Gegenüber den Tätern, Bediensteten und Angehörigen nehmen GefängnisseelsorgerInnen ihre Aufgaben als aktive GesprächspartnerInnen wahr. Sie lassen sich auf den Menschen mit seiner Geschichte und seinen lebensgeschichtlichen Hintergründen ein. Dies geschieht nicht ohne dass die Opfer und Geschädigten von Straftaten ausgeblendet werden. Die Kirche engagiert sich in gleicher Weise für Geschädigte von Straftaten. Die Täter- und Opferarbeit dürfen aber nicht gegenseitig ausgespielt werden.

 

Täter sind oft selbst Opfer geworden. Es mag vielleicht eine der Arten sein, sich eine eigene Welt zu schaffen, sich denen zu entziehen, die mit ihren Schlüsseln Zugang zu den Türen haben. Auch die GefängnisseelsorgerInnen gehören dazu. Ob die Schlüssel zum Zugang eines Straffälligen mit Empathie und mit Sensibilität passen, erweist sich in der konkreten Beziehungs- und Gesprächsarbeit. Subkulturelle Tendenzen hinter Mauern fördern kaum eine Achtung und Akzeptanz untereinander. Hinter den Straftaten stehen dennoch Menschen mit ihrer Geschichte und Erkrankungen. Manche zeigen Reue, manche überspielen und manche lehnen jegliche Aufarbeitung ab.

Geschädigten- und Täterarbeit nicht ausspielen

Opfer von Straftaten fühlen sich häufig allein gelassen und unverstanden. Viele leiden nicht nur unter der traumatischen Erfahrung und dem Schaden, der ihnen zugefügt worden ist, sondern haben auch Ängste und Sorgen, wie es weitergehen soll. Die Geschädigten-Beratung hilft Betroffenen und ihren Angehörigen, das Geschehen zu verarbeiten und neue Perspektiven zu entwickeln. Die Betroffenen erfahren mehr über ihre Rechte und den weiteren Verfahrensweg. Sie erhalten Hilfe bei möglichen Strafanzeigen und werden auf Wunsch zu anstehenden Gerichtsterminen begleitet. GefängnisseelsorgerInnen sind in erster Linie für die Straftäter und die Bediensteten in der Justizvollzugsanstalt da. Geschädigte und Täter einer Straftat seelsorgerlich zu begleiten ist nicht möglich. Dies muss an anderer Stelle erfolgen.

Die Zu-Wendung zu den Tätern darf die Opfer weder vergessen, noch ihnen neues Leid zufügen. In der öffentlichen Meinung ist eine große Überzeugungsarbeit nötig, dass die Zuwendung zu den Tätern keine Missachtung der Opfer ist. Es gibt eine ganze Reihe von Bibelstellen im 2. Testament, in denen Jesus verurteilten Menschen begegnet ist. Die Einkehr beim verhassten und kriminellen Oberzöllner Zachäus (Lukas 19, 1-10) war für ihn kein Tabubruch, sondern Teil von Seelsorge. Er fragte ihn nicht zuerst nach seinen Taten, sondern er kehrte in sein Haus ein und aß mit ihm zu Abend. Auch wenn im schwierigen Alltag des heutigen Strafvollzugs vieles für sehr viel herausfordernder gehalten und nüchterner gesehen wird, so bleibt es doch bei diesem entscheidenden Impuls.

 

 

24. Februar 2021
Strafverfahren: Psychosoziale Prozessbegleitung
Strafverfahren können für die Opfer von Straftaten mit erheblichen Belastungen verbunden sein. Um diese Belastungen so gut wie möglich abzumildern, wurde die psychosoziale Prozessbegleitung eingeführt. Sie steht besonders schutzbedürftigen Verletzten von Straftaten während des gesamten Strafverfahrens zur Seite. Im Rahmen der Prozessbegleitung werden sie von besonders […]
5. August 2022
Gefangene besuchen: Ein Projekt in der JVA Rohrbach
Kurs für Ehrenamtliche abgeschlossen. Arbeitshilfe zum Tag der Gefangenen. „Gefangene besuchen…“ ist ein Werk der Barmherzigkeit; eines von sieben, zu denen Christen in der Bibel aufgerufen sind. Gefangene zu besuchen ist aber nicht so leicht, zumal man nicht einfach mal vorbeigehen kann, wenn es die eigene […]
8. Dezember 2022
Lebensaufgabe: Korrespondenz mit Strafgefangenen
Als Henry und Monika Toedt vor vielen Jahren gesellschaftlich ganz unten angekommen waren, begaben sie sich auf die Suche nach Gott und nach einer sinnvollen christlichen Lebensaufgabe. Beides fanden die Toeds im fränkischen Hammelburg, im Norden Bayerns. Vor gut 10 Jahren begannen sie ihre Lebensaufgabe, nämlich […]
13. September 2019
Gelobt sei Gott. Sicht von Missbrauchsopfern
François Ozons Film ­schildert – aus der Sicht von ­Missbrauchsopfern eines katholischen Priesters, die um Aufklärung und Gerechtigkeit kämpfen – den bisher größten Skandal der Katholischen Kirche in Frankreich. Es gibt in diesem Film recht früh eine Schlüsselszene, die körperliches Unwohlsein erzeugt: die persönliche Gegenüberstellung zwischen […]
30. Mai 2022
Krankenhausseelsorgerin gibt kirchliche Beauftragung zurück
„Lieber Bischof Joseph, ich gebe dir meine Missio zurück“: Die Spitalseelsorgerin aus der Schweiz, Veronika Jehle, schreibt ihren Abschiedsbrief aus dem pastoralen Dienst der römisch-katholischen Kirche. In einem Klartext-Brief begründet Veronika Jehle, warum sie nicht mehr mit einer bischöflichen Beauftragung als Spitalseelsorgerin arbeiten möchte. Die Missio […]
19. April 2024
FriedensstifterInnen* zeigen: Frieden beginnt bei mir
Eine Ausstellung mit Fotos von Achim Pohl zum Jahresthema „Frieden beginnt bei mir“ hat der Essener Diözesan-Caritasverband konzipiert. Sie ist für einige Wochen im Essener Haus der Caritas zu sehen. Pohl hat viele Fotos für das Bischöfliche Hilfswerk Adveniat gemacht. Im Mittelpunkt der Fotoschau steht das […]
Knastschlüssel