Die Gefängnisseelsorge (ev. und kath.) in Deutschland hat eine Stellungnahme zur andauernden Untersuchungshaft von Maja T. und der drohenden Auslieferung weiterer Angeklagter im sogenannten „Budapest-Komplex“ nach Ungarn verabschiedet. Es geht nicht um die juristische Beurteilung mutmaßlicher Vorwürfe, sondern um die unrechtmäßige Auslieferung von Maja T. nach Ungarn und deren Haftbedingungen.
Hintergrund
Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht ein Mensch, der sich weder als ausschließlich männlich noch weiblich versteht: Maja T. ist das, was als non-binär bezeichnet wird. Im Juni 2024 wurde Maja T. von Deutschland an Ungarn ausgeliefert und befindet sich seitdem in Isolationshaft in einem Budapester Gefängnis. Im Februar 2025 hat der Prozess begonnen. Die ungarische Staatsanwaltschaft wirft dem aus dem thüringischen Jena stammenden Häftling vor, im Februar 2023 in Budapest mehrere Menschen überfallen und schwer verletzt zu haben. Die Geschädigten hatten sich an einem jährlich stattfindenden Aufmarsch von Neonazis aus ganz Europa beteiligt.
Zum Auftakt des Strafverfahrens wurde Maja T. in Handschellen und mit Fußfesseln von Sicherheitspersonal an einer Leine in den Gerichtssaal geführt. Die Staatsanwaltschaft machte Maja T. das Angebot, ein Schuldgeständnis abzulegen und dafür ohne weitere Verhandlung 14 Jahre Haft zu akzeptieren. Darauf ließ sich Maja T. nicht ein. Zum Inhalt der Anklage – mehrfache schwere Körperverletzung – äußerte sich Maja T. nicht.
Deutsch-ungarischer Justizskandal | DW
Petition der Eltern | Change.org
Republikanische AnwältInnen (RAV)
Auslieferung von Maja T. unzulässig | tagesschau.de
Maja T.´s Vater über die Haft | taz.de
Auslieferung nach Ungarn verhindern | YouTube
Budapest-Komplex | True-Crime-Podcast
Maja T. sitzt seit Juni 2024 in ungarischer Untersuchungshaft. Maja und anderen Angeklagten wird der Angriff auf Teilnehmenden einer neonazistischen Demonstration am sogenannten „Tag der Ehre“ und die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Acht weitere Angeklagte haben sich im Januar den deutschen Behörden gestellt. Ihnen droht ebenso die Auslieferung nach Ungarn. Die erfolgte Überstellung nach Ungarn von Maja T. wurde vom Bundesgerichtshof auf Grund einer laufenden Überprüfung des Auslieferungsantrags für rechtswidrig erklärt. Die ausführenden Behörden hatten sich bei der Auslieferung selbstermächtig über geläufige Standards und rechtstaatliche Strukturen hinweggesetzt.
Unbegrenzte Untersuchungshaft
Dennoch sitzt Maja weiterhin in einem ungarischen Gefängnis, eine Rücküberstellung fand noch nicht statt. Das Gefängnis- und große Teile des Justizsystems in Ungarn entsprechen nicht den rechtsstaatlichen Standards. Sowohl staatliche wie auch nichtstaatliche BeobachterInnen weisen auf die fehlende Unabhängigkeit von RichterInnen, die ideologisierte Rechtsprechung und die bestätigte Korruption innerhalb des Justizsystems hin. Ein faires Verfahren ist so nicht zu erwarten. Untersuchungshaft kann in Ungarn zusätzlich unbegrenzt verhängt werden. Für die oben beschriebenen vorgeworfenen Straftaten stehen völlig überzogene Freiheitsstrafen bis zu 24 Jahre! im Raum. Weiterhin berichten entlassene Gefangene von völlig unhaltbaren Zuständen innerhalb der Gefängnisse. Hygienische Standards, die für eine menschenwürdige Unterbringung notwendig wären, werden nicht eingehalten. Von massivem Machtmissbrauch der Bediensteten wird berichtet.
Queere Person
Im Falle von Maja T. ergibt sich die Situation, dass sie als queere Person von Diskriminierungen betroffen ist. Queere Menschen sind an einem gewaltvollen Ort wie dem Gefängnis in einer besonders gefährdeten Position. Innerhalb einer Gesellschaft wie die der ungarischen, die von queerfeindlicher Rechtsprechung und Gesetzgebung geprägt ist, ist diese Bedrohung besonders akut. Als PraktikerInnen innerhalb des Gefängnissystem blicken wir mit großer Sorge auf die Lage, in der sich Maja T. und weitere Angeklagten des Budapest-Verfahrens befinden. Als Gefängnisseelsorge fordern wir von den zuständigen Behörden, dass keine weiteren Auslieferungen in das ungarische Justizsystem stattfinden. Ein faires Verfahren in den Heimatländern der Angeklagten soll sichergestellt werden. Wir bitten alle politischen und kirchlichen Verantwortlichen in diesem Zusammenhang diplomatische Bemühungen anzustreben, um eine Rücküberstellung möglich zu machen. Wir schließen Maja T. in unsere Gebete ein. Wir hoffen, dass hen (das Pronomen bei non-binären Personen) in dieser schwierigen Situation seelsorgerliche und ein vertrauensvolle Begleitung erfährt.