Eigentlich soll Kirche den Glauben schützen. Die Mehrheit erlebt es derzeit anders. Wenn die Ergebnisse der veröffentlichten Münsteraner Missbrauchsstudie, die überschrieben ist mit: „Bischöfe und Laien im Schweigekartell“, gibt es keinen Glaubensschutz, keinen Schutz derer, die Jesus besonders am Herzen liegt, die Kleinen und Geringen. Vor allem wird der Institutionsschutz „Kirche“ gesehen…
Und wieder stellen sich Menschen und die Frage: Fühle ich mich mit meinem Glauben in der Kirche gut aufgehoben? Oder fegen all die Dinge, die immer mehr ans Licht kommen, einem das Dach über den Kopf weg? Was bedeutet es, wenn in den Bischofskirchen in den Gruften Bischöfe begraben liegen, die Täter geschützt und das Leid der Opfer nicht an sich herangelassen haben? Was bedeutet es für die Kleinen und Geringen, für die Opfer, wenn Straßen und Einrichtungen nach denjenigen benannt sind, die auf der Seite der Täter standen? Was bedeutet es, wenn der eigene bischöfliche Stuhl und die kirchliche Nestwärme wichtiger sind als Leiden, die durch Machtmissbrauch entstanden sind? Was bedeutet es, wenn der eigene bischöfliche Stuhl und die kirchliche Nestwärme wichtiger sind als Konsequenzen zu ziehen aus den nun seit Jahren herausgearbeiteten Zusammenhängen, die den Machtmissbrauch selbst begünstigt haben? Was bedeutet es, wenn Menschen, die sich in den Beratungen des Synodalen Weges bemühen, ausgehend von den Missbrauchsverbrechen Reformen zu erwirken, von Seiten des Papstes etwa die Einschätzung dazu hören, es sei problematisch „wenn der Synodale Weg von den intellektuellen, theologischen Eliten ausgeht und sehr stark von äußeren Zwängen beeinflusst wird“?
Dann berichtet eine Reportage, dass der frühere Adveniat-Geschäftsführer und Bischof Emil Stehle Priestern, die in Deutschland mutmaßlich Missbrauch begangen hatten, die Flucht in Länder Lateinamerikas ermöglicht haben soll. Ich sitze – wie vermutlich viele – vor dem Fernseher und erstarre, weiß nicht, ob ich schreien oder nicht doch zum Amtsgericht gehen soll. Nach und nach fallen sie alle von den Sockeln, diese von der Kirche Geehrten, und es sind vornehmlich Reporterinnen und Reporter, Journalistinnen und Journalisten, die uns hinter den schweren Vorhang blicken lassen. Die Bischöfe sind die abwartenden, tatsächlich nur auf Druck und Zwang Reagierenden. Ein Bericht dieser Tage trägt den Titel: Die Missbrauchskrise wird mehr und mehr zur Bischofskrise. Und immer klarer wird: Es reicht nicht, ein paar Steinchen im Gebäude Kirche auszutauschen das Gebäude selbst ist morsch. Ist diese Kirche krank? Blind? Böse? Unfähig? Oder doch „nur“ Machtversessen? Mit diesen Fragen und Gedanken höre ich die Frage Jesu im Evangelium: Für wen halten mich die Leute? Für wen hält du mich? Und ich merke, wie ich an einen Jesus außerhalb dieser Kirche glaube, an einen, der Unrecht beim Namen nennt, ohne Angst Missstände ausspricht, auf der Seite der Verletzten, Gedemütigten und Missbrauchten ist.
Ich sehe ihn nicht vertreten durch Menschen, die mit Stab, Mitra und Gewand daherkommen; ich sehe ihn in den Weinenden, Klagenden, Durstigen und um ihr Recht Ringenden. Immer noch scheint es ein Kreuz zu sein, Menschen vom Rand in die Mitte zu holen, eigenes Handeln vom Leiden der Schwachen ausgehen zu lassen. Immer noch wird Jesus gekreuzigt, nach wie vor nicht von den Zöllnern, nicht von den Dirnen, aber von jenen, die meinen, sie hätten Gott an ihrer Seite, die aber in Wahrheit nur um sich selbst kreisen. Uns eint, was wir hier feiern. Uns verbindet, was in der Taufe grundgelegt wurde. Uns macht Hoffnung, was wir an Verheißungen hören dürfen.
Bernd Mönkebüscher
Der katholische Bischof von Osnabrueck, Franz-Josef Bode, sprach am Mittwoch (11.11.2015) bei der Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Bremen ein Grusswort. In der Besinnung auf die Barmherzigkeit Gottes koennten sich nach Ansicht von Bode Protestanten und Katholiken gemeinsam auf das Reformationsjubilaeum 2017 vorbereiten. Mit dem gemeinsamen Blick auf die Barmherzigkeit, die uns ohne unser Verdienst geschenkt wird , koenne das Christusfest zum 500-jaehrigen Gedenken der Reformation weiter gefuellt werden , sagte der Osnabruecker Bischof. Bode sprach in seinem Grusswort vor dem Kirchenparlament von einer gemeinsamen Aufgabe der beiden Kirchen (Siehe epd-Meldung vom 11.11.2015) Bischof Bode spricht Grusswort bei EKD-Synode in Bremen Copyright: epd-bild/HannoxGutmann the Catholic Bishop from Osnabrueck Franz Joseph Bode said at Wednesday 11 11 2015 at the Synodentagung the Protestant Church in Germany EKD in Bremen a Greeting in the Reflection on the Mercy God could to after View from Bode Protestants and Catholics together on the Reformationsjubilaeum 2017 prepare with the common Glance on the Mercy the us without Our Earnings Free will can the Christusfest to 500 year olds Remembrance the Reformation further filled will said the Osnabruecker Bishop Bode said in his Greeting before the Church of Parliament from a common Task the both Churches See epd Message of 11 11 2015 Bishop Bode speaks Greeting at EKD Synod in Bremen Copyright epd Picture HannoxGutmann
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Nun also Münster. Viele gut katholische Christenmenschen seufzen: „Ich kann das nicht mehr hören“. Hochwürdigste Herren – der Bischof, der Personalchef, die Weihbischöfe, allesamt geweiht und moraltheologisch geschult – sitzen beieinander. Sie sprechen über den lieben Bruder und diese, also diese unschönen Vorfälle. Über die Sache mit den Kindern. Na, Sie wissen schon.
Viele wussten viel. Das ist ein zentraler Befund der Missbrauchsstudie zum Bistum Münster, die ein wissenschaftliches Team unter der Leitung des Historikers Thomas Großbölting an diesem Montag vorstellte. Von 610 Betroffenen und knapp 200 beschuldigten Klerikern seit 1945 ist darin die Rede – Zahlen, destilliert aus kirchlichen Akten und aus Gesprächen mit jenen, die als Kinder und Jugendliche missbraucht wurden. Anders als rein rechtliche Gutachten lesen sich die knapp 600 Seiten streckenweise wie die Mentalitätsgeschichte einer gut katholischen Hölle.
Der Katholizismus war im Münsterland allgegenwärtig. Wollte ein geweihter Mann Taten anbahnen, fand er ständig Gelegenheiten, mit Kindern in Kontakt zu kommen: in der Sakristei, in der Beichte, in der Ferienfreizeit. Die Bischöfe wiederum hatten die Macht, beschuldigte Priester wie einen Schatz zu hüten. Und so saß die hohe Geistlichkeit in Küchenkabinettsrunden, später Personalkonferenz genannt, zusammen, sorgte sich um den Bruder und scherte sich weder um die Opfer, die es schon gab, noch um die Opfer, die es nach einer Versetzung des Priesters geben könnte. Wie der Auftritt als moralische Instanz nach außen und die moralische Verkommenheit im inneren, wie die süßliche Hirtenlyrik und die eiskalte Ignoranz gegenüber den Kindern und Jugendlichen zusammengehen – das kann auch diese Studie nicht vollständig klären. Aber sie zeigt das Un-Sittengemälde, beklemmend und eindrücklich.
Kirchliche Spitzenkräfte wussten alles, vor allem wussten sie, dass es keine Einzelfälle waren, wie sie 2010 behaupteten. Aber auch die sogenannten Laien, also die nicht nicht-geweihten Gläubigen, waren oft eingeweiht. Der geschichtswissenschaftliche Blick gilt auch den Umstehenden, den Mitläufern. „Bystander“ heißt der Fachbegriff aus der Schuldgeschichtsforschung. Manchmal wusste das ganze Dorf vom Missbrauch und meistens standen die Bystander zum Priester.
Es wird nichts nützen, wieder an die Moral der Kirchenhierarchen zu appellieren. Es wird nichts nützten, wieder die Politik an ihre Verantwortung für eine wirklich unabhängige Aufarbeitung zu erinnern, sie wird tatenlos noch 20 weitere Gutachten abwarten. Die Münsteraner Studie erzählt die unerträglichen Geschichten in verständlicher Sprache. Vielleicht rüttelt sie die Gewissen jener auf, die sich noch als Katholikinnen und Katholiken begreifen. „Wir können das nicht mehr hören“, seufzen gute Christenmenschen, anstatt sich um Gerechtigkeit für Betroffene zu bemühen. Noch stecken zu viele im Bystander-Modus fest.
Aus der Dlf Audiothek