelsorgegeheimnis beansprucht. Gemäß §§ 53 Abs 1 Nr. 1, 53 a StPO haben Geistliche und ihre Berufshelfer im strafrechtlichen Verfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger und im Rahmen eines seelsorgerischen Gesprächs anvertraut worden oder bekannt geworden ist (vgl. a. § 383 Abs. 1 Nr. 4 ZPO im Zivilprozess). Ferner erkennt § 139 Abs. 2 StGB für Geistliche den Vorrang des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses vor der Anzeigepflicht geplanter Straftaten nach § 138 StGB an.
Der Sozial- und Integrationsdienst
Ihre Tätigkeit beginnt mit der Aufnahme der Gefangenen in die Justizvollzugseinrichtung und endet im Allgemeinen mit deren Entlassung. Sie kümmern sich u.a. um Ausländerberatung, Partner-, Familien- und Konfliktberatung, Entlassungsvorbereitung, Schuldnerberatung, Soziales Training und Suchtberatung. Außerdem wirken sie auch mit bei der Vollzugsgestaltung, der Vollzugsplanung, der Vor- und Nachbereitung sowie Begleitung von Vollzugslockerungen sowie der Haftvermeidung und Haftreduzierung.
Externe Dienste in Justizvollzugsanstalten
In machen Justizvollzugsanstalten arbeiten externe Bildungsträger und SuchtberaterInnen. Beispielsweise in Sachsen-Anhalt ist der Landesbetrieb für Beschäftigung und Bildung der Gefangenen (LBBG) für die Berufsausbildung zuständig. Daneben kommen MitarbeiterInnen von Drogenberatungsstellen oder Gemeinschaftsinitiativen für das Übergangsmanagement wie der Bundesagentur für Arbeit in die Anstalt. Die MitarbeiterInnen der Verwaltung (Vollzugsgeschäftsstelle, Zahlstelle...) sind Teil der JVA.
Pädagogisch und erziehungswissenschaftlich
Der Pädagogische Dienst sorgt für die Evaluation und Realisierung von Konzepten in den Bereichen schulischer und beruflicher Aus- und Weiterbildung. In Nordrhein-Westfalen ist der erziehungswissenschaftliche Dienst für die Freizeitpädagogik zuständig. Schulunterricht soll Inhaftierte in die Lage versetzen, fehlende Kenntnisse zu erwerben, vorhandene aufzufrischen oder zu vertiefen. Darüber hinaus sollen die Gefangenen mit weiteren Bildungsangeboten durch unterschwelliges Lernen befähigt werden, soziale Kompetenzen zu erweitern.