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Dignitas infinita stellt die Menschenwürde auf den Kopf

15. April 2024

Transidentität ist mit dem katholischen Menschenbild unvereinbar. Dies bestätigt einmal mehr vom Dikasterium für die Glaubenslehre veröffentlichte Erklärung „Dignitas infinita“ über die menschliche Würde. Der sogenannten „Geschlechtsumwandlung“ erteilt das Papier eine klare Absage. Als Begründung wird angeführt, „dass jeder geschlechtsverändernde Eingriff in der Regel die Gefahr birgt, die einzigartige Würde zu bedrohen, die ein Mensch vom Moment der Empfängnis an besitzt“ (60). Transidente Menschen, ihre Familien und Freunde, queere Initiativen und Verbände reagierten entsetzt, enttäuscht und verärgert.

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Aus lehramtlicher Sicht ist klar: Wenn die menschliche Würde auf der Ebenbildlichkeit Gottes beruht und wenn diese Ebenbildlichkeit im Akt der Zeugung an das Kind weitergegeben wird – so wie es seinerzeit Papst Johannes Paul II. in seiner Evangelium vitae erklärt hat (43) – wenn also der Mensch seine Würde der natürlichen Zeugung durch einen Mann und eine Frau verdankt, dann ist konsequenterweise alles zu vermeiden und zu verhindern, was diesen Zeugungsakt be- oder verhindert. Die einzige Ausnahme von der Regel, die das Papier zulässt, bezieht sich auf intergeschlechtliche Menschen, aber gerade nicht auf transgeschlechtliche Personen.

Selbst Körperhaarentfernung unterlassen

Konkret bedeutet das, Hormonbehandlungen und geschlechtsangleichende Operationen, aber auch Körperhaarentfernung und Logotherapie, selbst Beratungsleistungen und Psychotherapie: Sie alle sind zu unterlassen, denn sie greifen mehr oder weniger direkt in die biologische Geschlechtlichkeit ein. Sie wirken sich, insofern sie eine Transition vorbereiten oder begleiten, nachhaltig auf die männliche oder weibliche Fruchtbarkeit aus. Die Positionierung ist nicht neu. Schon 2004 hat sich das Kompendium der Katholischen Soziallehre unter Berufung auf den Katechismus der Katholischen Kirche festgelegt:

„Gegenüber denjenigen Theorien, die die Geschlechteridentität lediglich als ein kulturelles und soziales Produkt der Interaktion zwischen Gemeinschaft und Individuum betrachten, ohne die personale sexuelle Identität zu berücksichtigen oder die wahre Bedeutung der Sexualität in irgendeiner Weise in Betracht zu ziehen, wird die Kirche es nicht müde, ihre eigene Lehre immer wieder deutlich zu formulieren: ‚Jeder Mensch, ob Mann oder Frau, muss seine Geschlechtlichkeit anerkennen und annehmen. Die leibliche, moralische und geistige Verschiedenheit und gegenseitige Ergänzung sind auf die Güter der Ehe und auf die Entfaltung des Familienlebens hingeordnet. Die Harmonie des Paares und der Gesellschaft hängt zum Teil davon ab, wie Gegenseitigkeit, Bedürftigkeit und wechselseitige Hilfe von Mann und Frau gelebt werden.‘ [KKK 2333] Aus dieser Sichtweise ergibt sich die Verpflichtung, das positive Recht dem Naturgesetz anzugleichen, dem zufolge die sexuelle Identität als objektive Voraussetzung dafür, in der Ehe ein Paar zu bilden, nicht beliebig ist (224).“ Weiterlesen… katholisch.de

Ursula Wollasch


Ursula Wollasch ist Seelsorgerin für Menschen, die ihr Geschlecht ändern wollen oder bereits geändert haben. Die Gespräche sind teils sehr intim. „Es betrifft nur ganz wenige Menschen und gleichzeitig löst das Thema Trans maximalen Stress in der Gesellschaft aus“, sagt Ursula Wollasch. Sie steht mit jenen in Kontakt, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. „Es ist kein ‚Thema‘, es geht um Menschen und wie wir sie und ihr soziales Umfeld begleiten“, so die Sozialethikerin.

Ursula Wollasch ist freiberufliche Theologin, Sozialethikerin und Autorin. Sie ist Ansprechperson für Trans*Menschen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Ihren Sitz hat sie in der Landeshauptstadt. Hier trifft sie trans Menschen und ihre Familien und Freunde. „Wie passen Körper, Geist und Seele zusammen?“, ist eine Frage, die dabei immer wieder gestellt wird. Ihre erste persönliche Begegnung hatte sie im Sommer vor Projektbeginn. Im Freibad stand am Beckenrad eine Person mit dem gleichen Badeanzug wie sie. Diesen Badeanzug jedoch trug keine Frau, sondern ein Mann. Oder eben doch eine Frau im Körper eines Mannes? „Die Begegnung hat mich berührt und beschäftigt. Trans war unmittelbar in meinem Leben angekommen“, erinnert sie sich.

Was brauchen Trans*Menschen?

Bei ihrer Arbeit stellt sie die Frage „Was brauchen trans Menschen?“ in den Mittelpunkt. „Es sind die persönlichsten, sensibelsten und intimsten Begegnungen, die ich in meinem beruflichen Leben bisher hatte. Es sind Themen, die man sonst nur mit dem Frauenarzt oder dem Partner bespricht“, erzählt Ursula Wollasch. Ihr ist es wichtig, das Thema Transgeschlechtlichkeit nicht isoliert zu betrachten, sondern die Person mit ihrem Umfeld wahrzunehmen. Wie geht eine Mutter mit einem Trans-Kind um? Wie ist es, als (erwachsenes) Kind mitzuerleben, dass der Vater zur Frau wird? Wie kommt ein Vater damit zurecht, dass aus der hübschen Tochter ein hübscher Sohn wird? Das sind Fragen, die Ursula Wollasch interessieren. Gleichzeitig geht es ihr darum, wie die katholische Kirche auf trans Menschen glaubwürdig zugehen kann. „Im Augenblick gibt es für sie nur medizinische und psychologische Hilfe. Mein Traum ist, dass sich Caritas und Pastoral zusammenschließen und wir bei Bedarf ein kirchliches Netz von Dienstleistungen ausspannen können. Dazu zählen auch spirituelle Begleitungen und Segensfeiern. Für mich ist das der richtige Zugang von Seiten der katholischen Kirche“, so die Theologin und Sozialethikerin. Und weiter: „Das Thema Trans stiftet maximale Verunsicherung.“ Noch gebe es viele Fragen, z.B. wie man mit dem Kinderwunsch von trans Menschen umgehe, die man weiterdenken und beantworten müsse. „Für uns als Kirche sind alle Menschen einzigartig. Es ist wichtig, dass Kirche sich für trans Menschen einsetzt und Unterstützung anbietet“, sagt die Theologin.

Zufriedenheit mit ihrem Körper

Ursula Wollasch ist katholische Theologin und promovierte Sozialethikerin. Sie war mehr als zwanzig Jahre auf verschiedenen sozialen Feldern der verbandlichen Caritas tätig und arbeitet seit 2020 als freiberufliche Autorin und Publizistin. Von 12/2022 bis 11/2023 war sie „Unabhängige Ansprechpartnerin“ für transgeschlechtliche Menschen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. In dieser Zeit ist das Buch „trans und katholisch. Für eine Kirche in der trans Menschen dazugehören“ im Patmos Verlag erschienen. „Es soll in leicht lesbarer Form informieren, Angst nehmen und Naivität entgegenwirken“, so die Theologin. Bei diesem Thema werde erst auf den zweiten Blick die Intensität wahrgenommen. „Ich schreibe einen Weckruf, der sich an Theologen und an Verantwortliche bei Caritas und Pastoral richtet.“ Damit möchte sie für einen toleranten, respektvollen und achtsamen Umgang mit trans Menschen eintreten. „Die Menschen, die sich in einer Transition befinden, wollen nur eines: endlich Zufriedenheit mit ihrem Körper finden“, ist sich Ursula Wollasch sicher.

Elisabeth Perković  | Stadtdekanat Stuttgart

 

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