Im Rahmen des Treffens in Rom am Tag der Gefangenen mit Papst Leo XIV führte Doris Schäfer von der Arbeitsgemeinschaft International der Katholischen Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V. zwei Interviews. Zum einen mit der brasilianischen Leiterin der katholischen Gefängnisseelsorge in Brasilien, Sr. Petra Pfaller, sowie mit dem ukrainischen Leiter der griechisch-katholischen Gefängnisseelsorge, Oleh Nestor.

Petra Pfaller
Interview: Katholische Gefängnisseelsorge in Brasilien
Gibt es Neuigkeiten von der Gefängnisseelsorge in Brasilien?
Leider noch keine guten. Unter dem vorherigen Präsidenten Bolsonaro wurde die Arbeit der Gefängnisseelsorge sehr erschwert. Wir dürfen nur noch fromme Worte sagen oder religiöse Lieder singen. Schon die Frage: Wie geht es dir? ist eine verbotene Frage. Oft müssen die Häftlinge mit dem Gesicht zur Wand stehen, während wir mit ihnen sprechen. Wir sind ständig unter Aufsicht von bewaffneten Sicherheitsleuten.
Wie ist die Zusammenarbeit mit der Seelsorge anderer Konfessionen?
Sehr schwierig. Die Freikirchen sind bei der Justiz gut angesehen, weil sie sich nicht für Menschenrechte interessieren und sich darauf konzentrieren, die Gefangenen zu missionieren und sie für ihre Kirchen zu gewinnen.
Stimmt es, dass sie auf Seiten der rechten Regierungen stehen?
Mittlerweile hört man über einige von ihnen sogar, dass sie mit den Kartellen zusammenarbeiten. Die Kartelle sind im Gefängnis sehr mächtig. Wenn du geschützt sein willst, musst du dich einem Kartell anschließen, das du nicht mehr verlassen kannst, ohne dein Leben zu riskieren. Es gibt nur die Möglichkeit, zu einer der Freikirchen zu wechseln, die im Gefängnis gegründet werden und die von Gefangenen geleitet werden. Das zeigt schon die enge Verbindung! Es gibt sehr strenge Regeln für das Leben in diesen sektenähnlichen Freikirchen hinter Mauern. Man muss zum Beispiel für die Mitgliedschaft zahlen. LGBTQ+ ist nicht möglich und vieles andere mehr.

Oleh Nestor
Interview: Griechisch-katholische Kirche in der Ukraine
Was kannst du uns von der momentanen Situation der Gefangenen in der Ukraine berichten?
Von 40.000 Gefangenen haben 10.000 Gefangene entschieden, an der Front zu kämpfen, statt ihre Strafe abzusitzen. Allerdings haben wir auch etwa 10.000 Soldaten in den Gefängnissen.
Aus welchen Gründen kommen sie ins Gefängnis?
Viele von ihnen hatten Probleme mit den Kommandanten ihrer Division. Es gab gewalttätige Auseinandersetzungen, manche haben den Kommandanten auch getötet. Andere haben bei einem Heimaturlaub am Abend getrunken und sind gewalttätig geworden. Auch da gab es Tötungsdelikte. Wer nichts Gravierendes getan hat, muss einige Monate im Gefängnis bleiben und dann wird er wieder an die Front geschickt, allerdings in eine andere Division.
Gibt es auch etwas, was dir an deiner Arbeit gefällt?
Ja, ich gehe gerne in das Jugendgefängnis, das sich nicht weit von Donezk befindet. Dort sind etwa 60-80 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren. Ich bin selbst noch jung. Ich bin erst 33 Jahre alt. Ich rede gerne mit ihnen, weil sie nach Orientierung suchen.
Warum bist du Gefängnisseelsorger geworden?
Eine ganze Reihe von Freunden aus meiner Jugendzeit sind im Gefängnis gelandet. Mir hat der Glaube geholfen, einen anderen Weg einzuschlagen. Aber ich weiß, auch mein Leben hätte wie das ihre verlaufen können. Ich könnte heute an ihrer Stelle im Gefängnis sein. Das verbindet mich mit den Gefangenen. Deshalb bin ich froh, die Aufgabe als Gefängnisseelsorger anvertraut bekommen zu haben.
Die Interviews führte Doris Schäfer





