Eine Sozialtherapeutische Abteilung (SoThA) ist eine Sondereinrichtung innerhalb einer Justizvollzugsanstalt. Sie grenzt sich von der Hauptanstalt als eigenständige und weitgehend unabhängige Einheit mit eigenen Regeln ab. Übergeordnetes Ziel ist die Förderung einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung mittels der integrativen Sozialtherapie. 

 

Ziel der Behandlung ist, die Inhaftierten durch die Aufarbeitung und Überwindung von interpersonalen Konflikten zu befähigen, künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen. Dabei ist ein essentieller Aspekt zu lernen, sich in eine Gemeinschaft zu integrieren und in dieser angemessene Umgangsformen zu finden, ohne die eigene Identität und Individualität zu verlieren. Eine sozialtherapeutische Behandlung ist sowohl im Erwachsenenstrafvollzug als auch im Vollzug der Jugendstrafe und der Sicherungsverwahrung erforderlich. Die Abteilung arbeitet auf einer anderen Basis als der Regelvollzug und ist räumlich sowie organisatorisch von den anderen Vollzugseinheiten getrennt. Die Inhaftierten der Sozialtherapeutischen Abteilung sollen im Kontext des Wohngruppenvollzugs lernen, Bedürfnisse angemessen zu formulieren und durchzusetzen, ohne die persönlichen Grenzen der anderen zu verletzen.

Alternative Strategien lernen

Der Einzelne soll lernen, sowohl Eigenverantwortung zu übernehmen, als auch Verantwortung für andere. Wesentlicher Bestandteil soll sein, entstehende Konflikte zu erkennen, zu thematisieren und funktionale Formen des Umgangs mit zwischenmenschlichen Differenzen zu erlernen. Die bisher bekannten dysfunktionalen Konfliktlösungs und -bewältigungsstrategien (aggressives Ausagieren und Durchsetzen, Flucht in Drogenkonsum, Ausstieg aus der sozialen Gemeinschaft usw.) sollen hinterfragt und sukzessive durch alternative, von gegenseitiger Wertschätzung, Rücksichtnahme und Toleranz getragene Strategien ersetzt werden. Den schädlichen Folgen des Strafvollzuges und insbesondere der Subkultur wird durch die besondere Gestaltung des Alltags und des Zusammenlebens in Wohngruppen entgegengewirkt.

Justizvollzugsanstalt Aachen

Wer pflegt eigentlich die Grünanlagen in einer Justizvollzugsanstalt? Und was ist eine Sozialtherapie? Diese eigentlich kaum zusammenhängenden Fragen beantwortet der Beitrag in Podknast. Nach dem Umzug aus der Aachener Innenstadt in die Aachener Soers 1995 und der Erweiterung 2004 bietet die JVA Aachen Platz für 702 männliche erwachsene Straf- und U-Gefangene und ca. 67 Sicherungsverwahrte und beschäftigt zurzeit 376 Bedienstete.

Neben geschlossenen und offenen Abteilungen gibt es in Aachen Behandlungswohngruppen, eine Drogentherapievorbereitungs- und eine Sozialtherapeutische Abteilung. Die Gefangenen der JVA Aachen verbüßen Haftzeiten von mindestens 2 Jahren bis hin zu lebenslangen Freiheitsstrafen.

Gemäß § 15 JStVollzG wird jeder Inhaftierte, der wegen erheblicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung verurteilt wurde, auf eine Sozialtherapeutische Abteilung verlegt. Auf Grundlage der „Checkliste zur Prüfung der Indikation für eine Sozialtherapeutische Abteilung" wird auf der Aufnahmeabteilung, nach Abschluss der Untersuchungshaft oder im regulären Strafhaftbereich eine Indikation durch den zuständigen Psychologischen Dienst erstellt. Behandlungsmodule sind Gruppentherapie, das Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter (BPS) und das Behandlungsprogramm für inhaftierte Gewalttäter (BiG) sowie auch Angehörigenarbeit.

Möglichkeiten und Grenzen

Sozialtherapeutische Behandlung im Umfeld einer zwangsweisen Unterbringung in der JVA eröffnet Möglichkeiten, hat aber auch Grenzen. Inwieweit kann sich ein Mensch auf eine therapeutische Begleitung einlassen, ohne sich sicher zu sein, dass bekanntgewordenen Umstände seiner Straftat gegen ihn verwendet werden können? Vollzugliche Maßnahmen und therapeutische Ziele können sich manches Mal im Wege stehen. Es zeigt sich oft ein angepasstes Verhalten als Phänomen, um früher entlassen werden zu können. Die Nebenwirkungen eines Gefängnisses mit den subkulturellen Tendenzen und inoffiziellen Regeln innerhalb der Gefangenen können therapeutische Interventionen behindern. Nichtsdestotrotz sind Gesprächsgruppen und psychotherapeutische Gespräche für die Biografie und den weiteren Weg des Inhaftierten wichtig.

 

23. Juli 2021
Die Schmetterlinge müssen die Freiheit haben
Ein Rettungswagen fährt durch beide geöffneten Tore in die Justizvollzugsanstalt ein. Grund der Alarmierung ist, dass ein Häftling in der Sonderfreistunde massiv auf den Kopf eines Mitgefangenen einschlägt, der dort auf der Bank sitzt. Dieser wird nach der Erstversorgung ins Revier gebracht. Er ist ansprechbar, kann […]
7. August 2020
Petition an das Bayerische Staatsministerium der Justiz
Bayerische Strafgefangene dürfen gemäß Artikel 35 BayStVollzG Absatz 1 nur ,,in dringenden Fällen“ mit ihren Angehörigen telefonisch in Kontakt treten. Diese „dringenden Fälle“ beschränken sich laut Rechtsprechung auf Todesfälle, Fristen oder ähnliche Ausnahmesituationen, in denen ein Brief nicht ausreichen würde. Mit anderen Worten: erst muss ein […]
1. Juli 2024
Menschen mit Musik aus dem „Ghetto“ herausholen
Wer in den 1960er Jahren ein Teenager war, erinnert sich an Elvis Presley: Rock ’n‘ Roll und die ersten Tanzverabredungen. Diese Erinnerungen weckt der Niederländer Meins Coetsier jetzt in Seniorenheimen des Bistums Fulda. 2023 wurde er aus der Gefängnisseelsorge in die Seniorenheime als Koordinator der Altenpflegepastoral […]
25. Oktober 2021
Aus Gefangenschaft heraus: Heavy-Metal-Band ,,Desire“
Im Coverbild sehen die Musiker aus wie so manche Inhaftierte eines Motorradclubs. Mit ihrem neuen Album und der Powerrock-Ballade „Kiss your tears away“, das persönlichste Lied auf der CD, gehört die Band ,,Desire“ zu den Heavy-Metal-Bands im populären Mainstream-Bereich aus der Fuldaer Region. Das Lied, das […]
15. Februar 2021
Wie der Hungerstreik des Jürgen T. mit Schokolade endet
Tagebuch von Bernd E. Althans 1994, Stadelheim. © International Institute of Social History, Amsterdam. Foto: Olivier Pasqual. Der Bedienstete Herr B. aus dem B Flügel der Justizvollzugsanstalt Werl sprach mich auf dem Gang an, ob ich mich mal um den Inhaftierten Jürgen T. kümmern könne. Der […]
15. Mai 2019
Es ist der beste Knast-Blues aller Zeiten
The Wildside: Beeindruckende und unverfälschte schwarze Blues aus den USA verzauberten kurz vor Nachtverschluss den Andachtsraum der JVA Fulda. Die Inhaftierten erlebten ein herausragendes musikalisches Ereignis: Der legendäre Stargast heißt Archie Lee Hooker, der auf Vermittlung von Theater hinter Gittern mit seiner Band im Fuldaer Gefängnis […]