Die Patienten sind Bankräuber, Trickbetrüger, Steuerhinterzieher, Mörder und Totschläger. Inhaftierte werden in das Justizvollzugskrankenhaus (JVK) in Fröndenberg bei Dortmund gebracht, wenn sie so schwer erkranken, dass ihnen in ihrer Haftanstalt nicht mehr geholfen werden kann. Betritt ein Arzt oder eine Pflegekraft ein Patientenzimmer, muss immer ein Vollzugsbeamter dabei sein. Trotzdem sind Sicherheitsaufwand und Kosten geringer als in einem normalen Krankenhaus. Große Operationen werden ebenso durchgeführt wie die Entfernung von Tätowierungen.
Im Justizvollzugskrankenhaus in Fröndenberg bei Dortmund gibt es eine Innere-, eine Psychiatrische und eine Chirurgische Abteilung. Alle gängigen Eingriffe und Operationen können in diesem besonderen gesicherten Krankenhaus durchgeführt werden: von Herzkatheteruntersuchungen bis zu Hüftoperationen. Hierher kommen auch zeitweise Gefangene, die sich Tätowierungen in zeitlich organisierten Behandlungen weglasern lassen wollen. Doch nicht alle bekommen diese teure Behandlung. Es kommt darauf an, welche Art von Tätowierung und in welchem Bereich des Körpers sie gestochen wurde. Beispielsweise hat sich ein junger Gefangener sein tätowiertes Kreuz am rechten Auge entfernen lassen. “Das ist aber genauso schmerzhaft und zeitintensiv, wie wenn ich mir ein neues Tattoo steche”, sagt der 21-jährige, der sich noch im Jugendvollzug befindet. In einer ausführlichen Reportage beschreibt Anja Kempe vom SWR 2 den Alltag im größten deutschen Krankenhaus für Inhaftierte. Sie spricht mit Patienten, die medizinischen Klinikleitung und dem Leiter des Justizvollzugskrankenhauses.
Das Krankenhaus wurde im Jahr 1979 ursprünglich als städtisches Krankenhaus in Fröndenberg erbaut. 1984 wurde es für den Strafvollzug umgebaut und ist seither das einzige Vollzugskrankenhaus des Landes Nordrhein-Westfalen. 2011 wurde das Krankenhaus endgültig rechtlich als Justizvollzugsanstalt eingestuft, was einen Ausbau der Umgebungssicherung zur Folge hatte. Im Zuge dieses Ausbaus wurde ein 4 m hoher Außenzaun um die Mauer gezogen. Hinzu kamen bewegliche Videoüberwachungsanlagen und eine verstärkte Außenbeleuchtung. In der Vergangenheit ist es keinem Gefangenen gelungen, aus dem Gefängniskrankenhaus auszubrechen.
Bekanntheit erlangte das Krankenhaus durch die bekannten Straftäter Dieter Zurwehme, Jan Zocha und Frank Schmökel, welche dort behandelt wurden. Normalerweise gibt das Krankenhaus jedoch die Namen seiner Patienten nicht preis, um Befreiungsversuche zu vermeiden. Am 18. April 2004 zersägte Jan Zocha mit 23 Diamantfeilen seine Zellengitter des Justizvollzugskrankenhauses NRW und erklomm mit einer vier Meter langen Konstruktion aus Stoff und Möbelteilen die meterhohe Außenmauer, auf der er jedoch in letzter Sekunde gestellt wurde.
Visite in der Klinik für Strafgefangene. Anja Kempe, SWR2 Leben