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Ein Titel Jesu: Der Freund von Zöllnern und Sündern

30. Mai 2024

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, was dieser fast umständlich wirkende Anfang des Evangeliums bedeuten kann? Diese rätselhafte Anweisung Jesu an die Jünger, der Hinweis auf die Begegnung des Mannes mit dem Wasserkrug, den sie dann fragen sollen und der in ein bestimmtes Haus hineingeht? Fast ein präzises Drehbuch.

Brot(tüten) der Militärseelsorge auf dem 103. Katholikentag in Erfurt.

Historisch plausibel lässt sich diese Szene kaum machen, schließlich wird es nicht um hellseherische Kräfte gehen – aber deutlich wird, dass Jesus hier die Anweisung für das Paschamahl erteilt und nicht die Rolle eines passiven Opfers spielt. Gastgeber ist er, nicht die Jünger, nicht der Mann mit dem Wasserkrug, nicht der Hausherr, der einen Raum im Obergeschoss zeigt.

Wer nicht Gast sein darf

Gastgeber ist Jesus, auch in dieser sich zuspitzenden Lage, in der er sich vor der Feindseligkeit seiner Gegner schützt. Mich spricht das sehr an, denn es bedeutet, Gastgeber jeder Eucharistiefeier sind nicht wir, nicht der Priester, nicht die sich Versammelnden, nicht der Bischof, nicht der Papst. Wie oft hat Kirche – von mir aus als Raum gewährende Größe – sich selbst als Gastgeberin verstanden und akribisch aussortiert, wer nicht Gast sein darf. Die Erzählung von diesem Jesus, der sich beim Zöllner zu Tisch einlud, der Menschen anderer Religionen – wie etwa den Samariter –  als Vorbild hinstellte, wird so überschattet.

Keine Gewänder nötig

BibelwissenschaftlerInnen sind sich uneins, ob nicht auch Judas beim Abendmahl mit dabei war. Wie auch immer: Wir werden in den Evangelien einer Praxis Jesu gewahr, die unendlich weit ist, so weit,  dass sie ihm den Titel „Freund der Zöllner und Sünder“ einbringt. Diese Praxis ist sein Vermächtnis, das er sich vergegenwärtigt wünscht. Es ist eine Praxis, die keine Mitra kennt und braucht, aber ein mitfühlendes Herz. Es ist eine Praxis, die keine eigenen Gewänder kennt und braucht, aber Menschen, die Jesus Raum geben. Vor dieser Praxis verblassen Worte und Regelungen, die die meisten noch kennen wie: Sonntagspflicht, Nüchternheitsgebot und vorhergehende notwendige Beichte.

Gastgeber ist Jesus

Ist das eine Botschaft, die Menschen bei uns wahrnehmen und spüren? Oder ist uns eigentlich nur recht, wer unsere Lieder singt, unsere Formen mag und sich einfügt in dem, wie wir es gewohnt sind? Ja, ich gebe zu, dass ich bei mancher Hochzeit zum Beispiel  oder bei Schulabschlussgottesdiensten mich schwer tue mit Liedwünschen, die SängerInnen mit Musik aus der Dose vortragen – aber warum sie in eine Form pressen, die man so hat, zu haben hat oder die mir mehr entspräche? Ich glaube, dass nach wie vor viele Menschen unterschiedlichster Art  am Tisch Jesu sitzen – auch in manchen Gottesdiensten, an den Küchentischen, ebenso aber in den Armen- und Suppenküchen, in den Kleiderkammern, in den Gefängnissen oder in den Substitutionspraxen – und an Tischen, wo Menschen sich selbst, ihr Leben auftischen, von dem andere zehren. Ist das nicht Eucharistie: sich aufmachen, von sich geben, sich selbst geben? Ist das nicht Eucharistie: dankbar annehmen dürfen,  sich beschenken lassen, wo jemand ganz da ist und sich gibt?

Die eucharistischen Tafeln enden nicht an den Kanten des Altars. Sie enden da, wo Menschen sich selbst zu GastgeberInnen aufspielen, wo sie entscheiden wollen, wer würdig ist und wer nicht – da droht Jesus verschlossen zu werden; aber ich glaube, da hat er sich längst selbst entzogen und ist auf die Strasse gegangen mehr bei denen, die brauchen, nicht bei denen, die meinen, sie könnten ihn geben und austeilen. Gastgeber ist Jesus. Er lässt sich das Heft, das Drehbuch des Lebens  nicht aus der Hand nehmen. Er bleibt gegenwärtig, am meisten da, wo es echt zugeht, wo Menschen in seinem Geist handeln, in seinem Namen.

Bernd Mönkebüscher

 

1 Rückmeldung

  1. Robert Eiteneuer sagt:

    Fronleichnam. Mittelhochdeutsch für: Leib des Herrn. „Fro“ = Herr. Vgl. Frondienst = Dienstverpflichtung des Unfreien gegenüber seinem Herrn und Gebieter. „Leichnam“ bzw. „Lichnam“ bezeichnete im Mittelalter den Leib.

    Fronleichnam. Der Leib des gekreuzigten Christus in der Gestalt des Brotes. „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird zur Vergebung der Sünden“, spricht der Priester im eucharistischen Hochgebet, wenn er das Brot anhebt und zeigt.

    Fronleichnam. Im liturgischen Kalender heißt der Tag „Hochfest des Leibes und Blutes des Herrn“. Aha. Die Kirche feiert an diesem Tag Christus in der Gestalt des Brotes UND des Weines. „Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Nehmt und trinket alle daraus!“ sagt der Priester im eucharistischen Hochgebet, wenn er den Kelch anhebt und zeigt. Leider hat sich die Feier der katholischen Liturgie im Laufe des Mittelalters dahin entwickelt, dass den Gläubigen die Kelchkommunion vorenthalten wurde und auch der Empfang der Brotkommunion stark zurückging. Der Klerus bepredigte die Gläubigen dahingehend, dass sie sich unwürdig wähnten, die Eucharistie überhaupt zu empfangen. Und wenn, dann durften sie die konsekrierte Hostie nur mit dem Mund empfangen.

    Kommunion mit den Augen
    Parallel zum Rückgang des Kommunionempfangs entwickelte sich die Verehrung der Eucharistie in der Brotsgestalt. Die konsekrierte Hostie wurde in einem kostbar verzierten Schaugefäß gezeigt und ausgestellt, der Monstranz. In besonderen sakramentalen Andachten und Umzügen (Prozessionen) wird Christus in der Gestalt des Brotes gezeigt und verehrt. Vielen Gläubigen reichte die Kommunion mit den Augen. Auf den Empfang des eucharistischen Brotes in der Kommunion verzichteten sie. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie sich als nicht würdig wähnten. Dazu hatte der Klerus im Mittelalter ganze Arbeit geleistet. Dir Kleriker behaupteten für sich eine besondere Nähe zu Christus, die ihnen durch die Weihe verliehen würde. Sie vergrößerten in den Kirchen und Kathedralen den Abstand zu den normalen Gläubigen, indem die Altäre in langgezogenen Chorräumen standen, von dem die Gläubiger durch Lettner und Gitter abgetrennt wurden. Die Angst der Gläubigen vor Fegefeuer und Hölle wurde geschürt, der Ablasshandel gediehen, weil die Menschen erhofften, sich von den Sündenstrafen freikaufen zu können. Das alles steigerte die Macht des Klerus über die Seelen der Gläubigen.

    Fronleichnam – Fest der Machtdarstellung des Klerus. Bis zum heutigen Tag ziehen am Fronleichnamstag die Prozessionen durch Stadt und Land. Wenn auch die Zahl der Teilnehmenden heutzutage stark zurückgegangen ist, erwecken die Gläubigen, die in den Prozessionen mitgehen oder am Wegesrand stehen, den Eindruck, sie huldigen nicht nur Christus, dem Herrn, in der Gestalt des Brotes in der Monstranz, sondern auch dem in kostbare Gewänder gekleideten Klerikern. Nichts gegen den Gedanken der eucharistischen Prozessionen, mit Christus in die Welt hinauszugehen und so Jesus, den Erlöser und Befreier der Menschen von Sünde und Tod zu verkünden. Aber bedarf es dazu des prunkvollen Aufwandes? Braucht es dazu die Machtdemonstration der mittelalterlich erscheinenden Klerikerkirche? Gut, dass seit Papst Leo dem XIII. Anfang des 20. Jahrhunderts die Kommunion der Gläubigen wiederentdeckt und gefördert wurde! Gut, dass heute die falsche Ehrfurcht und die Angst vor der Berührung des eucharistischen Brotes weitgehend verschwunden sind! Gut, dass das Zweite Vatikanische Konzil die Kirche als Leib Christi und als Volk Gottes wiederentdeckt haben!

    Nehmt und trinkt alle daraus
    Leider ist die Kirche in der Umsetzung der Konzilsbeschlüsse auf halbem Wege stecken geblieben. Noch immer pochen die Kleriker auf ihre besondere Stellung in der Kirche, im Gegenüber zu den Gläubigen anstatt im Miteinander mit den Gläubigen. Noch immer weigern sich viele Bischöfe und Priester, auf die Ausübung ihrer Macht zu verzichten und ihr Amt als Dienst an den Gliedern der Kirche auszuüben. Noch immer wird vielerorts den Gläubigen die Kelchkommunion verweigert. Nur wenige Ausnahmen werden zugelassen, etwa in Gruppenmessen oder an Gründonnerstag. Angeblich sei die Spendung der Kommunen unter beiden Gestalten zu aufwändig, zu unwürdig oder von den Gläubigen gar nicht gewollt. Noch immer wird im eucharistischen Hochgebet gelogen, wenn der Zelebrant sagt: „Nehmet und trinket alle daraus!“, dann aber den Kelch mit dem Blut Christi den Gläubigen vorenthält. Noch immer behaupten kluge Theologen, dass Christus in der kleinsten Partikel des eucharistischen Brotes in vollem Umfang gegenwärtig sei und dass es nicht des Empfangs des Blutes Christi bedürfe, um Christus in seiner vollen Wirkmacht zu empfangen. Noch immer wird die Symbolkraft von Brot und Wein geschmälert, wenn den Gläubigen der Wein als Zeichen der himmlischen Freude vorenthalten wird und nur das Brot als Zeichen des zum Leben Notwendigen gereicht wird. Brot und Wein bilden zusammen den Vorgeschmack auf die himmlische Herrlichkeit.

    Fronleichnam. Der göttliche Herr hat in seinem Leben und Sterben auf jegliche Macht verzichtet. Jesus hat sich ohne Widerstand gefangen nehmen, zum Tod verurteilen und hinrichten lassen. Darin lag und liegt seine Stärke, seine Macht. In diesem Sinne sollte an Fronleichnam Brot und Wein an alle Mitfeiernden ausgeteilt werden. Jesus hat diese Zeichen bei seinem letzten Abendnahl mit den Jüngern gestiftet. Leib und Blut Christi sind zum Zeichen der himmlischen Herrlichkeit, die allen Gläubigen verheißen ist, geworden, weil Jesus ohne Widerstand und auf jegliche Macht verzichtend für uns gestorben ist.

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