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Sicherheitsstörung: Knecht Ruprecht und Nikolaus

6. Dezember 2020

Eigentlich weiß jeder, wer der Nikolaus ist. Der Weihnachtsmann? Die beiden werden oft verwechselt. Sie sind sich ähnlich und doch wieder nicht. Nikolaus ist ein Bischof gewesen. Er wirkte in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts im türkischen Myra. Über ihn gibt es viele Legenden. Es sind Geschichten von einem Mann, der Gutes tut für andere. Diesem Mann hat man in den letzten Jahrhunderten eine andere Gestalt hinzugedichtet: Der Knecht Ruprecht. In der Schweiz heißt er „Schmutzli“. Ein Gehilfe des heiligen Nikolaus, der genau das Gegenteil verkörpert.

Warum braucht es eigentlich solch eine düstere und schwarze Gestalt zum sanften und wohltuenden Nikolaus? Heute wird der Knecht Ruprecht nicht mehr eingesetzt. Zu Recht. Die Gestalt kann als Ausdruck der Angst ausgenutzt werden. Seine Rute verdeutlicht die mahnenden Worte. „Wenn Du nicht brav bist, kommt Dich der Knecht Ruprecht holen“, sagte man mir als Kind. Da war man schon eingeschüchtert. Knecht Ruprecht ist das schlichte Gegenteil des Nikolaus. Vielleicht passt dieser eher zum beliebten Weihnachtsmann mit dem roten Mantel? Noch im 19. Jahrhundert waren die Wissenschaftler der Ansicht, Knecht Ruprecht sei so etwas wie ein Überrest aus der vergangenen heidnisch-germanischen Zeit, der für ein düsteres Winterritual steht. Mit der schaurigen Verkleidung wollte er böse Geister vertreiben, so hieß es. Je nach Region gibt es weitere Theorien, was es mit der finsteren Gestalt auf sich haben könnte. So soll Knecht Ruprecht vor etwa 1000 Jahren in Sachsen-Anhalt gelebt haben. Im Jahr 1021 verwünschte er am Weihnachtsabend eine Gruppe Jugendlicher, die sich beim Tanzen vergnügte. In Bayern bis nach Tirol ist Knecht Ruprecht heute noch unterwegs.

Das Dunkle im Menschen

Knecht Ruprecht steht nicht nur für das Bestrafen. Die Gestalt erinnert uns an das Dunkle in uns Menschen. Die Gefängnisstrafe hat sich in den letzten Jahrhunderten von der Strafe hin zur Resozialisierung verändert. Man mag darüber diskutieren, ob das Gefängnis sinnvoll ist oder nicht. Den Knecht Ruprecht ist nur im Gespann mit dem Heiligen Nikolaus unterwegs. Will heißen, dass die Figur des Knecht Ruprecht ein Sinnbild für ein „Controlling“ sein kann. Menschen sollen um ihr dunkle Seiten wissen. Wir sind alle Sünder und doch ist die Frage, wie wir mit Schuld und Versagen umgehen. Eine reine Strafe oder die Androhung von Strafe nutzt wenig. Ich muss selbst entscheiden, wie ich handle. Sehe ich mich selbst mit meinen Unzulänglichkeiten an, so kann ich gnädiger mit anderen umgehen. Es ist gut, dass die Figur des Knechtes Ruprecht nicht weiter bedient wird. Sie kann uns aber daran erinnern, dass nicht immer alles so glatt und liebevoll läuft.

Der menschliche Nikolaus

Den Fokus auf den Nikolaus zu lenken ist Herausforderung und Aufgabe zugleich. Menschlichkeit zu zeigen und zu leben ist die Botschaft. Dies sicher nicht nur bei Kindern. Das ist ein wesentlicher Unterschied zum Weihnachtsmann. Der verteilt nur Süßigkeiten, betreibt Marketing und lächelt in seinen Bart. Der Nikolaus setzt sich ein für die Menschen. In einer Geschichte organisiert Nikolaus, dass Weizenkorn aus den Schiffen ans Land kommt. Dort herrschte eine Hungersnot. In dieser Situation wird der Nikolaus nicht nur lieb und nett gewesen sein. Durchsetzungsvermögen und eine klare Rückmeldung an die Verantwortlichen des Schiffes hatte zur Folge, dass es genug für alle gab. Ein Hauch einer heilvolleren Welt. Im harten Alltag eines Gefängnisses wirkt dies wohltuend. Nicht nur dort ist Nikolaus eine positive Störung. Ob es heute noch Menschen von der Sorte des Nikolaus gibt? Bestimmt.

Michael King

 

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