Nicht jeder wird gleich verstehen, was Sache ist, wenn der „Jenseitsinspektor“ oder „Himmelskomiker“ mit dem „Sittich“ spricht. Des Rätsels Lösung, nämlich ein Gespräch zwischen dem Gefängnisseelsorger und einem Sexualstraftäter. So kann dort nachgelesen werden, dass sich „Gittermäuse“ gelegentlich „Sargnägel und Fensterkitt einpfeifen“, also weibliche Häftlinge Karotten und Kartoffelpüree essen. Sie wissen nicht, was „auf Transport“ oder „auf Piste“ heißt?

 

Die Welt hinter den Mauern und deren Ausdrücke kann man nicht kennen. Es sei denn, man war selbst inhaftiert oder arbeitet in der JVA. Im geschlossenen System eines Gefängnisses existieren Begriffe, Wörter und Sätze, die „draußen“ in ihrer Bedeutung nicht eingeordnet werden können. In den Gefängnissen existiert je nach Region eine eigene „Knacki“-Sprache. Der Würzburger Richter, Kriminologe und Strafrechts-Professor, Klaus Laubenthal, hat ein Lexikon der Knastsprache dazu veröffentlicht: Von Affenkotelett bis Zweidrittel.

Die knasttypischen Ausdrücke leiteten sich teilweise von der alten deutschen Gaunersprache, dem Rotwelschen, her. Vor allem kam der Zufluss von Gruppen, die innerhalb der Strafanstalten dominierten: Zuhälter und Prostituierte, Nichtsesshafte, jugendliche Randgruppen und die Drogenszene. Manche russischsprachige Gefangene meinen „Solidarität“ zu zeigen. Der „Abschtschjak“ ist ein mafiöses System, das seine Wurzeln in den düsteren Gefängnissen der früheren Sowjetunion hat. Die Strukturen und deren Sprache zu erkennen und aufzudecken ist nicht einfach.

Das „Ulmer Echo“, die Gefangenenzeitung der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf, hat ebenfalls ein Wörterbuch mit Ausdrücken zusammengestellt. Gefängnis bedeutet, es gibt offizielle und inoffizielle Regeln. Im Sprachjargon der Gefangenen stellen manche Wörter eine Beleidigung dar. Der mit der Inhaftierung verbundenen Lebenssituation in Justizvollzugsanstalten (JVA) lassen subkulturelle Gegenordnungen mit spezifischen Normen, einer gewissen Organisation und besonderen Gebräuchen, entstehen.

 

27. März 2020
Im Gefängnis heimlich auf Toilettenpapier geschrieben
Zurzeit in Deutschland gehamstert, hat es doch Potenzial für viel mehr: das Toilettenpapier. Besungen, beschrieben und bedruckt spielt es für manche nicht nur auf dem stillen Örtchen eine Rolle. Kaum eine andere Ware scheint sich zurzeit derartiger Beliebtheit zu erfreuen wie das Klopapier. Reihenweise leere Regale […]
23. Juli 2021
Die Schmetterlinge müssen die Freiheit haben
Ein Rettungswagen fährt durch beide geöffneten Tore in die Justizvollzugsanstalt ein. Grund der Alarmierung ist, dass ein Häftling in der Sonderfreistunde massiv auf den Kopf eines Mitgefangenen einschlägt, der dort auf der Bank sitzt. Dieser wird nach der Erstversorgung ins Revier gebracht. Er ist ansprechbar, kann […]
31. Dezember 2019
Silvester-Feuerwerk hinter Feinvergitterung
Wenn die Glocken der Kirchen um Mitternacht das Neue Jahr einläuten, werden die Böller hinter den Mauern einer Justizvollzugsanstalt zu hören, das Feuerwerk durch die Gitterstäbe und den angebrachten Feingittern zu sehen sein. Der Ort des Gefängnisses, in der Stadt oder außerhalb, täuscht nicht darüber hinweg. […]
6. Dezember 2020
Sicherheitsstörung: Knecht Ruprecht und Nikolaus
Eigentlich weiß jeder, wer der Nikolaus ist. Der Weihnachtsmann? Die beiden werden oft verwechselt. Sie sind sich ähnlich und doch wieder nicht. Nikolaus ist ein Bischof gewesen. Er wirkte in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts im türkischen Myra. Über ihn gibt es viele Legenden. Es sind […]
30. März 2019
Wenn der Knast allzu fromm machen kann
Wer im Gefängnis sitzt, hat viel Zeit, über seine Schuld nachzudenken. Christliche und zunehmend auch muslimische BetreuerInnen hören den Gefangenen zu. Bei allzuviel plötzlicher Begeisterung für den Glauben reagieren die GefängnisseelsorgerInnen und muslimische Religiöse BetreuerInnen jedoch zurückhaltend. Samet Er – männlich, muslimisch, jung – kennt sich […]
23. Dezember 2020
Geschlossene Türen. Nicht mehr ein X für ein U machen
Im Film „Der Hauptmann von Köpenick“ lässt der Gefängnispfarrer die Gefangenen den Choral anstimmen: „Bis hierher hat mich Gott gebracht“. Sehr fein ist die Doppelbödigkeit dieser Aussage in Szene gesetzt. Ich bin immer wieder amüsiert über diese Art der Situationskomik. Doch nun muss ich über mich […]
Knastschlüssel