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Opfergedanken in Glaubensleben eingeschlichen

26. Februar 2024

Sollte das wirklich möglich sein? Sollte es stimmen, was Abraham offensichtlich für möglich gehalten hat: Gott fordert einen Menschen als Opfer? Gott fordert, dass Menschen das Liebste, das sie haben, opfern? Die Natur macht vor solchen Forderungen nicht Halt: Sie ist ungerecht und nimmt das Liebste – dafür sorgen Krankheiten und Tod.

Und Menschen versuchten, den Naturgott gnädig zu stimmen, in dem sie tatsächlich Menschenopfer kannten und darbrachten. Dieses Denken hat maßgeblich unseren Glauben beeinflusst, indem gesagt wurde: Den Isaak hat Gott verschont, seinen eigenen Sohn nicht: Er wurde dargebracht für unsere Sünden. Noch vor knapp tausend Jahren konnte ein Lehrer der Kirche, Anselm von Canterbury, davon sprechen und lehren, dass der durch die Sünde der Menschen verletzte Gott  nur Versöhnung finden konnte,  indem sein eigener Sohn stellvertretend für uns Sühne leistete und Gott somit gnädig stimmte. Dieses Denken sind wir bis heute nicht losgeworden.

Ist das halt so…

Die Begriffe von Opfer, Sühne und Stellvertretung  sind belastete und belastende Worte – und ich glaube,  sie sagen mehr über uns Menschen aus als über Gott. Wir sind nicht frei von Genugtuungsgedanken. Die Abrahamsgeschichte allerdings geht weiter: Sie erzählt eigentlich, wie Abraham beim Glauben an die blutrünstige Naturgottheit nicht stehen bleibt. Denn was Abraham zu Beginn der Geschichte tut, ist uns nicht fremd: Den Praktiken, dem Glauben der Umgebung folgen. Die Landesgottheit fordert – das ist halt so. Gott fordert seinen Sohn – das ist halt so. Jahrhunderte lang hat man vom Messopfer gesprochen – das ist halt so. Menschen meinen, sich selbst oder andere kasteien zu müssen –  das ist halt so. Passiert ein Unglück, dann ist es die Strafe für irgendetwas anderes, Gott straft – das ist halt so.

Gott ist ganz anders

Wären wir fest im Glauben an den Gott Abrahams, wäre unsere Sprache, wäre unser Glaube selbst anders. Manchmal hält man etwas für Gott gewollt, und dann merkt man irgendwann: Nein. Gott sei Dank, es ist ganz anders; Gott ist ganz anders. Ich glaube,  die Entwicklung des Abraham, die wirkliche Stimme Gottes zu erkennen, bleibt herausfordernd und wir sind immer noch mitten drin in dieser Geschichte. Abraham erkennt, was sein Gott eben nicht fordert! Nicht das Liebste, keinen Menschen; und wenn keinen Menschen, dann auch nicht seinen Sohn.

Botschaft verdrehen

Der Gott Abrahams braucht kein Blut. Dem Gott Jesu hat man es lange genug noch zugetraut, des Blutes, des Sterbens seines eigenen Sohnes zu bedürfen: Bis heute sprechen wir in jedem Gottesdienst vom für unsere Sünden vergossenen Blut Jesu. Dabei sind es Menschen, die den Tod Jesu wollten, dabei sind es wir Menschen, die auch heute noch seine Botschaft beschneiden, verdrehen, nicht Wirklichkeit werden lassen und damit ihn in gewisser Weise mundtot machen, bedeutungslos. Der Glaube an den Gott Abrahams muss noch wachsen. Der Gott Abrahams, der Gott Jesu ist der, der das Liebste gibt – und nicht der, der es nimmt. Wo immer noch geopfert wird, wo sich die Opfergedanken in unser Glaubensleben einschleichen, sind wir noch auf einem der Berge im Land Morija.

Bernd Mönkebüscher | Genesis 22, 1-2.9a. 10-13.15-18

 

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