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Die verschärfte Migrationspolitik kann keine Lösung sein

6. Juni 2025

Die gegenwärtige Migrationspolitik hat sich erheblich verschärft. Unter dem Druck der AfD hat die Regierung unter Führung der CDU/CSU und der SPD Maßnahmen erlassen, die inhuman und rechtswidrig sind. Die Sozialethikerin, Prof. Dr. Michelle Becka macht sich in ihrem Kommentar Gedanken zu dieser Art von Migrationspolitik.

Weil es nicht vergessen werden darf, erneut ein paar Gedanken zum Thema Migration: Die gegenwärtige Migrationspolitik ist falsch! Aus folgenden Gründen:

Humanitär

Es ist (noch mehr!) aus dem Blick geraten, dass es um Menschen geht, nicht Zahlen. Leid und Sterben von Menschen werden ignoriert. An den Grenzen – eine Situation, die wir völlig verdrängen. Und bei Abschiebungen. 2 Beispiele: In Offenbach wird eine Kita-Angestellte (Afghanin mit Pädagogik-Studium) nach Litauen abgeschoben. Aus Frankfurt wird die afghanische Familie K. nach Indien abgeschoben. Sie gehört der Minderheit der Sikh an, hat aber keinen Bezug zu Indien. Der Sohn stand drei Wochen vor dem Hauptschulabschluss. In beiden Fällen traten die Einrichtungen, die Kommunen und BürgerInnen für die Familien ein. Erfolglos.

Kinderschutz

Immer häufiger werden Kinder aus Schulen und Kitas herausgeholt und abgeschoben – vor anderen Kindern und ohne Abschied. Besonderer Schutz von Kindern? Fehlanzeige.

Ökonomisch

Für die Wirtschaft sind diese Abschiebungen eine Katastrophe. Während Fachkräfte fehlen, werden integrierte Migranten aus Ausbildungs- und Arbeitsverhältnissen entfernt. Das ist auch im Sinne des Eigeninteresses falsch. Außerdem verschärft sich das Bild der einwanderungsfeindlichen Gesellschaft, was den Zuzug von Fachkräften erschwert. Und dass die Grenzkontrollen ökonomisch schädlich sind, ist noch mal eine ganz andere Geschichte.

Rechtlich

Das Berliner Verwaltungsgericht bestätigt, dass die Zurückweisungen an den Grenzen rechtswidrig sind. Das war keine Überraschung. Aber die Regierung ignoriert das. Weniger bekannt, aber ein Paradigmenwechsel: Die Bundesregierung plant den Wechsel vom Amtsermittlungs- zum Beibringungsgrundsatz. Das heißt, dass Asylsuchende im Asylprozess alle relevanten Informationen selbst erbringen müssen. Das mag im Zivilstreit über Blätter im Garten vom Baum des Gartens machbar sein – im Asylprozess, wo immer die gesamtpolitische Lage im Herkunftsland (und auf dem Weg) mit eingeht, ist das kaum machbar, schon gar nicht von Menschen, die das System und die Sprache nicht kennen und vielleicht traumatisiert sind.

Gesellschaftlich

Diese Politik stärkt ein Klima der Feindlichkeit. Dass der Richter des Berliner Verwaltungsgerichts wegen des oben genannten Urteils bedroht wird, ist nur ein Beispiel.

Sicherheit

Die Aufhebung des Familiennachzugs bei subsidiär Schutzberechtigten verstößt nicht nur gegen den Schutz der Familie, sondern wird Unsicherheit im Land eher erhöhen. Allein lebende junge Männer (die anteilig am häufigsten Asyl suchen – auch weil sie am ehesten den gefährlichen Weg auf sich nehmen), werden sich schwerer integrieren und werden statistisch eher straffällig, als solche, die in familiären Zusammenhängen leben.


Finanziell

Die Einsparungen bei Integrationskursen (keine Kinderbetreuung, keine Fahrtkostenübernahme, keine spezifischen Kurse mehr) erschwert die Integration. Das kann eigentlich keine Gesellschaft wollen. Niemand spricht darüber, was die Politik der Abschottung Deutschland und die EU kostet… Die Liste ließe sich fortsetzen. All das heißt nicht, dass es keine Migrations- und Integrationspolitik bräuchte. Doch. Aber nicht so! Eine kluge Einwanderungspolitik sollte ehrlich sein und sie sollte die Ergebnisse der letzten Jahrzehnte der Migrationsforschung ernst nehmen. Dazu gehört auch die Einsicht, dass strengere Regeln oft das Gegenteil von dem bewirkt haben, was sie erreichen wollten. Man lese die empirischen Ergebnisse dazu etwa von Hein de Haas. Fazit: Es ist unerträglich!

Prof. Dr.in Michelle Becka | Universität Würzburg

 

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