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Talk am Dom: Schwester Corona und der Fußballgott

27. September 2020

Ein Zeitzeuge der Deutschen Demokratischen Republik und der Grenzöffnung, eine junge Theologin, die gerne Priesterin werden möchte, ein Fußballprofi, der Priester geworden ist und die Vorsitzende der katholischen Friedensbewegung „pax christi“ waren die Gäste der Gesprächsreihe „Talk am Dom – Menschen, Themen, Standpunkte“ in Fulda. Musikalisch mitgestaltet hat das Programm Gefängnisseelsorger Meins Coetsier mit seiner Band. Moderiert wurde die Talkrunde von Danie Kleideiter vom Hitradio FFH.

Katholische Priesterin werden

Die Theologin Jacqueline Straub hat kürzlich ihren 30. Geburtstag gefeiert. Bekannt geworden ist Jacqueline Straub mit ihrer Forderung: „Ich will katholische Priesterin werden.“ Im Gespräch mit Danie Kleideiter erläuterte die Wahl-Schweizerin ihren Wunsch, nicht nur als Ministrantin am Altar dienen zu können – ihre Sehnsucht, Sakramente feiern zu dürfen: Sie lebe aus dieser Hoffnung heraus und habe die Hoffnung, „dass die Bischöfe Mut finden, darüber zu reden und andere Lösungen für die Rolle der Frau in der Kirche zu finden.“ Sie will nach eigenen Worten „laut bleiben“, aber nicht verbittern – auch wenn dies noch Jahrzehnte dauern könne. Der britische Sender BBC hat sie auf die Liste „BBC 100 Women 2018“ gewählt und zählt zu den 100 inspirierenden und einflussreichsten Frauen der Welt.


Kein Weihnachten in Moria

Eine weitere starke Frau stellte sich den Fragen von Moderatorin Danie Kleideiter: Stefanie Wahl, Bundesvorsitzende der katholischen Friedensbewegung „pax christi“. Die studierte Politikwissenschaftlerin hat das Geflüchtetenlager Moria in Griechenland besucht und berichtete in der Talkrunde von ihren Beobachtungen dort und der Forderung: „Kein Weihnachten in Moria“. Es müsse darum gehen, Notleidenden zu helfen und Geflüchtete aufzunehmen: „Deutschland hat die Aufnahmekapazitäten und die finanziellen und personellen Kapazitäten, diese Menschen aufzunehmen. Bundesländer, Landkreise und Städte haben sich schon von sich aus bereiterklärt, Menschen aus den Geflüchtetenlagern bei sich unterzubringen.“ Deshalb müsse die Bundesregierung jetzt handeln, „um dieses Leiden und Sterben auf europäischem Boden endlich zu beenden“, forderte Stefanie Wahl beim „Talk am Dom“.


DDR-Zeitzeuge: Corona hat mich geschützt

Ebenso eindrücklich wie die Bilder und Erzählungen aus Moria schilderte Klaus-Jürgen Tiller aus seinem Leben. Er ist Zeitzeuge bei der „Point Alpha Akademie“ in Geisa. Klaus-Jürgen Tiller lebte in der DDR und stand dem System stets kritisch gegenüber. Tiller, selbst engagierter Katholik und ehemaliger Mitarbeiter der Caritas, organisierte unter anderem die Friedensgebete in Geisa. Ein wichtiger Schritt, zur friedlichen Revolution, die schließlich zum Mauerfall führte. Tiller – von der Stasi beobachtet – hat damals gute Erfahrungen mit Corona gemacht: Mit „Schwester Corona“! Eine in Geisa tätige Ordensschwester mit diesem Namen hat ihn mehrfach gewarnt, wenn ihr zu Ohren gekommen war, wann und wo es mit Blick auf die Stasi-Aktivitäten ratsam war, zum eigenen Schutz zurückhaltend zu sein. Einige Tage lang hatte Tiller nach dem Mauerfall in Berlin „den Schlüssel zum Tor zur Welt“ vor Ort – zum dem Tor im „Eisernen Vorhang“ zwischen Rasdorf und Geisa. Eine spannende Lebensgeschichte, die im „Talk am Dom“ aufmerksame Zuhörer und Zuhörerinnen fand.


Fußballschuhe gegen Messgewand

„Die Faszination des Katholischen“, brachte Patrick Kaesberg zum Umdenken. Heute ist er Vikar im Dekanat Siegen im Erzbistum Paderborn. Früher war er Fußballprofi bei SV Darmstadt 98. Er tauschte seine Fußballschuhe gegen das Messgewand. Bei „Talk am Dom“ berichtete er von seinen Zweifeln und seinem Hadern, schließlich war Fußballprofi werden immer sein Kindheitstraum. Doch dann wurde ihm deutlich, dass Geld, Karriere und Frauen nicht alles im Leben sind, berichtet Vikar Kaesberg. Heute beschäftigt ihn die Frage: „Was bringt die Menschen näher zum Herrn?“ Er sieht sich „unterwegs zum Himmel“ und will als Priester andere Menschen einladen, mitzukommen, zum Fußballspielen kommt er in seinem Alltag heute nur noch selten. Wenn aber, dann mit Leidenschaft für einen regionalen Fußballverein in der Kreisliga.


Ökumene – im Knast funktioniert das gut

Mit seinem niederländischen Charme überzeugte Diakon Dr. Meins Coetsier das Publikum. Er berichtete von seinem Einsatz als Gefängnisseelsorger in den Justizvollzugsanstalten Hünfeld und Fulda. Durch eigene Umzüge im Leben und seine aktuelle Tätigkeit hat er immer wieder festgestellt, „dass Gefangene von heute Nachbarn von morgen sind und Nachbarn von heute Gefangene von morgen werden können.“ Sein Wunsch: Den Menschen hinter Gittern Menschenwürde zu sichern und Gehör zu verschaffen. Das schafft er mit kreativen Projekten, wie einem Witzebuch aus dem Gefängnis, einer Gefängnis-Band und Kooperation mit evangelischen Kollegen: „Ökumene – im Knast funktioniert das gut.“ Der leidenschaftliche Musiker sorgte mit seiner Band „Divine Concern“ für die musikalische Gestaltung des Talk-Abends.

Text: Osthessen-News | Fotos: Bistum Fulda | Zur Sendung

 

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