Im Justizvollzug gibt es klare normative Grundlagen – Rechtsnormen, an denen sich das vollzugliche Handeln auszurichten hat. Es gibt Normen und Vorschriften, Traditionen, Werte und Überzeugungen, die das Handeln bestimmen. Manches mal stehen sie in Spannung zueinander. Was sind die Werte der Akteure, was die der Organisation, welches sind die Werte des Umfeldes, der Gesellschaft, der Politik?

Ethik im Justizvollzug

Prof. Dr.´in Michelle Becka
Christliche Sozialethik Kath.-Theol. Fakultät Uni Würzburg
Prof. Dr. Sebastian Laukötter, katho NRW, Abt. Münster
Martin Reiland, JVA Adelsheim
Lothar Dzialdowski, JVA Bielefeld-Brackwede
Markus Galonska, JVA Braunschweig
Heinz-Bernd Wolters, JVA Meppen
Axel Wiesbrock, ehemals tätig in der JVA Heidering

 

Im Vollzug zu leben oder zu arbeiten ist in jeglicher Hinsicht besonders. Nicht nur Vollzugspläne, Haftraumüberwachung, Hofgang und richterliche Anordnungen setzen Maßstäbe für das tägliche Handeln, sondern auch die räumlichen und sicherheitstechnischen Grenzen. Dabei läuft bei weitem nicht alles rund in den Anstalten.

Mancherorts wird dem Justizvollzug im Ganzen kaum mehr zugetraut, die Probleme der Delinquenz annähernd „in den Griff“ zu bekommen. Personalmangel, politische Vorgaben und das Sicherheitsparadigma verschärfen diese Debatten im alltäglichen Geschäft. An oberster Stelle steht dem gegenüber das Vollzugsziel der Resozialisierung.

Es ist nach wie vor der hohe Anspruch und das erklärte Ziel, dass Gefangene nach ihrer Haft wieder in ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne weitere Straftaten zurückkehren können – und dementsprechend möglichst nicht wiederkommen.

Offensichtlich bleibt eine große Lücke zwischen dem Anspruch der Resozialisierung und der Wirklichkeit im Vollzug bestehen. Es ist Aufgabe der Ethik, über solche Fragen des richtigen Handelns nachzudenken. Sie reflektiert ihre eigene Rolle im Justizvollzug, da die ethische Reflexion hier zu einer Vermittlung von Anspruch und Wirklichkeit beitragen kann. In Zusammenarbeit mit der Professur für christliche Sozialethik an der Universität Würzburg besteht die Aufgabe darin, spezifische Kompetenzen in der Behandlung ethischer Fragestellungen im Justizvollzug zu erwerben.

 

Etablierung von Ethikkomitees in JVA´en

Seit vielen Jahren beschäftigt sich die Katholische Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V. in ihrer Arbeitsgemeinschaft "Ethik" mit ethischen Fragestellungen. Ethikkomitees versuchen in einigen Anstalten das Handeln innerhalb der Institution Gefängnis zu reflektieren und einen Raum des Innehaltens und Nachdenkens darin zu ermöglichen. Nicht selten jedoch frustriert die beschriebene Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit oder stellt gar die Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns in Frage. Mit einer Kerngruppe von GefängnisseelsorgerInnen begleitet Lothar Dzialdowski von der JVA Bielefeld-Senne und der JVA Detmold den Prozess der Etablierung von Ethikkomitees in den Justizvollzugsanstalten. 

4. September 2025
Zivilcourage im Alltag und Handlungsvorschläge gegen Hass
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27. August 2025
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Der deutsche Justizvollzug ist eine besondere Institution, deren Charakter maßgeblich von ihrer Funktion geprägt ist: So ist gemäß Paragraf § 2 StVollzG des Bundes das Vollzugsziel, dem alle weiteren Aufgaben bei- bzw. untergeordnet sind, die Resozialisierung der Inhaftierten. Menschen staatlich ihrer Freiheit zu berauben, wird gerechtfertigt […]
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Gefängnisseelsorge zu fragwürdigen Behandlungsmethoden
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22. Februar 2024
Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar
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Kratzt am Selbstbild: Moralische Belastung und Verletzung
Im Jahr 2009 gründet die Katholische Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V. die Arbeitsgemeinschaft Ethik mit dem Ziel, ethische Fragestellung im Justizvollzug in Ethikkomitees vor Ort zu beleuchten. Kein leichtes Unterfangen angesichts dem Anspruch der Resozialisierung und der praktischen Wirklichkeiten im Vollzug. Dieser Tage treffen sich in Paderborn […]
Knastschlüssel