parallax background

Jetzt muss es mal gut sein!? Schuldgeschichte aufarbeiten

18. April 2024

Im Jahr 2022 forderte die Initiative OutInChurch ein Ende der innerkirchlichen Diskriminierung von LGBTIQ+ Personen. Gut zwei Jahre danach zieht Rainer Teuber, Mitinitiator und Pressesprecher der Initiative, Bilanz. Es war ein Paukenschlag, als sich 125 MitarbeiterInnen* der katholischen Kirche mit der Initiative OutInChurch als queer outeten. Die Initiative OutInChurch – inzwischen in einen eingetragenen Verein überführt – hat das zutiefst diskriminierende innerkirchliche Machtsystem, in dem queere Menschen keinen Platz fanden und bis heute leider nicht finden, öffentlich gemacht.

Dieses System der missbräuchlichen Machtausübung, des Verschweigens, der Doppelmoral und der Unaufrichtigkeit ist toxisch, es beschämt und es macht queere Menschen krank. Denn: Die wirtschaftliche Abhängigkeit der queeren ArbeitnehmerInnen* von ihrem Dienstgeber – also der katholischen Kirche – war die Grundlage für ein potentielles und leider viel zu oft auch tatsächlich angewandtes Druckmittel der Kirche: Stets im Raum stand die Drohung mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und der wirtschaftlichen Existenz. Diese Situation trieb viele Mitarbeiter*innen dazu an, die ihnen übertragenen dienstlichen Aufgaben über das geforderte Maß hinaus zu erfüllen. Ließ sich dies nicht mit dem vertraglichen Beschäftigungsumfang vereinbaren, erledigten sie vieles „ehrenamtlich“ in der Freizeit. Auf diese Weise versuchten sie, sich über vermeintliche Versäumnisse in ihrer Arbeit nicht angreifbar zu machen. Dienstgeber profitierten von dieser übersteigerten „Loyalität“, wussten diese auszunutzen.

Stehen noch am Anfang des Weges

Nach dem 24. Januar 2022 überboten sich manche Vertreter der katholischen Kirche mit Dankesworten und Solidaritätsbekundungen an die Adresse der queeren Arbeitnehmer*innen, allzu oft leider wenig konkret. Andere Würdenträger hingegen schwiegen – bis heute. Sechs der insgesamt sieben OutInChurch-Forderungen hat die katholische Kirche bislang nicht bearbeitet. Einzig das kirchliche Arbeitsrecht ist inzwischen verändert und diskriminierungsfreier gestaltet worden. Das bedeutet: Wir stehen zwei Jahre nach unserer Kampagne noch immer ganz am Anfang des Weges. An dieser Stelle geht es mir um unsere siebte Forderung, auch sie bislang unerfüllt. Sie lautet: „Für einen Neuanfang ist es unumgänglich, dass Kirchenleitende für die unzähligen Leiderfahrungen, die LGBTIQ+ Personen in der Kirche gemacht haben, die Verantwortung übernehmen und die Schuldgeschichte der Kirche aufarbeiten.“ In einem ersten Schritt mache ich deutlich, inwieweit Verantwortliche der Kirche Schuld auf sich geladen haben. In einem zweiten Schritt werde ich acht von ihnen dagegen vorgebrachte Argumente und oft wiederholte Narrative versuchen zu dekonstruieren. Abschließend zeige ich, wie die Aufarbeitung der Schuldgeschichte konkret aussehen sollte.

Schuld von Verantwortlichen der Katholischen Kirche

Ich komme zu Schritt 1: Verschiedentlich sprach Papst Franziskus von der Kirche als „Feldlazarett“, deren Aufgabe es sei, „Wunden zu heilen und die Herzen der Menschen zu wärmen“. Das ist ein Kirchenbild, mit dem ich etwas anfangen kann. Mit der Realität hat es allerdings nichts zu tun, denn für queere Menschen ist die Kirche wahrlich kein heilsamer Ort. Im kirchlichen „Feldlazarett“ und angeblich „offenen Haus für alle“ gelten bestimmte Regeln, so Papst Franziskus: Dazu gehört, dass das, was außerhalb des Hauses selbstverständlich als Diskriminierung erkannt und benannt wird, in der Kirche auf keinen Fall so heißen darf. Hier nennt man es die vom Geist geleitete lehramtliche Auslegung von Schrift und Tradition. Außerdem gilt die Regel, dass die Menschen in diesem Haus zwar die gleiche Würde haben, aber dass sie daraus nicht die gleichen Rechte für sich ableiten können. In diesem Haus definiert das kirchliche Lehramt, wer eine Frau und wer ein Mann ist. Und dass es nicht mehr als diese beiden Geschlechter gibt. Die Regeln in diesem Haus legen zudem fest, welches sexuelle Begehren dem Plan des Schöpfers entspricht und dass alles, was davon abweicht, schwere Sünde ist.

Diese Regeln führten dazu, dass unzählige queere Menschen lange bevor sie wussten, wer sie tatsächlich sind, und lange bevor ihnen überhaupt eine Sprache für ihr Queer-Sein zur Verfügung stand, schon eine Ahnung davon vermittelt bekamen, dass mit ihnen „etwas nicht stimme“, dass sie „nicht richtig“ und „nicht normal“ seien. Sie ahnten, dass sie gegen irgendwelche Regeln verstießen, ohne diese aber weder zu kennen noch überhaupt zu verstehen. Dass umgekehrt mit den Regeln etwas nicht stimmen könnte, war undenkbar.[2] Von heilsamem Wirken im kirchlichen „Feldlazarett“ oder dem Eintreten für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung kann also nicht die Rede sein. Unzählige Biografien queerer Menschen sind auf diese Weise beeinträchtigt, verbogen, beschädigt oder zerstört worden.

  Kirchliche Narrative: Versuch einer Dekonstruktion

Ich komme zum 2. Schritt, der Dekonstruktion der von den kirchlichen Verantwortlichen dagegen vorgetragenen Argumente. Was hören wir von Verantwortungsträgern der Kirche nach dem Manifest?

 „Danke, dass OutInChurch auf dieses diskriminierende System aufmerksam macht!“

Dem halte ich entgegen: Das zutiefst diskriminierende System haben die Verantwortungsträger ihrerseits geschaffen, etabliert, fortentwickelt und in seinen Konsequenzen angewandt. Ihre unglaubwürdige Dankbarkeit verschleiert die Verantwortung für eigenes Tun.

„Das habe ich alles nicht gewusst!“

Dem halte ich entgegen, dass es im 20. und 21. Jahrhundert reihenweise „queere Meilensteine“ gab, denen niemand aus dem Weg gehen konnte. Dazu zählen unter anderem die Entschärfungen des § 175 Strafgesetzbuch in den Jahren 1969 und 1973 sowie dessen endgültige Abschaffung im Jahr 1994. Dazu zählt der Beginn der Schwulenbewegung, der sich in Deutschland an der Liberalisierung des § 175 StGB und in den USA an den Unruhen Ende Juni 1969 in der Christopher Street in New York festmachen lässt. Dazu zählen zehn Jahre später die ersten CSD-Umzüge ab dem Jahr 1979. Dazu zählt die Streichung der Homosexualität von der Liste der psychischen Krankheiten durch die Weltgesundheitsorganisation WHO im Jahr 1990. Dazu zählt die Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft im Jahr 2001. Dazu zählt die Einführung der Ehe für alle im Jahr 2017. Dazu zählt seit dem Jahr 2018 die Möglichkeit für intergeschlechtliche Menschen in Deutschland, beim Eintrag in das Personenstandsregister außer den Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ auch die Option „divers“ zu wählen, die sogenannte „Dritte Option“. Dazu zählen die zahlreichen Publikationen im 20. und 21. Jahrhundert zu Sexualität, Homosexualität, zu queeren und Gender-Themen. Die Liste ließe sich fortsetzen. Kurzum, was zählt? Verantwortungsträger hätten so vieles wissen können, wenn sie es denn hätten wissen wollen. Wissenschaftliche Erkenntnisse und gesellschaftliche Entwicklungen wurden schlichtweg ignoriert und nicht oder nicht hinreichend rezipiert.

„Das sind doch nur Einzelfälle!“

Dem halte ich erstens entgegen: Jeder sogenannte Einzelfall zählt. Dem halte ich zweitens entgegen: Die katholische Kirche in Deutschland beschäftigt mehr als 800.000 Menschen. Wissenschaftlich belegt ist, dass rund 10 Prozent aller Menschen nicht heterosexuell sind. Das bedeutet ceteris paribus, die katholische Kirche beschäftigt mehr als 80.000 queere Menschen. Sie alle haben unter Diskriminierung – ausgeübt von Verantwortungsträgern der Kirche – gelitten und tun dies zum Teil noch immer. Das Narrativ, es handele sich lediglich um Einzelfälle, marginalisiert eine erhebliche Anzahl von Menschen, sie werden weder wahr- noch ernstgenommen.

„Ich stehe auch unter großem öffentlichen Druck!“

Diese Aussage war unter anderem beim Synodalen Weg mehrfach zu vernehmen, nachdem eine Minderheit der deutschen Bischöfe den Grundlagentext zur Reform der kirchlichen Sexualmoral (Forum IV) durch ihr Abstimmungsverhalten zu Fall gebracht hatte. Es hieß, Bischöfe hätten sich vor der Abstimmung nicht kritisch geäußert, weil hoher Druck auf ihnen lastete und sie diesen Druck nicht aushielten. Dem halte ich entgegen: Es sind eben jene Verantwortungsträger, die jahrzehntelang massiven Druck auf queere Menschen ausgeübt haben. Beklagen sich diese Personen nun über vermeintlichen Druck, kommt das einer Rollen-Umkehr sehr nahe.

 

 

„Hätten wir die schwulen Männer nicht, hätten wir auch kein Problem mit sexuellem Missbrauch!“

Für erzkonservative Kreise ist klar: Bei sexuellem Missbrauch handelt es sich um homosexuelle Taten. Die gleichgeschlechtliche Orientierung ist also das Problem. Dem halte ich erstens entgegen: Worüber sprechen wir? Es geht um die Diskriminierung queerer Menschen durch die katholische Kirche, nicht um sexuellen Missbrauch. Und wenn wir diese Sachebene der Auseinandersetzung schon verlassen wollen, halte ich dem zweitens entgegen: Die eingangs zitierte Aussage ist durch keine Studie wissenschaftlich zu belegen. Zwischen Homosexualität und Pädophilie gibt es keinen Zusammenhang. Solche Aussagen machen schwule Männer zu Sündenböcken. Sie diffamieren und kriminalisieren sie. Zu unrecht.

„Ich entschuldige mich für das Leid, das die Kirche an queeren Menschen verursacht hat!“

Dem halte ich entgegen: Die Kirche handelt erstens systematisch kraft ihrer Institution. Aber es sind dann zweitens und vor allem ihre Vertreter, die diskriminieren und durch ihr konkretes Handeln Schuld auf sich laden. Hier wird versucht, persönliche Schuld zu relativieren, indem sie institutionalisiert und an anderer Stelle „anonym“ verortet wird. Allenfalls ist die Rede von persönlichen „Fehlern“. Auf das Eingeständnis einer persönlichen Schuld warten queere Menschen bis heute vergeblich.

„Jetzt muss aber auch mal gut sein!“

Vor allem nach der Neufassung der kirchlichen Grundordnung und nach den jüngsten Äußerungen von Papst Franziskus zur Segnung homosexueller Personen hören Vertreter*innen von OutInChurch vermehrt solche Aussagen. Dem halte ich entgegen: Es ist solange nicht gut, wie nicht alle OutInChurch-Forderungen umgesetzt worden sind. Und es ist solange nicht gut, bis sich nicht ein echter Kulturwandel innerhalb der katholischen Kirche durchgesetzt hat und nachhaltig spürbar geworden ist.

„Wir müssen jetzt nach vorne schauen!“

Auch das hören Vertreter*innen von OutInChurch inzwischen häufiger, wenn sie die Aufarbeitung der Schuldgeschichte der katholischen Kirche im Hinblick auf queere Menschen einfordern. Dem halte ich entgegen: Die lange kirchliche Diskriminierungstradition ist wirkmächtig. Sie hallt nicht nur in den Echokammern konservativer Kreise nach, sondern sie besetzt auch anderweitig kirchlich und gesellschaftlich Resonanzräume oder schafft gar neue. Wir werden also den Blick nicht nach vorne richten können, ohne die systemischen Ursachen der Diskriminierung offenzulegen, aufzuarbeiten und abzuschaffen und ohne die verantwortlichen Personen zu benennen.

Die hier skizzierten innerkirchlichen Umstände tragen auch in der Gesellschaft Frucht auf einem zunehmend queerfeindlichen Nährboden. Schon Worte sind Taten, und aus Worten werden Taten. Diskriminierende Äußerungen kirchlicher Verantwortungsträger begünstigen Gewalt gegen die queere Community.


Aufarbeitung der Schuldgeschichte

Die Schuldgeschichte der katholischen Kirche in Bezug auf die Diskriminierung queerer Menschen muss aufgearbeitet werden. Dort wo es noch möglich ist, hat eine Wiedergutmachung zu erfolgen. Hierzu sind verschiedene Aspekte in den Blick zu nehmen. Eine unabhängige Studie muss bestehende Strukturen analysieren und offenlegen, wie und wo Diskriminierung stattgefunden hat. Verantwortungsträger müssen zugeben, dass es in „ihrer“ Kirche strukturelle Diskriminierung von queeren Menschen gibt. Es sind auf der einen Seite Einzelpersonen, die sich diskriminierend verhalten. Auf der anderen Seite gibt es systemische, ideologische und praktische Bedingungen für Diskriminierung. Und hier sprechen wir eben auch von Schuld. Schuld, die Kirchenleitende anerkennen und dafür Verantwortung übernehmen müssen. Dies ist die wichtigste Voraussetzung, um eine diskriminierungsbewusste Kirche ohne Angst zu schaffen.

Queeren Personen, denen die „Missio canonica“ entzogen wurde, muss diese wieder angeboten werden. Das Bistum Trier hat diesen Weg im Jahr 2023 eingeschlagen. Zahllose queere Menschen können die innerkirchlich erlebten Traumata nur mit Hilfe einer professionellen psychologischen Begleitung aufarbeiten und bewältigen. Die katholische Kirche muss die dafür entstehenden Kosten übernehmen. Gebete und Gottesdienste müssen so gestaltet werden, dass sie die Vielfalt der Gemeinden widerspiegeln: weiblich, nonbinär, männlich, trans, cis und so vieles mehr. In einer Partnerschaft oder Ehe mit Menschen des gleichen oder auch eines anderen Geschlechts, in einer ersten oder einer neu geschenkten Ehe. Mit und ohne Kinder. Single aus Überzeugung oder Single, weil Gewalt andere Möglichkeiten eines partnerschaftlichen Zusammenlebens zerstört hat. Liturgie darf die Strukturen, die sexuelle Gewalt und Diskriminierung ermöglicht haben, nicht durch Sprache und Inszenierung fortsetzen.

Macht bedarf der Kontrolle und verbindlichen Mitbestimmung

Menschlichkeit und echtes Interesse an queeren Personen, seelsorgerliche Kompetenz müssen spürbar werden. Das heißt: Kommunikation und Handeln müssen dem nachspüren, müssen dazu auch professionalisiert und traumasensibel gestaltet werden. Erst dann wird Kirche für alle Menschen zu einem sicheren Raum. Ändern müssen sich die klerikal-hierarchische Struktur und der Wahrheitsanspruch des kirchlichen Lehramts. Diffamierende und nicht zeitgemäße Aussagen der kirchlichen Lehre zu Geschlechtlichkeit und Sexualität müssen auf der Grundlage gesicherter theologischer und humanwissenschaftlicher Erkenntnisse auf den neuesten Stand gebracht und schlussendlich revidiert werden. Nur so kann das Paradoxon aufgelöst werden, dass queere Beschäftigte den katholischen Arbeitgeber einerseits angeblich bereichern, sie andererseits aber als Personen „schwere Sünder“ bleiben, weil sie gegen die Regeln des Katechismus verstoßen. Zum Auftakt des „Synodalen Weges“ hatte Bischof Georg Bätzing erklärt, dass die Kirche LGBTIQ+-Personen „zutiefst verletzt“ habe. Auch stellte er ein Schuldbekenntnis der Kirche gegenüber sexuellen Minderheiten in den Raum. Auch wenn derzeit noch unklar ist, wie seine begrüßenswerte Haltung mit anderen homophoben Reflexen der katholischen Kirche in Einklang gebracht werden kann, muss ein solches Schuldbekenntnis formuliert werden.

Am Ende dieses Schuldbekenntnisses kann die aufrichtige Bitte um Vergebung stehen.

Rainer Teuber

 

1 Rückmeldung

  1. Maria Hagenschneider sagt:

    Weihe von Frauen?
    Über viele Jahre bin ich immer mal wieder Gast in der Benediktinerabtei Königsmünster gewesen. Ich kenne diesen Konvent seit meiner Zeit als Gemeindereferentin in St. Walburga Meschede. Als die Oase eröffnet wurde und es großartige Jugendtage gab, war ich häufiger Gast, eben auch beruflich. Am Sonntag war ich – wegen einer Feier – zum Konventamt eingeladen. Es konzelebrierten 8 oder 9 Patres und ein (offensichtlicher) Weltpriester. Die anderen Mönche kamen erst zur Kommunion „nach oben“ zum Altartisch. Mich durchfuhr ein Gefühl wie vor 40 Jahren, als ich – meiner Heirat wegen – nicht mehr willkommen war in den Eucharistiefeiern und es hat mich nicht mehr verlassen. Mein Herz raste. Ich schlussfolgerte: Nicht willkommen! Nicht willkommen! Wäre ich nicht Gast gewesen, ich wäre gegangen.

    Bilder wirken
    Ja, ich weiß, ich war in einem Männerkonvent. Hatte sich etwas verändert? Ich hatte mich verändert. Ich schaute auf die Konzelebranten und es schob sich immer wieder ein Bild eines Frauenkonvente vor meine Augen, die niemals in gleicher Weise feiern dürfen. Kommen die Schwestern des nahe gelegenen Konvents aus Varensell zu Besuch, ist ihr Platz sicher immer bei den nicht geweihten Brüdern. Nicht eine einzige von Ihnen darf auch ihren Konvent und unser Geschlecht am Altartisch vertreten. Ausgeschlossen, weil nicht geweiht. Nicht geweiht, weil Frau. Kommen Brüder von den Männerkonventen, werden die Patres mit den anderen oben stehen und konzelebrieren. Das ist entwürdigend! Ich spüre es körperlich und also sinnenhaft. Weihe trennt Menschen voneinander und erhebt einige über die anderen. Selbst in dieser Gemeinschaft. Sichtbarer können Bilder nicht sein. Sichtbarer können Bilder nicht wirken. Und ich bin drinnen – auf der anderen Seite. Jede Frau ist auf der anderen Seite, weil sie des Geschlechtes wegen immer Laiin ist. Weihe setzt Menschen über andere, sie stehen oben. Auch in einer gleichgeschlechtlichen Gemeinschaft. Auch in diesem Konvent. Da sind die einen, die Geweihten – und selbst die Messedienenden Brüder mussten den anderen am Altartisch Platz machen. Immer noch stehe ich für die Weihe der Frauen zu allen Ämtern im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit in dieser Kirche. Aber nach dem, was ich in vorstehendem Interview lese, meint eben Benedikt nicht, dass eine Gemeinschaft sichtbar in Oben und Unten gespalten wird.

    Sie versteht die katholische Kirche nicht
    Dass eine oder einer liturgische Leitung übernimmt, im Sinne von Verantwortung, das halte ich für richtig. Aber hier stehen die Geweihten im Schulterschluss zusammen. (Ach ja, sie müssen ja zelebrieren – für wen eigentlich?) Die Geschlechtergerechtigkeit ist der einzige Grund für mich, für die Weihe aller Menschen zu stehen. Grundsätzlich hat die Weihe allerdings auch bei mir ihre Kraft verloren, die sie einmal hatte. Ich halte sie für reformbedürftig und allenfalls im Sinne einer Beauftragung sinnvoll. Würde ich / werde ich – diese Kirche verlassen, tue ich es der Weihe wegen. Diese Kirche und ausschließlich Geweihte (und die Gläubigen, die diese Menschen auf Throne erheben und sich ihren mythischen Vorstellungen hingeben) und ihre Meinung von sich und der Besonderheit durch die Weihe machen das Leben in dieser Kirche schwer. Ich weiß, es wird wieder Menschen geben, die sagen: Sie verstehen die katholische Kirche nicht!

    Ich antworte: Die katholische Kirche versteht die Botschaft Jesu nicht. Sie regiert als Männerkirche und behauptet, dass Gott die Männer und dann nur die Geweihten bevorzugt. Wenn ich Herzklopfen bei einer Eucharistiefeier habe und das Weite suchen möchte, dann verstehe ich mich ganz gut und die Sprache meines Körpers und der sagt: Das tut Dir nicht gut, was Du hier erlebst. Und ich vermeide fortan diesen und ähnliche Orte. Das nennt man Abschiedsphase. Wie lang ich schon auf dem Weg bin… Es bleiben nicht mehr viele Gottesdienstorte übrig. Das schmerzt!

Feedback 💬

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert