parallax background

Heiliger Martin ist im Jugendvollzug mehr oder weniger präsent

11. November 2025

Der heilige Martin gilt als Schutzpatron der Geflüchteten und Gefangenen. Er ist nicht nur der offizielle Schutzpatron Frankreichs und der Slowakei, sondern ebenso der Reisenden, der Armen und Bettler, der Abstinenzler und der Soldaten. Am 11. November ist sein Gedenktag. Doch im Jugendvollzug findet sich schon lange kein Inhaftierter mit dem Namen Martin mehr.

Martin ist ein Name, der weit verbreitet ist. Gibt man den Namen im Jugendvollzug ins Computersystem ein, findet sich kein einziger jugendlicher Inhaftierter mit diesem Namen. Mohammad, Mustaffa, Maurice oder Musa werden im Suchergebnis angezeigt. Der letzte Martin ist im Jahr 2017 entlassen worden. Er war ein guter Rapper und kannte sich im russisch-stämmigen Familienclan aus. Liegt es daran, dass im Jugendvollzug weniger deutsche Staatsbürger inhaftiert sind?

Wand-Kritzeleien in einem Haftraum im Jugendvollzug.

Jugendliche Migranten

Von Migranten verübte Straftaten stehen in der Öffentlichkeit besonders im Fokus. Eine einfache Zuschreibung für Zusammenhänge zwischen Migration und Kriminalität gibt es nicht, da die Zuwanderungsprozesse und Kriminalitätsphänomene höchst vielfältig sind. Unter Migranten wird nur ein kleiner Teil straffällig. Ein alleiniger Blick auf den Anteil ausländischer Staatsangehöriger in den Kriminalstatistiken vermag es nur bedingt, zu einem differenzierten Bild beizutragen. Bei näherem Hinsehen geht es je nach Deliktsbereich vor allem um jugendliche Männer, die sich nach Aufenthaltsstatus, Einwanderungszeitpunkt, sozialer Teilhabe, Herkunft und demografischer Zusammensetzung unterscheiden. Unter jungen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund war die Zahl der Straftaten lange Zeit deutlich rückläufig. Seit 2022 ergeben sich aus Kriminalstatistiken Hinweise auf einen Anstieg der Kriminalitätshäufigkeit bei einheimischen wie zugewanderten Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Martin ist unbekannt

Bei den jugendlichen Gefangenen ist der Sankt Martin weder präsent, noch dass sich jemand an diese Tradition aus der Kindheit erinnert. An diesem Tag ziehen in vielen Gemeinden Kinder mit Laternen von Haus zu Haus. Dies soll die „strahlende Botschaft“ des heiligen Martin symbolisieren. Im Jugendknast wird man erst hellhörig, wenn erzählt wird, dass dieser Martin solidarisch mit dem Bettler war. Einen „Mantel teilen“ hat im Vollzugsalltag aber meistens mit Hintergedanken zu tun, dass man z.B. Tabak teilt, den man aber in zwei- oder dreifacher Art wieder zurückbekommen will. Schnell begeben sich Gefangene damit in Abhängigkeit. Viele der Jugendlichen haben Erfahrungen als Geflüchteter gesammelt. Manche sind traumatisiert von ihrer langen Reise über das Meer und ihrem Ankommen in einem europäischen Land. Darin finden sich jugendlichen Straftäter mit dem Martin-Schutzheiligen der Geflüchteten wieder.

Martin war selbst Ausländer

Der heilige Martin wurde um 316/17 in der Stadt Sabaria geboren, dem im heutigen Ungarn gelegenen Szombathely. Der Sohn eines römischen Tribuns trat auf Wunsch seines Vaters in die Armee ein. Nach seiner christlichen Bekehrung ließ sich Martin mit 18 Jahren taufen, quittierte den Militärdienst und wurde Eremit. Ab 371 war er Bischof von Tours an der Loire; er starb am 8. November 397 in seiner Diözese. Der Legende nach ritt der im 4. Jahrhundert lebende Ritter an einem kalten Wintertag an einem hungernden und frierenden Bettler vorbei. Der Mann tat ihm so leid, dass Martin mit dem Schwert seinen warmen Mantel teilte und dem Bettler eine Hälfte schenkte. In der Nacht erschien Martin der Bettler im Traum und gab sich als Christus zu erkennen. Der halbe Mantel gilt als ein Zeichen christlicher Barmherzigkeit. Auch wenn niemand der Inhaftierten am 11. November Namenstag feiert, sind die Erzählungen um den Heiligen Martin im Heute nach wie vor aktuell. Da gibt es keine Unterschiede nach Religionen, Kulturen oder Sprache.

Michael King

 

Feedback 💬

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert