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Armut darf nicht bestraft werden! Aktion: § 43 StGB ändern

20. Oktober 2022

Es ist ungerecht, dass Menschen mit zu wenig Geld durch eine Freiheitsstrafe härter bestraft werden, als diejenigen, die die Geldstrafe zahlen können. Darum fordern wir: Paragraph 43 des Strafgesetzbuches ändern und Ersatzfreiheitsstrafen für armutsbetroffene Menschen abschaffen.

Armutsbetroffene Menschen fahren ohne Ticket, weil sie kein Geld haben, um ein Ticket zu kaufen, und müssen dann ins Gefängnis, weil sie die Strafe nicht zahlen können. Die allermeisten Menschen können eine Geldstrafe, die gegen sie verhängt wird, direkt bezahlen. Nur Menschen, die kein Vermögen und wenig bis kein Einkommen haben, gehen dafür ins Gefängnis. Eine Haftstrafe ist völlig unverhältnismäßig zu den Vergehen, die eine „Ersatzfreiheitsstrafe“ ausgelöst haben, wie eben das Fahren ohne Ticket oder Bagatelldelikte wie der Diebstahl von Lebensmitteln.

Kritik am Sanktionssystem

Vielleicht erinnern Sie sich an die Sendung ZDF Magazin Royal von Jan Böhmermann im Dezember 2021, in der es um das Thema ging. Seither hat der Freiheitsfonds über 500 Menschen freigekauft. Doch dies ist nicht die Lösung. Die Caritas und viele weitere Organisationen fordern seit Jahren eine Änderung, u.a.die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe. Die Ampel-Regierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, das zu ändern. Mit Stand Oktober 2022 wird über die Änderung den Paragraf 43 des Strafgesetzbuches beraten. Die von Justizminister Marco Buschmann (FDP) vorgeschlagene Halbierung der Strafe ist zu kurz gedacht. Die Menschen kommen immer noch in Haft, nur zeitlich kürzer. Das löst das Problem an sich nicht.


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Schreiben Sie einem Abgeordneten!

Es ist ungerecht, dass Menschen mit zu wenig Geld in Deutschland durch eine Freiheitsstrafe härter bestraft werden, als diejenigen, die die Geldstrafe zahlen können. Darum fordern wir mit einer Aktion den Bundestag auf, den Paragraf 43 des Strafgesetzbuches so zu ändern, dass Ersatzfreiheitsstrafen für armutsbetroffene Menschen abgeschafft werden. Wenn Sie sich dafür einsetzen wollen, dann schreiben Sie einem Abgeordneten aus Ihrem Wahlkreis. Gehen Sie auf die Webseite des Bundestages. Dort können Sie rechts oben Ihre Postleitzahl eingeben, dann finden Sie den/die Abgeordnete/n aus Ihrem Wahlkreis. Dort wählen Sie das Kontaktformular. Der Textvorschlag (Word-Dokument) kann genutzt und kopiert werden. Anschließend Ihren Namen und Anschrift eingeben und abschicken. Gerne können persönliche Worte hinzufügen.

Eingabe Bundestag

Eine Initiative von

 

 

2 Rückmeldungen

  1. Manuel Miller sagt:

    Ich bin ein Mensch mit seelischer und körperlicher Behinderung. Ich gehöre zu den ärmsten Menschen hier in diesem Land, meine Würde wird mit Füssen getreten und mein Recht zu leben wird durch Ausgrenzung vermindert. Ich bin nicht der schlauste, aber ich weiss, was Recht und gerecht ist und das ist es nicht, wenn ich hungern muss. Die Inflation bricht uns Menschen mit seelischer und körperlicher Behinderung das Genick.

    Noch weniger am Leben teilhaben – ganz toll – ich sage es wie es ist: bevor ich verhungere würde ich wider klauen. Was interessiert mich die Wirtschaft, wenn ich verhungere, zumal diese Wirtschaft mich auch noch versklavt in sogenannten WfbM (Werkstatt für behinderte Menschen) mit einem Stundenlohn von 1,30 bis 1,50 Euro, sie verstoßen somit gegen das Recht auf Gleichheit und auf das Menschenrecht der ausreichenden Versorgung mit Nahrung. Ich werde eventuell angezeigt, weil ich mir eine größere Menge Essen geklaut habe, das die Politik zu verantworten hat, weil sie gegen das europäische Behindertenrecht und und gegen die Menschenrechte verstoßen.

  2. Abgeordneter FDP sagt:

    Eine Antwort einen Abgeordneten (FDP):

    Die Ampelregierung hat das Problem der Ersatzfreiheitsstrafe erkannt und der Bundesjustizminister Marco Buschmann hat bereits einige Reformvorschläge vorgestellt. Zum einen soll die Gleichsetzung der Anzahl an Tagessätzen und Tagen in Haft aufgeweicht werden, indem künftig ein Tag Haft mit zwei Tagessätzen gleichgesetzt wird. Zum anderen soll das gesamte Strafgesetzbuch kritisch danach überprüft werden, welche Straftatbestände noch zeitgemäß sind.

    Insbesondere der Tatbestand des § 265a StGB (Erschleichen von Leistung), also das Fahren ohne gültiges Ticket, erscheint nicht mehr zeitgemäß. Gerade wegen dieser Strafvorschrift haben viele Menschen eine Ersatzfreiheitsstrafe abzusitzen. Bei einer Reform des Strafgesetzbuches würde diese Vorschrift nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Für Bußgelder gibt es dann keine Ersatzfreiheitsstrafe, sondern lediglich eine Erzwingungshaft. Die Bedingung für diese ist aber gerade, dass der Schuldner das Bußgeld auch tatsächlich zahlen könnte. Von Armut betroffene Menschen sind davon also ausgeschlossen.

    Insgesamt erscheint ein Festhalten an der Ersatzfreiheitsstrafe allerdings grundsätzlich weiterhin geboten, da sie nicht nur für Delikte wie das Erschleichen von Leistungen, sondern ebenfalls für andere Fälle verhängt wird. Länder wie Schweden, die eine Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe durchgeführt haben, zeigen deutlich, dass die Anzahl säumiger Geldstrafen dadurch zugenommen hat. Unser Ziel sollte es aber nicht sein, diejenigen zu entlasten, die Geldstrafen eigentlich zahlen könnten und dies nur nicht wollen, sondern denjenigen entgegenzukommen, die von Armut betroffen sind und deshalb derzeit unverhältnismäßige Haftstrafen antreten müssen.

    Eine differenzierte Darstellung der Position der Freien Demokraten können Sie hier nachlesen…

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