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Ehemaliger Gefängnisseelsorger Ernst Lauven (JVA Werl) verstorben

26. April 2022

Ernst Lauven arbeitete in den Jahren von 1987 bis 1996 in der nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalt Werl. Er war Mitglied im ehemaligen Arbeitskreis kritischer Strafvollzug e.V. Lauven wohnte seit seinem Ruhestand 1996 in Köln. Seit 1961 war er im priesterlich-seelsorglichen Dienst des Erzbistums Paderborn in mehreren Gemeinden sowie in der Kur-, Krankenhaus- und Strafvollzugsseelsorge bis 1996 tätig.

Schon 1974 begann er die pastoralpsychologische Weiterbildung in der Klinischen Seelsorge-Ausbildung (KSA). 1987 erhielt er die Anerkennung als Pastoralsupervisor DGfP/KSA. Seit 1999 war er Lehrsupervisor und arbeitete in den Pastoralkursen im Erzbistum Köln. Wir trauern um Pfarrer i. R. Ernst Lauven. Am Freitag, 22. April 2022 ist der Geistliche, der nicht nur in der JVA, sondern auch in seiner Tätigkeit als Subsidiar für die Propsteigemeinde Spuren hinterließ, im Alter von 89 Jahren verstorben. Ernst Lauven wurde am 15. Januar 1933 in Aachen geboren und am 21. Dezember 1961 in Paderborn zum Priester geweiht. In seinen „Erinnerungen eines Gefängnispfarrers. (K)eine Satire“ schrieb er seine Erlebnisse und Knast-Erfahrungen auf einem fast 100 seitigen Manuskript auf. Der wesentliche Teil ist auf der Website mit mehreren Artikeln veröffentlicht worden.

Kooperationsbereit

So schreib er: „Nicht nur nach meinem Eindruck arbeitete und rackerte ich vieles während meiner Zeit als Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Werl ab. Oft war ich abends so fertig, dass ich mich nicht mal entspannen konnte. Täglich nahm ich an Konferenzen der verschiedenen Abteilungen sowie an Frühbesprechungen auf Stationen teil; griff Anregungen oder Wünsche auf und setzte sie um, soweit ich das konnte. Auf verschiedene Weise belegte ich meine Kooperationsbereitschaft. Zunehmend beschlich mich jedoch eine bis dahin nicht gekannte lähmende Unlust und beunruhigende Unzufriedenheit. Die wurde noch dadurch genährt, dass in der JVA das Problem „Sicherheit und Ordnung“ einerseits hoch gehängt war, andererseits aus allen Richtungen und auf allen Ebenen ein beängstigender und, wie ich mir sicher war, krankmachender und sicherheitsbedrohender Druck ausgeübt wurde“, so seine Ausführungen. Diese Sätze könnten heute von aktuell tätigen Gefängnisseelsorgern geschrieben worden sein.

Absolut verlässlich

„Wenn man Ernst Lauven charakterisieren soll, dann so: absolut geradeaus. Absolut ehrlich. Absolut zuverlässig“, sagt Theo Halekotte, ein langjähriger Wegbegleiter in der Gefängnisseelsorge der JVA Werl. Es klinge zwar wie ein Klischee, „aber das passt einfach, der war so“. Wenn Lauven Gefangenen oder Bediensteten etwas zugesagt hatte, dann hätten sie sich stets zu hundert Prozent auf ihn verlassen können. „Und Zuverlässigkeit war und ist im Vollzug ungeheuer wichtig“, sagt Halekotte, der aktuell in der JVA Werl tätig ist. Zuletzt lebte Ernst Lauven im St. Vincenz-Haus in Köln unmittelbar am Rhein.


Erinnerungen eines Gefängnispfarrers. (K)eine Satire

Als Gefängnisseelsorger oft zwischen den Stühlen

Nicht nur nach meinem Eindruck arbeitete und rackerte ich vieles während meiner Zeit als Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Werl ab. Oft war ich abends so fertig, dass ich mich nicht mal entspannen konnte. Täglich nahm ich an Konferenzen der verschiedenen Abteilungen sowie an Frühbesprechungen auf Stationen […]

 

Widrigkeiten im Vollzug: Verlorene Akte + Erinnerungen

Sein Verhalten im Vollzug galt als vorbildlich. Nichts sprach gegen den Inhaftierten Peter T. Er sollte in den „offenen Vollzug“ verlegt werden, nachdem er sich während einer Beurlaubung bewährt hatte. Der Urlaub war genehmigt. Seine Frau wollte ihn abholen. Doch seine Akte war unauffindbar. „Ohne Akte […]

 

 

Der Brief des Werner B. und sein frühkindliches Trauma

„Denen lege ich ein Ding hin. Davon reden die noch in hundert Jahren“, sagte Werner B. laut vor sich hin, stand von der Parkbank auf, auf der er seit Stunden mit seinem Kumpel saß, riss dem seine mitgebrachte Pistole unter den verschränkten Händen weg, zwang den, […]

 

 

„Lesen Sie meine Akte.“ Die beschissene Lage des Detlef M.

Es kommt ein Anruf aus dem Zugangsbereich der Justizvollzugsanstalt Werl. Der Bedienstete Herr K. bittet mich, sobald wie möglich den Neuzugang Detlef M. aufzusuchen. Der sei völlig apathisch; esse nicht, trinke nicht, wasche sich nicht, gehe nicht duschen und reagiere auf keine Ansprache. Sein Blick ähnele […]

 

Wie der Hungerstreik des Jürgen T. mit Schokolade endet

Tagebuch von Bernd E. Althans 1994, Stadelheim. © International Institute of Social History, Amsterdam. Foto: Olivier Pasqual. Der Bedienstete Herr B. aus dem B Flügel der Justizvollzugsanstalt Werl sprach mich auf dem Gang an, ob ich mich mal um den Inhaftierten Jürgen T. kümmern könne. Der […]

 

Eheseminar im Knast ist (k)eine Einfuhrschleuse für Drogen

Dass ich mit dem Vorhaben eines Eheseminares in der Justizvollzugsanstalt Werl als Gefängnisseelsorger zuerst abgeblitzt war, sickerte schnell durch und wurde mir von einigen Wohlgesonnenen der Bediensteten zugetragen. Sollte sich dennoch je eine Chance bieten, musste ich mir über einige Punkte klar sein. Geld gab es […]

 

Wunsch nach Leben: Einsatz und Widerstandskraft gefragt

Wie bei vielen anderen spüre ich bei Inhaftierten so etwas wie den Wunsch nach Leben, die Sehnsucht nach Glück, Annahme, Zuwendung, Verständnis, Fülle und Zufriedenheit. Vielleicht ist das die geheime positive Basis für den Zugang und das Verständnis zwischen denen und „uns“ Bediensteten einer Justizvollzugsanstalt. Wir […]

 

Der Weg der Wahrheit und Freiheit ist die Klarheit

Seit vielen Jahren treiben mich die Worte Jesu um, die während meiner Tätigkeit als Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Werl an Brisanz gewonnen haben. Von den Worten des Johannesevangeliums ist es vor allem das Zweite von der Wahrheit, die freimacht. Wahrscheinlich, weil ich mich selbst aus vielen […]

Erinnerungen: Resümee eines Gefängnisseelsorgers 1992

Etwa seit 1985 war klar, dass Haus lll der Justizvollzugsanstalt Werl in Nordrhein-Westfalen wohngruppengerecht umgebaut wird. Erstmals sollte in einer JVA im Erwachsenenvollzug der sogenannte Wohngruppenvollzug praktiziert werden. Inhaftierte, die sich interessierten, wurden von Bediensteten an mich verwiesen. Ich hätte da wohl die meiste Ahnung; zumindest […]

 

Erinnerungen: Sonderbesuch als Tropfen auf den heißen Stein

Sonderbesuche im Knast stehen hoch im Kurs. Sie verdoppelten die monatlich zustehende Besuchszeit. Die unerträgliche und entwürdigende Situation im Besuchsraum, in dem es von Gerüchen aller Art stank, die Luft vom Raucherqualm zum Schneiden war und BesucherInnen wie aufgereiht nebeneinander hockten mit Tuchfühlung und […]

 

Erinnerungen: Dem Hochwürden Bescheid husten

Auf einem der Höfe zwischen den Hafthäusern der nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalt Werl stoße ich auf einen Bediensteten in Uniform, der laut vor sich hin schimpft. Er hat einen Zettel in der Hand, von dem er etwas liest und dabei den Kopf schüttelt. Wie ich das öfter tat, […]

 

Erinnerungen: Als Seelsorger mit schweren Jungs zu tun

Norbert K. galt als einer der gefährlichsten Inhaftierten der Justizvollzugsanstalt Werl. Ich war dringend davor gewarnt worden, allein seine Zelle zu betreten, deren Haftraumtür von Warnzeichen übersät war. Er hatte um ein „kurzes Gespräch“ gebeten; aber nur, wenn ich allein käme. Nach zwei Stunden saß ich […]

 

Erinnerungen: Das Geständnis des Stefan F. in Haft

Stefan F. hoffte, dass er im Laufe der Zeit, wenn er genug Vertrauen zu mir als Gefängnisseelsorger gefasst hatte, eine „Sache“ während seiner Haft bereinigen konnte, die ihn quälte. Ich hatte keine Ahnung, um was es gehen könnte. So hatte er sich um die Aufnahme in […]

 

 

Mit Klarheit ist Seelsorge kein Sicherheitsrisiko

Während meines Dienstes als Gefängnisseelsorger Mitte der 90er Jahre  stapelten sich in der Justizvollzugsanstalt Werl täglich Anträge von Inhaftierten, auf denen lediglich stand, dass sie ein „Gespräch dringend“ beantragen. Fragen, um was es da gehen könnte, wurden meist mit einem Achselzucken beantwortet samt Zusatz von Bediensteten: […]

 

 

Erinnerungen: Niemand war‘s und keiner hat’s gesehen

„Nichts von dem, was hier über die Arbeit als Gefängnisseelsorger und die Erlebnisse dort niederschreibe, ist wahr; obwohl sich alles fast so ereignet hat. Der Haken? Ich kann nichts beweisen. Darum ist es nicht wahr. Meine Erfahrung in mehr als 13 Jahren Tätigkeit im Strafvollzug ist: […]

 

 

Erinnerungen eines Gefängnisseelsorgers: Die Akte

Fast 25 Jahre nach meiner vorzeitigen Pensionierung habe ich mich an die Überarbeitung meiner Papiere begeben und sie nur geringfügig verändert. Verwundert bin ich, wie sehr mich die Einzelheiten in meiner Zeit als Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Werl berührt und bewegt haben. In den letzten Wochen […]

 

 

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