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Die Gefangenen im Aufruf für das Heilige Jahr 2025

14. Juni 2024

Eine „Verkündigungsbulle“ von Papst Franziskus für das Heilige Jahr 2025 mit dem Titel „Spes non confundit“, übersetzt mit „Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“, zeichnet klare Konturen für Menschen am Rande auf und macht deutlich, wie notwendig die Hoffnung in einer Welt von Gewalt, Hass und Kriegen ist. Franziskus beschreibt den Zustand vieler Menschen, die von Pessimismus und Angst geprägt sind. Darunter sind ebenso die Gefangenen.

Eine „Päpstliche Bulle“ ist die Bezeichnung für Urkunden, die wichtige Rechtsakte des Papstes verkünden. Sie wurden in der päpstlichen Kanzlei in feierlicher Form ausgefertigt und besiegelt. Das Wort „Bulle“ kommt vom lateinischen bulla (Blase). Die Papsturkunden des Mittelalters und der Frühen Neuzeit waren regelmäßig mit Blei besiegelt. Sie weckt negative Geschichtserinnerung an die Bannandrohungsbulle Martin Luthers aus dem Jahr 1520. Die Bulle hieß dort „Exsurge Domine“ und wurde von Papst Leo X verfasst. Darin drohte er im dem Reformator und Augustinermönch Martin Luther den Kirchenbann an, falls er nicht seine Thesen zurückzöge. Luther verbrannte die „Bulle“ öffentlich. Der aktuelle Text zum Heiligen Jahr 2025 spricht eine andere und hoffnungsvollere Sprache. Besonders zu den Gefangenen.

Gefangene

Im Heiligen Jahr sind alle aufgerufen, zu greifbaren Zeichen der Hoffnung für Brüder und Schwestern zu werden, die unter schwierigen Bedingungen leben. Ich denke dabei an die Gefangenen, die bei Entzug ihrer Freiheit jeden Tag neben der Härte der Haft auch die emotionale Leere, die auferlegten Einschränkungen und in nicht wenigen Fällen einen Mangel an Respekt erleben. Ich schlage den Regierungen vor, im Heiligen Jahr Initiativen zu ergreifen, die Hoffnung zurückgeben; Formen der Amnestie oder des Straferlasses, um den Menschen zu helfen, das Vertrauen in sich selbst und in die Gesellschaft zurückzugewinnen; Wege der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft, denen eine konkrete Verpflichtung zur Einhaltung der Gesetze entsprechen möge.

Ein Gnadenjahr

Diese Aufforderung ist sehr alt, sie kommt aus dem Wort Gottes und ruft in seiner ganzen weisheitlichen Bedeutung auch weiter zu Akten der Begnadigung und der Befreiung auf, welche einen Neubeginn ermöglichen: „Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus!“ (Levitikus 25, 10). Was durch das mosaische Gesetz festgelegt wurde, wird vom Propheten Jesaja aufgegriffen: Der Herr „hat mich gesandt, um den Armen frohe Botschaft zu bringen, um die zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, um den Gefangenen Freilassung auszurufen und den Gefesselten Befreiung, um ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen“ (Jesaja 61, 1 – 2). Dies sind die Worte, die sich Jesus zu Beginn seines Wirkens zu eigen gemacht hat, indem er sich selbst als die Erfüllung des „Gnadenjahrs des Herrn“ bezeichnete (vgl. Lukas 4, 18 – 19).

Menschwürdige Bedingungen

Mögen die Gläubigen sich für diese Anliegen in allen Teilen der Welt einsetzen und mit vereinter Stimme mutig für menschenwürdige Bedingungen für Gefangene, die Achtung der Menschenrechte und vor allem die Abschaffung der Todesstrafe eintreten, welche eine Maßnahme darstellt, die dem christlichen Glauben entgegensteht und jegliche Hoffnung auf Vergebung und Erneuerung zunichtemacht. Um den Häftlingen ein konkretes Zeichen der Nähe zu geben, möchte ich selbst in einem Gefängnis eine Heilige Pforte öffnen. Sie möge für sie ein Symbol sein, das einlädt, hoffnungsvoll und mit erneuerter Lebensaufgabe in die Zukunft zu blicken.

Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 241 | Gesamter Text

Hintergrund

In dem Dokument fordert Franziskus greifbare „Zeichen der Hoffnung“. Der Papst selbst will dafür eine sogenannte Heilige Pforte in einem Gefängnis öffnen. Häftlinge erlebten jeden Tag die Härte der Haft, eine emotionale Leere und oft einen Mangel an Respekt, schreibt Franziskus. Regierungen ruft er zu Straferlassen im Heiligen Jahr auf. Das Heilige Jahr ist ein weltweites Pilgerereignis der katholischen Kirche mit Rom als Zentrum. Es wird regulär alle 25 Jahre gefeiert. Die Organisatoren erwarten rund 30 Millionen BesucherInnen Das Dokument enthält „Appelle der Hoffnung“. So sollen reichere Länder wirtschaftsschwächeren Ländern die Schulden erlassen. Dies sei keine Frage der Großmut, sondern der Gerechtigkeit, meint Franziskus. Laut Bulle beginnt das Heilige Jahr am 24. Dezember 2024. Dann wird Franziskus die Heilige Pforte am Petersdom öffnen. Geschlossen wird sie wieder am 6. Januar 2026. Die Form der Bulle wird für päpstliche Urkunden mit besonderer Bedeutung und Rechtswirkung gewählt. Ein anhängendes Metallsiegel in einer Kapsel unterstreicht die fälschungssichere Gültigkeit.

 

1 Rückmeldung

  1. Winfried sagt:

    Wenn der Papst mit den Gefangenen wohl meint? Sind es die eigenen Kleriker, die in sich theologisch gefangen sind innerhalb des Systems? Oder sind es LaiInnen, die von der Kirche nicht loskommen? Auf jeden Fall ist die Katholische Kirche immer noch ein in sich geschlossenes System. Hier sollten sie die Türen einmal weit öffnen: Das Amtsverständnis, die verkrustete Sexualmoral, Frauen im Amt und die hierarchische Struktur. In diesen Bereichen werden die Pforten immer wieder verschlossen. Da nutzt ein Synodaler Ausschuss in Deutschland nicht weiter. Sollte doch der Vatikan und der Papst das Heilige Jahr nutzen, auf sich selbstkritisch zu schauen, um klare Änderungen herbeizuführen. Da erhoffe ich mir leider dazu nichts mehr. Kirche ein Ort der Hoffnung? Ich glaube nicht (mehr) daran.

    Die von vielen Bischöfen vertretene Maxime, man müsse „den Sünder lieben, aber nicht die Sünde“ zur Annahme queerer Menschen, kritisierte der Schweizer Moraltheologe Daniel Bogner als problematisch und als „dramatischen theologischen Fehler“. Eine solche Sichtweise spalte den Menschen und unterscheide den „Menschen an sich“ und dessen Sexualität und Geschlechtsidentität als wesentliche Dimension, in der sich Menschsein äußere. Es ist ein Widerspruch zum Evangelium. Auch im Heiligen Jahr wird dies nicht zur Debatte stehen. Hauptsache die Menschen am Rande im Blick? Derweil entfernen sich immer mehr pastorale MitarbeiterInnen von „ihrer“ Kirche.

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