Am 6. März 1874 wird der Trierer Bischof Matthias Eberhard in seinem Bischofshof verhaftet. Ohne Aufsehen soll er ins benachbarte Gefängnis verbracht werden. Er besteht darauf, öffentlich über den Domfreihof zu gehen. Er schäme sich nicht und habe die Straße nicht zu fürchten. Ein zeitgenössischer Stich zeigt ihn vor der Gefängnistüre, die Gläubigen segnend.
Vor 150 Jahren: Im Kulturkampf steht der Trierer Bischof für die Freiheit der Kirche ein. Wie lautet die Anklage? Er verweigere Einhaltung der Maigesetze von 1873. Die verstoßen seiner Überzeugung nach gegen Recht und Freiheit der Kirche. Es gibt eine große Bewegung im Verhältnis zwischen katholischer Kirche und jungem protestantisch geprägtem Nationalstaat. Reichskanzler Otto von Bismarck sieht im politischen Katholizismus des Zentrums „klerikale“, „ultramontane“ Reichsfeindschaft.
Rote Linie überschritten
Wie im „Wahne“, so Bischof Ketteler von Mainz, überziehe er das Reich mit Abwehrgesetzen. Der „Kanzelparagraph“ sanktioniert staatskritische Äußerungen, die Schulaufsicht wird den Kirchen entzogen, der Jesuitenorden des Reichsgebietes verwiesen. Die Maigesetze betreffen die Priesterausbildung. Hier ist für den prinzipientreuen Trierer Bischof eine rote Linie überschritten. Kapläne müssen ein staatlich kontrolliertes Kulturexamen ablegen. Eberhard stellt ohne ein solches 31 Kapläne ein. Ende 1873 wird das Priesterseminar geschlossen. Die verhängte hohe Geldstrafe zahlt Eberhard nicht. Seine Möbel werden gepfändet, Gehaltsanteile einbehalten. Es folgt Ersatzfreiheitsstrafe. Die macht ihm trotz guter Behandlung psychisch und körperlich zu schaffen. Seine pastorale Sorge: 230 Pfarreien sind unbesetzt.
Entlassung gefeiert
Eine ähnliche Prozedur wie bei Haftantritt erfolgt zehn Monate später. In aller Stille soll Bischof Eberhard am 30. Dezember entlassen werden. Er bleibt freiwillig bis Sylvester. Glocken läuten, Straßen werden mit Fahnen geschmückt. Kurz zuvor an Weihnachten hatten ihm die Trierer in Haft ein Jesuskind geschenkt. Im Dom-Museum wird es heute aufbewahrt. Auch nach Entlassung verweigert der Bischof die Befolgung der Maigesetze. Neue Geldstrafen folgen. Er plant, ins Exil zu gehen. Dazu kommt es nicht mehr. Mit 60 Jahren erliegt er 1876 einem Herzanfall.
Alfons Zimmer | Titelbild:: Museum am Dom, Trier
1 Rückmeldung
Pastor Ludger Ernsting von der Gastkirche Recklinghausen schreibt mir dazu: “Was den Trierer Bischof angeht, so ging es dem Münsteraner auch so. Er mußte nach Holland ins Exil flüchten. Daher hat mein Opa die Firmung hinter der Grenze in der Nähe von Enschede bekommen…
Aufgrunddessen war das Verhältnis der Münsterländer/Westfalen zum preußischen Staat immer eher ein gespanntes – jedenfalls nicht gedankenlos staatstreues…”