Vor 30 Jahren im Jahr 1998 legte Peter Rassow die „Bibliographie Gefängnisseelsorge“ vor. Von 1965 bis 1993 war er evangelischer Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Celle, und er war langjähriger Vorsitzender der „Evangelischen Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland“ sowie „Beauftragter der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) für die Seelsorge an Justizvollzugsanstalten“. Rassow, machte sich durch etliche Veröffentlichungen und nicht zuletzt durch die von ihm veröffentlichte Bibliographie verdient.

 

Rassows Anliegen war es damals Pfarrern „Fachliteratur als Praxishilfe“ an die Hand zu geben, und so entstand über drei Jahrzehnte in sehr akribischer Arbeit ein 1703 Titel umfassende Bibliografie, ergänzt durch ein systematisches und ein chronologisches Register sowie einem Autoren- und Stichwortregister. Seither sind 20 Jahre vergangen, und es gibt gute Gründe Rassows Arbeit fortzuführen. Die Idee hierfür entstand eher zufällig bei der Suche nach neuen Veröffentlichungen zur Vorbereitung der jährlichen „Fachtagung Kirche im Justizvollzug“, die 2019 zum 47. Male stattfand. Diese Fachtagung ist Teil eines im Vierjahreszyklus durchgeführten Curriculums zur Weiterbildung zur GefängnisseelsorgerInnen und umfasst vier Themenbereiche.

Bibliographie zur Gefängnisseelsorge

Die TeilnehmerInnen dieser Tagungen zeigen immer wieder Interesse an Publikationen zur Gefängnisseelsorge. Ebenso fragen PraktikantInnen in der Gefängnisseelsorge danach. Hinzu kommen Theologiestudierende, die sich vorstellen können, selbst einmal in der Gefängnisseelsorge tätig sein zu können oder die Literatur für Haus-, Bachelor-, Masterarbeiten oder Dissertationen zum Thema schreiben wollen. Genug Gründe als Rassows Bibliographie fortzuführen. Schließlich kann es auch für erfahrene SeelsorgerInnen lohnenswert sein, ihre eigenen, subjektiven Erfahrungen durch neue, aktuelle und bisweilen auch verstörenden Veröffentlichungen zu ergänzen und auf deren Hintergrund zu reflektieren. Schlussendlich sind es BesucherInnen der Justizvollzugsanstalten oder Veranstaltungen zur Gefängnisseelsorge, deren Interesse häufig auch kriminologische Themen, aktuelle Statistiken oder rechtliche Fragen betrifft.

Die Systematik ist eine andere als die von Rassows. Sie soll sich an den Themen des erwähnten Curriculums anlehnen: 1. kriminologische, 2. strafrechtliche, 3. seelsorgerliche und 4. liturgische Literatur. Diese Themen umfassen damit ein sehr breites Spektrum. Aber „GefängnisseelsorgerInnen arbeiten innerhalb eines besonderen strukturellen Rahmens, der sich von anderen pastoralen Feldern grundlegend unterscheidet und deshalb von den darin Tätigen besonderer Kenntnisse verwaltungsmäßiger Vorgänge und juristischer Regelungen bedarf.“ Bei der bisherigen Sichtung der Literatur fallen zwei Themenbereiche besonders auf – und sie sollen entsprechenden Raum bekommen: 1. Ethik und Menschenwürde sowie 2. Muslimische Gefängnisseelsorge.

 

Neue Themenbereiche hinzugekommen

Seit über 10 Jahren arbeiten katholische GefängnisseelsorgerInnen am Projekt „Ethik im Justizvollzug“. In drei Justizvollzugsanstalten haben bereits Ethikkomitees ihre Arbeit aufgenommen. An der Universität Würzburg wird das Projekt mit Prof. Dr. Michelle Becka wissenschaftlich begleitet.“ Daneben begann sich in den letzten Jahren nach und nach die Muslimisch-religiöse Betreuung zu etablieren. Ein noch unabgeschlossener und schwieriger Prozess, aus dem eine Fülle von Literatur hervorging. Ob es muslimische Seelsorge überhaupt gibt bzw. ob für die Sorge der Muslime ein anderer Begriff geeigneter sei, soll hier nicht entschieden werden, die Fülle der Literatur spricht eher dafür, wenn auch Verständnis und Ansatz sich von einem christlichen Seelsorgeverständnis unterscheiden mögen.

Aber auch letzteres dürfte kaum einheitlich sein. Das Strafvollzugsgesetz garantiert jedenfalls „Seelsorge“ bzw. die „religiöse Betreuung“ von Inhaftierten (§ 53 Bund; § 52 Niedersachsen), ohne näher zu bestimmen, was darunter zu verstehen sei. Damit und mit der zunehmenden Entkonfessionalisierung in Deutschland nehmen die Veröffentlichungen zu Religionsverfassungsrechtlichen Fragen zu. Im Gegensatz zu Rassow soll auf eine Zusammenstellung wichtiger Gerichtsurteile verzichtet werden. Diese findet man derzeit am besten bei Müller-Monning (Stand 2017).

© Dr. Simeon Reininger | JVA Meppen

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