Die Gefängnisseelsorge gehört zu den ursprünglichen Feldern des pastoralen Handelns der Kirche. Sie hat ihre Wurzel in den Gedanken an die Gefangenen in der Heiligen Schrift. Die Erinnerung „Denkt an die Gefangenen, als wäret ihr mitgefangen“ gehört nach dem Hebräerbrief (Hebr 13,3) zu den Grundaufgaben der christlichen Gemeinde. Die Anwesenheit des Gefängnisseelsorgers im Vollzug stellt die religiöse Betreuung der Gefangenen in einer besonderen Lebenssituation sicher.

 

Die Grundlage für die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten ist der Artikel 4 des Grundgesetzes (GG), der die uneingeschränkte Religionsausübung gewährleistet. Der Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 141 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) gewährleistet den Kirchen als Körperschaft des öffentlichen Rechts, und damit den ihnen beauftragten Seelsorgern, den Zutritt und das seelsorgerliche Wirken in den Justizvollzugsanstalten. Die Gefängnisseelsorge ist ein sensibles Feld des pastoralen Handelns der Kirche. Die Präsenz der Kirchen im Justizvollzug  will den Blick auf die göttliche Würde eines jeden Menschen vermitteln. Bekehrungs- und Missionierungsversuche in der Zwangssituation von Inhaftierung ist nicht das Ziel.

Die Gefängnisseelsorge ist sich der Verantwortung für den Rechtsstaat und der Loyalität ihm gegenüber bewusst. Die Länder als Justizorgane in den staatlichen Einrichtungen erachten die Gefängnisseelsorge als ein unersetzlichen Teil der gemeinsamen Aufgabe zur Resozialisierung. Der Fachdienst „Seelsorge“ hat neben den anderen Diensten wie den Sozial- oder psychologischen Dienst sowie der muslimisch-religiösen Betreuung eine wichtige Aufgabe inne. Sie vermitteln entsprechend zu anderen Religionsgemeinschaften (Juden, Jesiden, orthodoxe Christen…) oder sprechen mit Bekenntnisfreien.

GG + STVollzG NRW

 

Gesetzlicher Hintergrund

Mit der Föderalismusreform gingen im Jahr 2006 zahlreiche Gesetzgebungskompetenzen vom Bund auf die Länder über, darunter auch die Gesetzgebungszuständigkeit für den Strafvollzug. Seither haben die Länder eigene Strafvollzugsgesetze für die Bereiche des Erwachsenenstrafvollzuges, des Jugendstrafvollzuges, des Jugendarrestes, des Untersuchungshaft, des Abschiebegewahrsams sowie der Sicherungsverwahrung (SV) erlassen.

Die Grundlage für die Gefängnisseelsorge ist der Artikel 4 des Grundgesetzes (GG), der die uneingeschränkte Religionsausübung gewährleistet. Nach § 154 Abs. 1 der Strafvollzugsgesetze des Bundes und der Länder steht die Resozialisierung im Vordergrund (Artikel 175 Abs. 1 Bayerisches Strafvollzugsgesetz, § 76 Abs. 4 Hessisches Strafvollzugsgesetz, § 16 Abs. 1 Gesetzbuch über den Justizvollzug in Baden-Württemberg).

Seelsorgegeheimnis

Eine Loyalitätspflicht gegenüber dem staatlichen Anstaltszweck obliegt jedem Anstaltsseelsorger, unabhängig von der Form der Ausgestaltung seines dienstrechtlichen Status. Die unabhängige Stellung des Gefängnisseelsorgers zeigt sich auch darin, dass die Kirche für alle in ihrem Auftrag im Gefängnis tätigen Seelsorger das Seelsorgegeheimnis beansprucht.

Gemäß §§ 53 Abs 1 Nr. 1, 53 a StPO haben Geistliche und ihre Berufshelfer im strafrechtlichen Verfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger und im Rahmen eines seelsorgerischen Gesprächs anvertraut worden oder bekannt geworden ist (vgl. a. § 383 Abs. 1 Nr. 4 ZPO im Zivilprozess). Ferner erkennt § 139 Abs. 2 StGB für Geistliche den Vorrang des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses vor der Anzeigepflicht geplanter Straftaten nach § 138 StGB an.

30. Juli 2019
Aussage, Schweigepflicht, Zeugnisverweigerungsrecht
Zeugnisverweigerungsrechte ergeben sich aus der Stellung als Geistlicher (§ 53 Absatz 1 Nr. 1 StPO) sowie aus der Stellung des Berufshelfers eines Geistlichen (§ 53a Absatz 1 Satz 1 StPO). Eine Schweigepflicht besteht für öffentlich (kirchlich) Bedienstete (§ 54 Absatz 1 StPO). Voraussetzung ist, dass die betreffenden […]
8. Juli 2019
Als Schöffe menschliche Note in das Urteil einbringen
Karsten Grosser | Meller Kreisblatt. Cora Dammann, Uwe Plaß und Claas Hofmeister sind ehrenamtliche Richter im Strafverfahren. So heißt es in der Verfassung. Als Schöffen nehmen die drei Meller regelmäßig an Gerichtsverhandlungen teil. Hier sprechen sie über „geklauten Scheiß“, zurückgestellte Gefühle und Gerechtigkeit als Herzenssache. Im kommenden […]
14. Januar 2019
LED kann echte Kerze in Haft nicht ersetzen
In seiner Stellungnahme zur Petition führt das Ministerium der Justiz aus, dass das Licht als religiöses Symbol in vielen Religionen verankert sei. Eine Kerze sei jedoch in der Allgemeinheit kein besonderer religiöser Gegenstand, sondern könne als solcher genutzt werden. Kerzen seien ein Kulturgut mit vielfältigen Nutzungsarten […]
11. November 2021
Schrecken harte Strafen von Verbrechen ab?
Strafen heißt, mit Absicht Übel zufügen. Geschieht dies durch staatliche Stellen, bedarf es einer formalen, aber auch inhaltlichen Legitimation. Verschiedene Straftheorien bieten hierzu aus Ethik und Vernunft abgeleitete Grundlagen. Eine Kriminalstrafe bedeutet, mit absichtlicher Übelzufügung durch staatliche Organe auf kriminelle Taten zu reagieren. Nicht erst die […]
28. November 2019
Aufnahme von Kinderrechte in die Verfassung
Die Bundesministerin der Justiz, Christine Lambrecht, hat einen Referentenentwurf zur Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung vorgelegt. Sie will mit der Grundgesetzänderung ein Element des Koalitionsvertrags einlösen. Das Verhältnis von Elternrecht und staatlichem Wächteramt sollte nicht verschoben werden. Der Vorsitzende der Kommission für Ehe und Familie […]
25. Mai 2019
Urteil gegen Bedienstete vom Bundesgerichtshof
Vor Jahresfrist sind zwei rheinland-pfälzische Strafvollzugsbedienstete durch das Limburger Landgericht wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen verurteilt worden, weil sie – nach Überzeugung des Gerichts – bei getroffenen Lockerungsentscheidungen nicht die erforderliche Sorgfalt haben walten lassen. Gegen dieses Urteil haben die Betroffenen Revision eingelegt, die allem Anschein […]