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Bilder der Herbstversammlung wirken wie aus der Zeit gefallen

27. September 2023

Die Herbstversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Wiesbaden-Naurod ist vorüber. Die Pressekonferenzen überschatten die Fragen der Journalisten nach den Missbrauchsvorwürfen des Kardinal Franz Hengsbach (+ 1991) im Bistum Essen. Zu Beginn der DBK-Vollversammlung spricht Nuntius Nikola Eterović über die Schöpfung – und kritisierte scharf eine angebliche „Gender-Ideologie“. Nicht nur die Bilder des Treffens wirken wie aus einer vergangener Zeit. Klaus Scheunig aus dem Bistum Speyer kommentiert in seinen Worten: Vielleicht noch heimlich faszinierend ob der stoischen Leuchtkraft, doch die Wirklichkeit der Menschen ist eine andere.

„Wer derart überbordend Andersdenkende unter Ideologieverdacht stellt, auf den fällt dieser Verdacht wohl eher selbst zurück“, sagt der Generalvikar Pfeffer vom Bistum Essen zur Rede des Nuntius kritisch. Es tue ihm in diesen Tagen, in denen die Abgründe des sexuellen Missbrauchs in der Kirche wieder viele Menschen aufwühlten, besonders weh, „wenn der Vertreter des Papstes in Deutschland nichts anderes zu sagen hat“, sagt Pfeffer. Die Bilder der Herbstvollversammlung sprechen solch eine Sprache. Bilder, die wie aus der Zeit gefallen sind.

Bilder bilden ab.
Wirklichkeiten.
Viele aus Wiesbaden seit gestern.
Liefert die Deutsche Bischofskonferenz
auf ihrer Bilddatenbank.
Was für ein Album!

Ich schau hin.
Frage mich.
Was ist wirklich?
Haben wir uns daran gewöhnt?
An die Lilabilder.
Schwarzbilder.
Männerbilder.
Brüderbilder.
Nie und nimmer.
Es sind Bilder.
Aus der Zeit gefallen.
Nicht ehrlich.

Demokratien haben andere Bilder.
Vom Diskurs.
Streit.
Den Mehrheiten.
Der Leidenschaft.
Der Öffentlichkeit.
Ganz bunt.

Männerkirchenliturgien.

Männerversammlungen.
Hierarchisch geordnet.
Zu zweit.
In der Bank.
Am Altar.
Bis ins Detail geregelt.
Die Sitzordnung.
Der Rang.
Mir fremd.
Und wenn doch schon mir.

Der Nuntius.
Sein Platz.
Auch ein Ritual.
Manche ärgern sich über ihn.
Zweimal im Jahr.
Ich vermute.
Beim Bier.
Auf der Toilette.

Der Vorsitzende.
Alles muss auf den Tisch.
In der Großbaustelle Kirche.
Alles!?
Echt!?

Ja schon.
Alle sagen alles.
Immerhin.
In Gottes Namen.
Betroffen.
Mit Kreuz.
Mitra. Stab.
Das genügt nicht.

Mitbrüder unter sich.
Machen sich etwas vor.
Wer viel sagen darf,
hat wenig zu sagen.
Meine ich.

Extra omnes.
Alle hinaus.
Die nicht Kleriker sind.
Beratungen unter den Brüdern.
Das genügt momentan.
Macht man uns vor.

Nein.
Das genügt eben nicht.

Alles geklärt.
Im Ritual der Vollversammlungen.
Fraglos.
Wer predigt.
Wer steht wo.
Wer trägt welche Kleider.
Wer hat die Deutungshoheit.

Wo tauchen eigentlich Frauen auf.
Falls notwendig.

Zur Zierde immer.
Bei der Lesung.
Den Fürbitten unbedingt.
Beim Singen.
Das geht immer.
Ehrenamtlich sind sie willkommen.
Schon immer.
Im Rahmen die Männer vorgeben.
Die nicht müde werden zu betonen,
was sie alles tun.
Für die Frauen.

Es sind Bilder.
Verstörend.
Aus dem Rahmen gefallen.

Nicht nur meine Kinder schauen
schon lange nicht mehr hin.
Wie im Museum.
Gelangweilt früher.
Weit weg.
Fremd.

Synodal.
Gemeinsam.
Alles.
Auf den Tisch.
Ich kann’s nicht glauben.

Bilder bilden Wirklichkeiten ab.
Und die ist anders.

 

Klaus Scheunig
Fotos:
Deutsche Bischofskonferenz

3 Rückmeldungen

  1. Bernd Mönkebüscher sagt:

    Diese Kirche mit ihren „Rechtgläubigen“ Kardinälen, die dem Papst bei der Weltsynode das Messer auf die Brust setzen und ja oder nein als Antwort erzwingen möchten, gleicht immer mehr jenen, die auch Jesus Fangfragen stellten. Die als konservativ geltenden Kardinäle Walter Brandmüller (geb. 1929, Diözese Bamberg), Raymond Burke (USA), Juan Sandoval Íñiguez (Mexiko), Robert Sarah (Guinea) und Joseph Zen (Hongkong) hatten vor dem Beginn der Weltsynode ihre Dubia (lateinisch für „Zweifel“) veröffentlicht. Sie möchten homosexuelle Beziehungen verdammen, Beziehungen, die keine Ehe in Frage stellen oder gefährden, Beziehungen, die liebevoll sind und verantwortungsvoll. Sie trauen sich kaum, öffentlich zu sagen, was kirchliche Lehre ist, denn diese spricht von Todsünde. Gleichzeitig schaffen sie es, wirkliche Todsünden zu verharmlosen.

    Oder ist es keine Todsünde, wenn durch Vertuschung es weiterhin möglich war, menschliches Leben zu zerstören? Ist es keine Todsünde, unehrlich zu sein und nur zuzugeben, was nicht mehr abzustreiten ist, denn eine solche Haltung bedeutet den Tod der Krche. Wo sind eigentlich die übrigen Kardinäle, die ihre Stimme erheben? Wo sind die Bischöfe und Diözesanadministratoren, selbst teilweise schwul, die schweigen? Wie können sie jenen ins Gesicht schauen, mit denen sie (sexuelle) Beziehungen pfleg(t)en ? Glauben sie ernsthaft, dass wenn ihr Einfluss größer sei, sie dann ehrlicher auftreten würden und Dinge beim Namen nennen?

    Die meisten, die in der Seelsorge arbeiten, wissen, dass es kein schwarz weiß gibt, aber fließende Übergänge, weiblich und männlich eben – und selbst das, so nach den Worten des Paulus, wird es nicht mehr geben. Wieder einmal mehr zeigt Kirche, was ihr eigentliches Thema ist: Macht. Über Menschen herrschen. Ihnen ihre Gefühle absprechen oder sie als ungeordnet und falsch einordnen. Macht, die sich in Unterdrückung von Sexualität äußert. Nicht gelebte Werte zählen, Anstand und Ehrlichkeit, sondern ein sich Verstecken und Vertuschen, ein in Kauf nehmen, dem Auftrag Jesu zu widersprechen.

    Sie wiederholen sich selbst immer wieder und sagen doch nichts, weil sie nichts zu sagen haben. Dafür lieben sie Ehrenplätze, lange Gewänder, violett und rot. All das lesen und hören wir gerade in den Sonntagsevangelien nach Matthäus, wie Jesus eine Form von Religiosität verurteilt, die einzig sich selbst und die eigene Macht bestätigt sehen möchte, aber nicht im Blick hat, wessen Freund Jesus war: der von Zöllnern und Dirnen.

    Als in mir mein Berufswunsch reifte, dachte ich, dass sie in dieser Form mein Ja zu Gott. Und glaubte, Kirche habe ganz viel mit Gott zu tun. Vorsichtig formuliert: vielen Amtsträgern in der Kirche nehme ich ihren lautstark verkündeten Glauben nicht ab. Sie zitieren die Bibel und zerstören damit. Sie benutzen einzelne Worte, um selbst bestätigt zu werden. Sie berufen sich aufs Lehramt und verweigern, theologische Entwicklungen wahrzunehmen. Sie zerstören. Sie betreiben Gotteslästerung. Sie sitzen auf Stühlen, auf Lehrstühlen und möchten angebetet werden. Tatsächlich. Das Matthäus Evangelium hat alles gesagt dazu.

  2. Jay Ar Double-u sagt:

    Die Bilder der Herbstversammlung der Deutschen Bischöfe in Wiesbaden-Naurod wirken nicht nur so, sie sind es tatsächlich!

  3. Kardinal Reinhard Marx sagt:

    „Was braucht es wirklich? In der Kirche?“ Diese Fragen hat Kardinal Reinhard Marx des Erzbistums München-Freising in seiner Predigt im Gottesdienst zur Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz gestellt. In der Kapelle des Wilhelm-Kempf-Hauses in Wiesbaden-Naurod ermutigte Kardinal Marx die Botschaft Jesu tiefer zu erfassen, um daraus eine eigene Zukunftsperspektive für das Leben abzuleiten. Wenn Esra im Alten Testament auf den Trümmern des Tempels von Jerusalem sitze und sich frage, warum es soweit – zur Zerstörung des Heiligtums – kommen konnte, sei es die Geschichte, die weiterging und mit Jesus von Nazareth eine neue Dimension erfahren habe, so Kardinal Marx: „Durch Jesus von Nazareth ist Gottesbegegnung wieder möglich geworden. Es reicht nicht allein, einen Tempel wieder aufzubauen, sondern die neue Botschaft dieses Jesus anzunehmen.“

    Synodaler Prozess – bedeutender Weg

    Auch die Kirche habe angesichts von Skandalen die Erfahrung gemacht und sich gefragt, wie es so weit kommen konnte. „Der Synodale Weg ist da ein bedeutender Prozess, vielleicht kein Jahrhundertereignis, aber doch ein wichtiger Teil unserer eigenen Reflektionsgeschichte, um zu einer inneren Erneuerung zu kommen“, sagte Kardinal Marx. Ihn stimme es sorgenvoll, wenn immer häufiger Stimmen vernehmbar seien, die eine Art „Dekadenztheorie“ vertreten: „Menschen haben uns verlassen. Gott hat seine Kirche vergessen. Es sind die anderen, die gegangen sind. Die Säkularisierung ist an allem schuld. Dem möchte ich entgegenhalten, dass diese Muster zu einfach sind. Wir müssen tiefer gehen und uns ehrlich fragen, was uns die Botschaft Jesu heute zu sagen hat, wie wir wieder neu von Gott sprechen können und wie es uns gelingt, nicht auf die anderen zu zeigen. Wir müssen uns selbstkritisch fragen, wie Erneuerung möglich ist und das Angebot Jesu – dass er mit uns geht – Realität wird. Nehmen wir doch einfach dieses Angebot Jesu an“, betonte Kardinal Marx.

    Verkündigung des offenen Himmels

    Dazu zähle auch eine ehrliche Bestandsaufnahme, was die Kirche in der Gegenwart wirklich brauche. Das Evangelium mit dem Auftrag Jesu sei dafür eine gute Richtschnur, wenn er seinen Jüngern sagt: „Nehmt nichts mit. Was ihr braucht ist nicht viel – nur Überzeugungskraft.“ In den Bistümern würden bereits die Diskussionen laufen, was überflüssig geworden und was abzustoßen sei. „Ich glaube, wir müssen uns genau diese Gedanken im Sinne Jesu machen: Was können wir hinter uns lassen, was haben wir angehäuft und was brauchen wir nicht mehr!“ Dann werde der Blick freier auf das, was von entscheidender Bedeutung sei: „Die Verkündigung des offenen Himmels, das Sichtbarwerden Gottes, das Verständnis von der Aussage im Vaterunser: ‚Dein Reich komme‘. Dann kann es uns gelingen, neu vom Glauben zu sprechen, von der Zusage Jesus, wenn du glaubst, wirst du geheilt und aufgerichtet. Das ist die Antwort in dieser ehrlichen Bestandsaufnahme, eine Antwort gegen die Angst und für die Hoffnung.“

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