Auferstehung – in jeder Messfeier sprechen wir von ihr, gebrauchen dieses Wort wie all die anderen auch; es geht uns über die Zunge wie Frühling, Osterei und Kaffeebohne. Doch es gibt einen gravierenden Unterschied: Beim Frühling wissen wir, wie er duftet und klingt, beim Osterei wissen wir, wie man es pellt und wie es schmeckt, bei der Kaffeebohne wissen wir, wie man sie zubereiten muss. All das wissen wir bei dem Wort Auferstehung nicht – und wenn wir ehrlich sind: Eigentlich wissen wir gar nichts.
Wir verbinden mit diesem Wort unseren Wunsch nach Leben über den Tod hinaus, wir erhoffen uns Antworten auf so manche Fragen – und irgendwie schwingt mit, dass Menschen nach dem Tod Jesu zu der Überzeugung gelangt sind, dass er nicht im Tod geblieben ist. „Die einen sagen so – die anderen so.“ Und dann ist das mit dem „Sagen“ so eine Sache, denn Menschen, die Jesus als lebendig erfahren, können nicht automatisch andere überzeugen. Thomas, der am Osterabend nicht dabei war, als Jesus den Jüngern erschien, vermag ihnen nicht zu glauben. Manchmal können Menschen, die sich auf Jesus berufen, umeinander kreisen, ihren Glauben feiern ohne überhaupt zu bemerken, dass sie andere nicht damit erreichen und schon gar nicht überzeugen.
Vom Leben erzählen
Allein Reden von Auferstehung bewirkt nicht unbedingt etwas – so oft und so gern wir auch betonen: Glauben kommt vom Hören. Und so manches Reden klingt zu schön, um wahr zu sein – es erreicht uns nicht in unserem Leben. Dabei geht es doch um Leben – nicht nur am Osterfest. Und vom Leben erzählen können wir, von diesem Leben zumindest, das Angst und Trauer, Gewalt und Ohnmacht aber auch so große und zeitlos gültige Dinge kennt wie Liebe und Hoffnung, Musik und Poesie. Leben ist größer als unsere Erfahrung davon und als es Menschen in Worten sagen können. Wer Ostern feiert, glaubt, dass Leben mehr ist als die begrenzte Zeit zwischen erstem und letztem Atemzug. Ehrlicherweise muss man allerdings sagen, dass sich die Evangelien an Ostern weniger mit dem ewigen Leben beschäftigen als mit diesem Leben und die Frage beantworten: Hat der Karfreitag die Wirklichkeit Jesu und seine Wirkmacht beendet? Ist der am Kreuz Gestorbene gescheitert? Ist sein Leben widerlegt, seine Botschaft verstummt?
Kein selbstgenügsamen Gott
Sie ist es nicht, wenn Menschen sich aufmachen nach Galiläa, zu den Lebensorten Jesu und damit anknüpfen an dem, was sie mit ihm erfahren und erlebt haben. Jesus lebt, wenn und wo Menschen seine Spuren aufnehmen – da wird er – in den Worten des Evangeliums gesprochen – sichtbar. Jesus lebt, wenn er weiter Bedeutung hat für Menschen, wenn sein Lebensbeispiel nicht nur sonntags besungen, sondern alltags beachtet wird. Wir kennen das Wort von Angelus Silesius: „Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in Dir, Du bleibst noch ewiglich verloren.“ Ich glaube, das gilt für Ostern: Wo Christus nicht im Menschen auflebt, ist er für uns im Grab. Wir feiern Ostern als das Handeln Gottes, als den Tag, den der Herr gemacht hat, aber es ist kein Machen und kein Handeln am Menschen vorbei, sondern mit ihnen oder durch sie. Der sich in der Geburt von Menschen abhängig macht, macht es auch in der Auferstehung. Wir glauben an keinen selbstgenügsamen Gott, sondern an den, der sich in Christus ein für alle mal an den Menschen gebunden hat.
Bernd Mönkebüscher