Im Programmkino des Kulturzentrums der Lagerhalle in Osnabrück füllen sich die Plätze mit Menschen, die den Film “Was will der Lama mit dem Gewehr?” sehen wollen. Mehr noch als auf die Handlung sind die BesucherInnen auf die Sichtweise des spirituellen Autors Pierre Stutz nach dem Abspann neugierig. Schon zu Beginn sagt Stutz mehr als er sagen möchte. Gerade nach der US-Wahl und der Gefährdung der Demokratie in einigen Ländern, sei der Film des Regisseurs Pawo Choyning Dorji eine aufrüttelnde Geschichte mit Humor und Tiefgang.
Bhutan, das wohl einzige Fleckchen Erde, an dem die Bewohner dank fehlendem Fernsehen und fehlendem Internet noch nie von den Filmen 007 von James Bond gehört haben. Einer von vielen popkulturellen Seitenhieben, der zeigt, dass das Leben dort anders ist als im Rest der Welt. Der König will das erste Mal überhaupt Wahlen veranlassen und muss mit einem Probelauf seine Bevölkerung darauf einstimmen. Es ist eine ernste Angelegenheit, die in einem kleinen Bergdorf am Fuße des Himalayas spielt. Es ist die Geschichte einer Familie, die unterschiedliche Fortschrittsbedürfnisse hat, die der Wahlhelferin, die den Fortschritt bringt, und die des Mönches Tashi, der dem Lama ein, zwei Gewehre besorgen soll.
Mitwirkung von Laiendarstellern
Das Leben aus einer anderen Perspektive anschauen, ist eine gute Umschreibung einer spirituellen Blickrichtung. “Filme führen mich in ferne Länder und lassen mich in großem Respekt die Vielfalt des Lebens erkennen”, erzählt der Schweizer, der in Osnabrück lebt. Der kleine, buddhistisch geprägte Staat Bhutan, etwa so groß wie die Schweiz, liegt im Himalaya-Gebirge zwischen China und Indien. Es ist das einzige klimaneutrale Land der Erde und das einzige, dessen Wirtschaftssystem das Konzept eines “Bruttonationalglücks” in seine Rechnung mit einbezieht. Der junge König, Jigme Khesar Nangyer Wangchuck (* 1980) verkündet am 9. Dezember 2006, das er seine Macht an ein gewähltes Parlament abgeben will und Bhutan eine konstitutionelle Monarchie wie die von Großbritannien werden soll. Von diesem komplexen Übergangsprozess erzählt der zweite Film von Pawo Choyning Dorji nach “Lunana. Das Glück liegt im Himalaya”, wieder mit beeindruckenden Bildern des Himalayas, mit größtenteils LaiendarstellerInnen.
Gott als Friedenskraft feiern
Spiritualität ist für Stutz zutiefst persönlich: Was trägt im Leben? Ich bin mehr als meine Zukunftsängste und immer sozialpolitisch “Wer Gott umarmt, findet in seinen Armen die Welt”, so zitiert Stutz die Mystikerin Madeleine Delbrél (1904-1964). Gott als Friedenskraft zu feiern, beginnt mit einer Zufriedenheit mit sich selbst und einem unermüdlichen, gemeinschaftlichen Friedensengagement. Diese zentralen Lebensthemen entdecke er in diesem tiefsinnig und humorvollen Film. “Demokratie ist die Krönung des Bruttonationalglücks”, sagt die Wahlleiterin im Film. “Aber wir waren doch immer glücklich”, sagt eine Dorfbewohnerin, die sich weigert in der sogenannten Testwahl, so zu tun, “als würdet ihr euch hassen!” Die Bewahrung der Tradition und Erneuerung steht im Fokus. Ist alles gut, wenn es modern ist? Macht Geld wirklich glücklich? Wie gelingen demokratische Entscheidungsfindungen, ohne eine Spaltung in der Gesellschaft zu fördern? Und vor allem: Ist ein Friede ohne Waffen möglich? Amerika ist das Land, in dem es mehr Waffen als Menschen gibt!. Geradezu prophetisch kommt einem das biblische Wort “Schwerter zu Pflugscharen werden lassen” (Micha 4,1-4) in den Sinn.
Eros und Religion
Das Ritual am Ende des Films, in der die Waffen vergraben werden, könnte eine Strahlkraft auf die ganze Welt haben. Was für ein Symbol, die Realität des Hasses und der Gewalt ernst zu nehmen, sie vergraben, damit darauf Mitgefühl, Weisheit und Frieden sichtbar wird, symbolisiert in einem buddhistisches Bauwerk, das Buddha selbst und seine Lehre, den Dharma versinnbildlicht. “Ich mag dieses Ritual, in dem das Bauwerk der Stupa Immer wieder umkreist wird, als Ausdruck, dass das Wesentliche nie zu haben ist, sondern immer neu erahnt wird. In den letzten Szenen wird ein rotes Phallussymbol an den Gast aus den USA überreicht. “Das steht für das Gewehr mit einer weiterführenden Deutung: Phallus {Vagina) als Symbol, das Dualität aufhebt und uns der Erleuchtung näherbringt. Eros und Religion verbinden: Das Religiöse und das Geschlechtliche sind unsere stärksten Lebenskräfte”, sagt der spirituelle Autor Pierre Stutz.