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Im Fokus: Das würdige Gesicht eines jeden Menschen

8. Juli 2024

Wochenlang hat sich eine Gesprächsgruppe mit dem Titel „ABC des Lebens“ der JVA Heidering bei Berlin mit der Würde des Menschen und insbesondere der Würde von Gefangenen beschäftigt. Die alltäglichen Gesprächsthemen in einer JVA: Das Essen sei geschmacklos, Arzttermine bekomme man nicht, das Fernsehen funktioniere hier und da kaum oder diese und jene geplanten Behandlungstermine sind verschoben worden… „Keinen Bock mehr mitzumachen“, so die Aussage mancher Inhaftierter.

Recht auf informationelle Teilhabe

In dieser Stimmung zu entdecken, dass die Würde des Menschen in jedem selbst liegt, ist viel mehr als der Knast-Alltag für Bedienstete und Gefangene. Dies hat der Inhaftierte Herr G. nach dem Studium der Gesetzbücher aus der anstaltsinternen Bibliothek zusammengetragen: „Darum gibt es eine bestimmte Haftraumgröße. Darum haben Gefangene Anspruch auf Vollverpflegung. Darum können Inhaftierte zusätzlich einkaufen. Darum habe Verurteilte das Recht auf informationelle Teilhabe wie beispielweise das Fernsehen, Radio, Zeitungen, Telefonie, Internet oder Literatur“, so die Auflistung des Gefangenen.

Fokussiert auf das Eigentliche

Ein ganz „katholisches Ding“ wie die Monstranz fokussiert auf das Eigentliche. Darin wird eine Hostie eingelegt, die Jesus als Gott Sohn vergegenwärtigen soll. Eine Monstranz (von lateinisch monstrare „zeigen“) ist ein mit Gold und mit Edelsteinen gestaltetes liturgisches Schaugerät (Ostensorium), in dem die Hostie als das Brot Jesu als „das Allerheiligste“ gezeigt wird. Wenn ein Mensch durch das Glasokular guckt, dann schaut an der Stelle Gottes Abbild hindurch. Für solche Fotos haben sich Gefangene bereiterklärt. Ein interaktives Bild mit einer Spiegelfolie in der Mitte, so dass sich der Betrachter selbst sieht: „Ich bin Bild Gottes, egal ob als Bediensteter oder als Gefangener, als Mann oder Frau, egal welcher Religion jemand angehört oder auch nicht, ob jemand schwul ist, egal welche Nationalität jemand hat“, so die Gefängnisseelsorgerin Christina Brath. Es gibt in der JVA Heidering Menschen mit über 60 Nationen mit ihren je eigenen Geschichten und Biografien. „Göttlichkeit verkörpert sich allein in ihrer menschlichen Würde“, führt die Gefängnisseelsorgerin aus.

Heute hier, morgen dort

Auf einem Flipchart können Gefangene anonym ihre Gedanken aufschreiben. Eine Vernissage zur Eröffnung der kleinen Ausstellung im Andachtsraum der JVA Heidering kann damit präsentiert werden. Menschen mit unterschiedlichen würdigen Gesichtern. Ein Inhaftierter sitzt gut angezogen am Klavier und schenkt wunderbare Musik. In dieser Klavierbegleitung singen andere Gefangene dazu “Heute hier, morgen dort“. Es sind Gesichter von Menschen mit Würde. Ausgestellt am Ort der Kapelle in einer Justizvollzugsanstalt. Klar muss eine kleine Rede dazu sein und es gab in Sektgläsern Holundersprudelwasser sowie Kaffee und Kuchen. Es sind Menschen, die in einer Justizvollzugsanstalt leben und arbeiten. „Würde macht Bock weiter zu machen für das Leben“ so ein Gefangener. Die Bilder-Ausstellung im Andachtsraum der JVA Heidering zeigt, dass dies möglich ist.

Christina Brath | JVA Heidering, Erzbistum Berlin

 

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