Im Oktober 2020 ereignete sich in der Justizvollzugsanstalt Münster eine Geiselnahme. An sich ist das schon ein traumatisierendes Ereignis, dass für die Betroffenen jedoch noch eine zusätzliche Komponente bereithielt, weil das eingesetzte SEK die Geiselnahme durch Zugriff und Waffeneinsatz beendete. Die Geisel, eine junge Kollegin in der Ausbildung, konnte fast unverletzt befreit werden, während der Geiselnehmer – von vier Kugeln getroffen – verstarb. Das gegen den Todesschützen eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft eingestellt.
An einem unfreundlichen Oktobertag, hatte ein 40jähriger Gefangener eine junge Kollegin als Geisel genommen. Er bedrohte sie mit einem gefährlichen Gegenstand, der sich später als an beiden Seiten angespitzter Zahnbürstenstiel herausstellte. Der Geiselnehmer forderte einen Hubschrauber, um aus der Vollzugseinrichtung fliehen zu können. Die Kontaktaufnahme der Polizei gestaltete sich schwierig. Die meisten Kommunikationsversuche scheiterten. Die mehrstündigen Versuche, den Geiselnehmer zur Aufgabe zu bewegen und die Geiselnahme unblutig zu beenden, erreichten einen kritischen Punkt, als der Täter seine Geisel wiederholt mit dem „gefährlichen Gegenstand“ bedrohte und glaubhaft ankündigte, seine Geisel töten zu wollen.
Täter verstarb aufgrund der Schussverletzung
Die psychische Verfassung des Geiselnehmers wurde von den Verhandlungsführern als labil und unberechenbar eingeschätzt. Wegen der fortdauernden lebensbedrohlichen Gefährdungslage der Geisel wurde der Zugriff angeordnet. Die Polizeikräfte setzten Schußwaffen ein. Weil der Gefangene die Bedienstete mit einem Gegenstand bedrohte, der zur lebensgefährlichen Verletzung der Geisel geeignet erschien, war der Schußwaffeneinsatz als verhältnismäßig anzusehen, so die Staatsanwaltschaft. Der erfolgreiche Zugriff des Spezialeinsatzkommando der Polizei führte zur Befreiung, während der Täter noch vor Ort wegen der erlittenen Verletzungen verstarb.
Ergebnis der Ermittlungen
Mit den polizeilichen Ermittlungen war aus Gründen der Neutralität eine Ermittlungskommission des Polizeipräsidiums Dortmund betraut worden. Nach einer sehr akribischen Aufarbeitung der Geschehnisse, sah die Staatsanwaltschaft keinen Grund für das Vorliegen einer strafbaren Handlung. Sie stellte die Ermittlungen am 22. Juli 2021 ein. Der zuständige Staatsanwalt betont gegenüber der Deutschen Preseagentur, dass der Schußwaffeneinsatz rechtmäßig gewesen sei.
Gegen die Einstellung des Verfahrens ist nach Auskunft der Staatsanwaltschaft eine Beschwerde aus dem Kreis der Angehörigen des erschossenen Gefangenen eingelegt worden. Diese Beschwerde wird derzeit von der Staatsanwaltschaft geprüft. Sollte es bei der ursprünglichen Bewertung verbleiben, wird der Vorgang der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm vorgelegt werden.
Friedhelm Sanker | BSBD nrw