Menschen, die gefangen sind, sind häufig in der Gesellschaft nicht präsent und werden somit schnell übersehen. Besonders schwer ist es für Menschen, die inhaftiert wurden, weil sie kriminelle Handlungen vollzogen haben. „Sie sind ja selber schuld.“ oder „Man soll keine Täter zu Opfern machen“, heißt es da. Nicht nur der Blick in die Bibel zeigt, dass Menschen dennoch eine zweite Chance verdient haben und dass auch diese Menschen jemanden brauchen, der an sie glaubt. Inhaftierte zu besuchen oder sie zu unterstützen, ist ein Werk menschlicher Größe und ausgeprägter Barmherzigkeit, weil es voraussetzt, dass man trotz aller Gründe, die dagegen sprechen, sich eben trotzdem für diese Menschen engagiert.
Es basiert auf der Fähigkeit verzeihen zu können, an das Gute in jedem Menschen zu glauben und eine Umkehr zuzutrauen. Der Caritasverband Soest im Jahr 2013 einen Aufruf gestartet, nachdem ein Mangel an Ehrenamt in Gefängnissen festgestellt wurde. Gleich 30 Menschen haben sich gemeldet und wurden daraufhin geschult. Sie besuchen nun regelmäßig Inhaftierte und sind für diese eine wichtige Stütze. Frau Woywod arbeitet im CKD-Kleiderladen in Delbrück und berichtet von Gefängnisinsassen, die regelmäßig den Kleiderladen besuchen, wenn sie Freigang haben. Zuerst wäre ein Mann regelmäßig zu ihnen in den Laden gekommen.
Erst nach einigen Besuchen sind die Mitarbeiterinnen intensiver mit ihm ins Gespräch gekommen und er hat erzählt, woher er kommt und dass er im Gefängnis ist. Seither wären auch 5-6 andere Inhaftierte gekommen. Manche kommen immer wieder und nutzen die Zeit auch für Gespräche. Für einen Mann, der immer eine Übergröße benötigt, legen die Mitarbeiterinnen schon Kleidung zur Seite, die ihm passen könnte. Frau Woywod erzählt, dass eigentlich nie konkret für die Zielgruppe Werbung gemacht wurde und dass es sich einfach so entwickelt hätte. Sie hätte auch keinerlei Berührungsängste. Die Männer seien durchgängig sehr sympathisch. Frau Woywod ist es auf jeden Fall wichtig, jedem Kunden wertschätzend und vorurteilsfrei gegenüberzutreten. Da dürfte es auch keinen Unterschied machen, ob der Mensch reich ist oder ob er im Gefängnis sitzt.
Um den Inhaftierten den Rücken zu stärken und Ihnen einen vertrauensvollen Austausch zu ermöglichen, der der Schweigepflicht unterliegt, gibt es in den Justizvollzugsanstalten GefängnisseelsorgerInnen. Herr King, Gefängnisseelsorger im Jugendvollzug Herford, berichtet, dass für viele Jugendliche eine große Hoffnung damit verbunden ist, was Seelsorger für sie erreichen können. Alle Jugendlichen haben eine Vorgeschichte und sind bereits weit vorher durch das System gerutscht. „Manche haben in ihrer Kindheit ein Wechselspiel zwischen Oma, Stiefvater, der leiblichen Mutter, Aufenthalte in Kinderheimen oder Kinder- und Jugendpsychiatrien hinter sich. Aus den Biographien der Jugendlichen und deren Delinquenzen wird deutlich, dass sie eine Unzahl an Entbehrungen und Benachteiligungen, Naivität und Sorglosigkeit, Aggressionen und Beeinflussungen ausgesetzt waren und sind. Mangelnde Zuwendung, zerrüttete Familien, Kulturschock, keine oder nur eine bruchstückhafte Schulbildung haben sie gelehrt, ihren Mangel durch zweifelhafte und schließlich kriminelle Strategien zu kompensieren.“, stellt Michael King fest.
Deshalb ist es wichtig, dass Sie gesehen werden und Zuwendung erfahren, um nicht erneut in alte Muster zurückfallen. Ehrenamtliche, die Ihnen Austausch und Unterstützung bieten, können hier eine große Hilfe sein. Herr King berichtet, dass Ehrenamtliche in der Arbeit mit Gefangenen besonders im Besuchsdienst, in gottesdienstlichen Feiern, in einem Angebot der Schulförderung sowie in einzelnen Projekten der Bereiche Kunst, Musik oder Theater vorkommen. Als Caritas-Konferenzen haben wir uns auf die Fahne geschrieben, auch an die Grenzen der Gesellschaft zu gehen. Wagen Sie also auch einmal einen Blick über die Gefängnismauern hinweg. Bei Fragen oder Ideen wenden Sie sich gerne an unsere Geschäftsstelle.
Rebekka Schade | Caritas Paderborn