Der Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat die deutsche Sicherungsverwahrung eines verurteilten Sexualmörders letzten Dezember abgesegnet. Damit ist der Mann, der seine Menschenrechte verletzt sah, in Straßburg endgültig gescheitert. Das deutsche System zur Sicherungsverwahrung hat sich erneut vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bewährt: Die Straßburger Richter billigten die Sicherungsverwahrung eines verurteilten Sexualstraftäters, der dagegen vorgegangen war.
Die deutschen Gerichte hätten mittels Expertengutachten hinreichend dargelegt, dass der Mann an sexuellem Sadismus leide und in Freiheit weitere Straftaten begehen könnte, argumentierte das Gericht. Seine Sicherungsverwahrung sei daher nicht willkürlich gewesen und habe nicht gegen das Recht auf Freiheit verstoßen.
Außerdem unterstrichen die Richter, dass die Unterbringung des Mannes vor allem darauf abgezielt habe, seine psychische Störung zu behandeln. Seine Sicherungsverwahrung sei daher nicht als Strafe anzusehen – damit sei auch der Grundsatz “keine Strafe ohne Gesetz” nicht verletzt worden. Die 17 Richter der Großen Kammer bestätigten mit ihrer Entscheidung mehrheitlich ein erstinstanzliches Urteil vom Februar 2017, gegen das der Kläger Rechtsmittel eingelegt hatte. Die Entscheidung der Großen Kammer ist definitiv.
Geklagt hatte ein Mann, der 1997 im Alter von 19 Jahren eine Joggerin getötet und sich anschließend an ihr vergangen hatte. Er wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt – das Maximum nach Jugendstrafrecht. Nach Verbüßung der Haft wurde er 2008 in Sicherungsverwahrung genommen, weil er von Gutachtern als weiterhin gefährlich eingestuft wurde. Mehrere Beschwerden gegen diese Entscheidung wies die deutsche Justiz zurück. Seit Juni 2013 befindet sich der heute 40-Jährige in der Abteilung für Sicherungsverwahrung der Justizvollzugsanstalt Straubing, wo er psychiatrisch betreut wird.
Vor dem Straßburger Gerichtshof machte der Kläger unter anderem Verstöße gegen die Grundrechte auf Freiheit und einen fairen Prozess geltend. Außerdem warf er der Bundesrepublik vor, gegen das Prinzip “keine Strafe ohne Gesetz” verstoßen zu haben, weil die maximale Dauer der Sicherungsverwahrung nachträglich verlängert worden war. Das fragliche Gesetz war im Jahr 2013 angepasst worden. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Deutschland mehrfach deswegen verurteilt – unter anderem, weil sich die Lebensbedingungen der Gefangenen früher nur unwesentlich von denen im regulären Strafvollzug unterschieden. Zuletzt hatte sich das Straßburger Gericht mit der Neugestaltung aber wiederholt zufrieden gegeben.
Die Sicherungsverwahrung verhängen deutsche Gerichte anders als die Haft nicht als Strafe, sondern als präventive Maßnahme. Sie soll die Bevölkerung vor Tätern schützen, die ihre Strafe für ein besonders schweres Verbrechen bereits verbüßt haben, aber weiter als gefährlich gelten. Die Bedingungen müssen aber deutlich besser sein als im Strafvollzug; ein Schwerpunkt muss auf einem guten Therapieangebot liegen.