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Ersatzfreiheits- und Kurzstrafen zu Coronazeiten

22. März 2020

Das Corona-Virus macht nicht vor Gefängnismauern halt. Daher fordert die Deutsche AIDS-Hilfe und andere Organisationen mit einem Schreiben an die JustizministerInnen der Länder, dass Ersatzfreiheits- und Kurzstrafen ausgesetzt bzw. betroffene Inhaftierte entlassen werden. Dadurch sollen Inhaftierte, Bedienstete und die Gesamtbevölkerung vor weiterer Ansteckung geschützt werden.

Gerade Menschen, die zu einer Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt wurde, weisen oftmals multiple Problemlagen auf, darunter auch ein allgemein schlechter Gesundheitszustand z.B. durch Suchterkrankung oder chronische Atemwegserkrankungen. Generell sind Inhaftierte häufiger mit Vorerkrankungen belastet als die Allgemeinbevölkerung. Erschwerend kommt hinzu, dass in vielen Justizvollzugsanstalten Ärztemangel besteht. Eine Ausbreitung des Corona-Viruses hätte daher gravierende Folgen, auch weil viele Menschen auf engem Raum untergebracht sind und das eine Ansteckung beschleunigt.

Rundschreiben Ministerien der Justiz

Es stellt sich die Frage nach einem verbesserten Umgang in den Justizvollzugsanstalten der Bundesrepublik. Hier sind Menschen untergebracht, die wesentlich häufiger von schweren Vorerkrankungen betroffen sind, als in der Gesamtbevölkerung. Der Justizvollzug leidet schon seit längerer Zeit an einem Ärztemangel, freie Stellen können aufgrund fehlender geeigneter BewerberInnen nicht nachbesetzt werden. Ein weiteres Problem ist, dass viele Menschen auf engem Raum untergebracht sind und die baulichen Gegebenheiten oftmals eine gute Zufuhr frischer Luft erschweren.

Dies sind alles Faktoren, die eine Ausbreitung dieses Virus begünstigen. Um Inhaftierte, Bedienstete und damit auch die Gesamtbevölkerung zu schützen, fordern die unterzeichnenden Organisationen und Verbände, der auch die Katholische Arbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (KAGS) angehört, die Aussetzung der Ersatzfreiheits- und Kurzzeitstrafen. Insbesondere unter denen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, befinden sich viele Menschen mit einer Suchterkrankung, die auch unter chronischen Atemwegserkrankungen leiden. Die ersatzweise Verbüßung einer Geldstrafe erscheint insbesondere in diesen Zeiten als unverhältnismäßig und zu risikobehaftet.

Mit der Entlassung oder der Aussetzung der Ersatzfreiheitsstrafe wären 10% und mit der Entlassung oder Aussetzung der Kurzzeitstrafen (bis einschl. 9 Monate) weitere 34% weniger Gefangene in den Haftanstalten untergebracht. Weitere Maßnahmen, wie eine großzügigere Handhabung der Entlassung zur Halbstrafe u.a. sind zu prüfen. Mit einem solchen Schritt werden die zu Entlassenen und auch die weiterhin Inhaftierten und Beschäftigten besser geschützt. Zudem würden die medizinischen Dienste eine notwendige Entlastung erleben. Menschen, die in Berlin wegen nicht gezahlter Geldstrafen in Haft müssen, bleiben wegen der Coronakrise vorerst verschont. Es gelte jetzt ein Aufschub von vier Monaten, sagte der Sprecher der Berliner Justizverwaltung. Es soll damit die mögliche Ansteckungsgefahr mit dem neuartigen Coronavirus reduziert werden. Zugleich werden die medizinischen Ressourcen im Justizvollzug konzentriert.

 

2 Rückmeldungen

  1. Thünemann sagt:

    Wir haben als Bedienstete im Gefängnis noch einen anderen Auftrag. Es geht darum, die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Gefangenen aufrecht zu erhalten, um den Anstaltsfrieden zu bewahren und die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt zu gewährleisten. Wir müssen also abwägen. Was draußen gilt, muss hier angepasst werden. Wir sind auch ein Stück im Gefängnis zuhause!

  2. Altmann sagt:

    Ich denke, dass in Zeiten von CORONA auch Schutzmaßnahmen in den Gefängnissen auf verschiedenen Ebenen wirken. Ich habe momentan bei den JVA´en den Eindruck, dass innerhalb des Systems wenig Maßnahmen, zu denen aktuell “draußen” die Bevölkerung strikt aufgefordert ist, eingehalten werden. Es ist doch so, dass auch dort jeden Tag BeamtInnen, SeelsorgerInnen, SozialarbeiterInnen etc. ein- und ausgehen und sich versammeln, zu Freizeitmaßnahmen oder zu Dienstbesprechungen. WER bitte, frage ich Sie, kontrolliert dort, die sogenannten “In-door-Versammlungen”? Auch hier ist die Ansteckungsgefahr ohne Kontrolle täglich gegeben. Vielleicht ist es mal wert, dies zu betrachten.

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