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Gelebte Gastfreundschaft ist längst schon gesegnet

13. Juli 2024

Das Evangelium erzählt, wie Jesus zwölf seiner JüngerInnen* aussendete: zu zweit sollten sie gehen, mit einem Wanderstab und der Vollmacht über die unreinen Geister. Sie sollten Kranke mit Öl salben und sie heilen. Dabei sollten sie ohne Geld unterwegs sein, angewiesen allein auf Gastfreundschaft. Wenn sie in einem Haus aufgenommen werden, sollten sie eine Weile bleiben, wenn nicht, sollten sie weiterziehen, den Staub von den Füßen schüttelnd.

Mit anderen Worten: Nachfolge Jesu bedeutet, in großer Unabhängigkeit und Freiheit unterwegs zu sein. Jesu FreundInnen* kommen nicht aufdringlich wie Drückerkolonnen, sie haben nichts zu verkaufen. Sie wollen nicht überreden und sind nicht nachtragend. Sie kommen einfach mit leeren Händen und der Bitte, aufgenommen zu werden. Es ist die Gastfreundschaft, in der sie sich aufgehoben wissen. Vertrauend in dieses sich gegenseitig Schenken können Menschen heil werden, das ist das Geheimnis ihres Unterwegsseins. So sollte das Evangelium Jesu erfahrbar werden: „Geht und berichtet, was ihr gesehen und gehört habt“, hatte er zu Beginn seines Wirkens gesagt, „Blinde sehen wieder, Lahme gehen und Aussätzige werden rein. Taube hören, Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet.“

Der herabsteigende Christus. Kunstwerk von der Holzbildhauerin Marion Jochner.

Mit welchem Ohr hören

Vielleicht sind wir gewohnt, die Botschaft dieses Sonntags mit der Beauftragung Jesu an seine JüngerInnen*, wie wandernde und heilende PilgerInnen* in Gastfreundschaft unterwegs zu sein, als eine spezielle Aussendung der zwölf Apostel mit dem Petrus an der Spitze zu hören – und wundern uns dann, dass davon bei den Amtsnachfolgern in der Kirche so wenig zu spüren ist. Vielleicht aber erklären wir uns die Worte Jesu vorsichtshalber auch als zeitbedingte Aussagen, die in ihrer Radikalität heute nicht mehr zu verwirklichen sind. In beiden Fällen würden wir dem Evangelium einen echten Lebensbezug nicht mehr zutrauen. Mit welchem Ohr hören wir die Worte Jesu? Ist es das Ohr, in dem durch lange Einprägung immer schon klingt: Du musst dies und das tun, damit du gut bist und von Gott geliebt? Ein Hören, das der Regie unserer gewohnten Ansprüche und Erwartungen dem Leben, den Menschen und Gott gegenüber folgt. Dann reicht es nie und wir bleiben ängstlich zurück. Was aber, wenn wir das Evangelium mit dem Herzen hören? Im Vertrauen, Geliebte Gottes zu sein, und durch seine schöpfende Kraft bereits alles in uns zu haben, was es zum Gut sein braucht.

Schon längst gesegnet

Jesu Aussendung gilt nicht exklusiv einigen geweihten Männern, sie ist vielmehr die Ermöglichung eines neuen Unterwegsseins in jener göttlichen Bekräftigung, in der Jesus selbst durch Galiläa zog: im sich sein lassen in all den Begegnungen, vertrauend, aufgehoben zu sein, weil längst gesegnet. Kirchlich bezeichnen wir diese Wirklichkeit mit der Taufe und würdigen so ausdrücklich alle als JüngerInnen* Jesu. Darin gilt der Auftrag Jesu Gastfreundschaft zu leben. Jede und jeder, die oder der solche Gastfreundschaft erlebt, weiß, was es für ein Segen ist, so beschenkt zu werden. Und Gastfreundschaft wirkt heilend, weil wir in ihr ganz vorkommen können. Ganz zu sein aber bedeutet heil zu sein. Wo Menschen sich so begegnen, öffnen sie einander ihre Hände und lassen dabei los, was gerade noch festgehalten war an Absicherungen, Beurteilungen, Erwartungen und Ansprüchen, denn nur leere Hände können segnen. Dann bewegt sich in diesen Händen Jesu Hand, die er bedingungslos der und dem anderen gereicht hat. Und es wird ein Segen sein.

Christoph Kunz | Markus 6, 7 – 13

 

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