Ein Symbol für den Frieden: Im Luitpoldpark in Lindau ist das Symbol der Weltversammlung aufgebaut. Foto: Ring of Peace/Christian Flemming.
Was tragen Religionen zum Frieden und zum Umweltschutz bei? In Lindau am Bodensee beraten 900 VertreterInnen von mehr als zehn Glaubensgemeinschaften bei der Weltversammlung von Religions for Peace. Buddhisten verfolgen in Myanmar Muslime, Hinduisten unterdrücken Christen in Indien, in der Zentralafrikanischen Republik bekämpfen sich Muslime und Christen, im Nahen Osten findet der Konflikt zwischen Juden und Muslimen kein Ende.
Religionen stehen im Verdacht, Hass und Krisen zu schüren. Die 10. Weltversammlung von Religions for Peace (Religionen für den Frieden) in Lindau am Bodensee soll ein anderes Zeichen senden: Religionen können helfen, die Welt friedlicher zu machen. Vom 20. bis 23. August treffen sich 900 Männer und Frauen verschiedener Glaubensgemeinschaften und beraten, welche Rolle Religionen bei der Lösung von Konflikten und beim Umweltschutz spielen können.
Es braucht Kooperationen
Religions for Peace ist das weltweit größte Netzwerk religiöser Gemeinschaften. Ähnlich wie die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio setzt es sich für den Frieden ein, ist aber vom Ursprung her schon multireligiös angelegt. „Die Weltkonferenz ist ein gutes Beispiel dafür, dass Religionen sich trotz ihrer Unterschiede gemeinsam für etwas einsetzen können. Das ist eine gute Nachricht für alle, die Frieden in der Welt fördern wollen“, sagt die evangelische Bischöfin Petra Bosse-Huber, die an der Konferenz teilnimmt und bislang eine der Co-Präsidentinnen im Weltrat von Religions for Peace war. Keine Religion alleine könne die großen Herausforderungen der Menschheit bewältigen, sagt sie. „Hier braucht es Kooperationen.“
Vertrauen zueinander aufbauen
Genau darum soll es in Lindau gehen: Auf der Konferenz treffen sich Religionsvertreter aus Russland und der Ukraine, aus dem Iran und Israel, aus Myanmar und Bangladesch. Hier kommen Menschen zusammen, deren Länder sich feindlich gesinnt sind. Christen, Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten und Vertreter kleinerer Religionen wie Sikhs tauschen sich aus, knüpfen Kontakte und bauen Vertrauen auf. In diesem Jahr soll es vor allem um den Umweltschutz und die Krisen in Myanmar, der Demokratischen Republik Kongo und im Südsudan gehen. „Religions for Peace setzt sich regelmäßig für Prävention und Deeskalation in den Konfliktgebieten der Welt ein. Das geschieht teils öffentlich in Form von gemeinsamen Erklärungen oder Konferenzen vor Ort, aber auch auf den Wegen der Diplomatie abseits der großen Öffentlichkeit“, sagt Bosse-Huber.
Aussöhnung nach Bosnienkrieg als Erfolg
Das hat Religions for Peace zum Beispiel 1995 nach dem Bosnienkrieg bewiesen. Abseits der Öffentlichkeit brachte der damalige Generalsekretär William F. Vendley nach vielen Gesprächen Vertreter der römisch-katholischen, serbisch-orthodoxen, jüdischen und muslimischen Gemeinden an einen Tisch. Der interreligiöse Rat Bosniens, der aus diesem Treffen entstanden ist, besteht bis heute und setzt sich für die Aussöhnung zwischen Katholiken, Orthodoxen und Muslimen ein. Die Religionsvertreter hoffen, ähnliche Erfolge auch in den aktuellen Konfliktgebieten erreichen zu können. „Zur Friedensbildung und zum Schutz des Planeten braucht es die gesammelte Expertise der Welt und dazu gehören die Weisheiten der Religionen“, sagt Petra Bosse-Huber. Daran wollen sie gemeinsam in Lindau arbeiten.
Kerstin Ostendorf | Verlagsgruppe Bistumspresse