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Pastorale Andersorte? Eine theologische Sprachkritik

9. Juni 2020

Manche Begriffe haben eine merkwürdige Geschichte. Sie treten irgendwann einmal an die Oberfläche eines bestimmten Diskurses (vgl. Sander, 104, für die Begriffsgeschichte der pastoralen Andersorte), entwickeln dort ein Eigenleben, verändern je nach Gebrauch ihren Sinn und begegnen dann in bisweilen überraschender Verwendung wieder. So verhält es sich möglicherweise auch mit dem Begriff der pastoralen Andersorte bzw. Heterotopien. Dessen Gebrauch löst bei einigen Akteurinnen und Akteuren im kirchlichen Feld mittlerweile fast schon Aversionen aus. Seit 2003 arbeitet Prof. Christian Bauer als einer der ersten theologisch am Thema „Andersorte“.

Dabei wäre es sehr schade, wenn aus ihm ein modisches Diskursaccessoire ohne konkreten Gebrauchswert würde: „Die Idee der Heterotopie wird zur Zeit gerne zur Beförderung eines hoch-identischen Begriffs von Kirche […] herangezogen […]“ (Hochschild, 80). Heterotopien sind en vogue, so lässt sich mit Blick auf das pastorale Feld feststellen, ihr Begriff aber bleibt häufig vage. Es lohnt sich also, diesem Begriff eine wohlwollende, sicherlich nicht erschöpfende theologische Sprachkritik zu widmen. Denn er bezeichnet – entgegen seiner manchmaligen Verwendung – von seinem Schöpfer Michel Foucault her nämlich keine neue pastoraltheologische Utopie, sondern vielmehr das genaue Gegenteil davon: wirkliche Möglichkeiten des Alltagslebens und nicht mögliche Wirklichkeiten des Wunschdenkens. Ganz so, wie es Papst Franziskus kürzlich zur Eröffnung des Jahres der Orden nahegelegt hat: „Ich erwarte mir nicht, dass ihr ,Utopien‘ am Leben erhaltet, sondern dass ihr ,andere Orte‘ zu schaffen versteht, wo die Logik des Evangeliums gelebt wird […]“ (Papst Franziskus).

Virulent: Michel Foucault

Die diskursive Fährte dieses Begriffs, den Papst Franziskus hier im Kontext der Orden verwendet, führt nach Frankreich. Dort hatte Foucault am 14. März 1967 vor Architekten einen Vortrag mit dem Titel Des espaces autres („Andere Räume“) gehalten, in dem er mit einer Differenz arbeitete, die auch für pastorale Zusammenhänge von wegweisender Bedeutung sein kann: Utopien und Heterotopien. Den letztgenannten Begriff kannte der medizingeschichtlich bewanderte Philosoph vermutlich aus der Dermatologie, wo er ein disloziertes Hautgewebe bezeichnet, das eigentlich an eine andere Stelle des Körpers gehört. Foucault verwandte ihn im Dienste einer Analyse von sozialen „Architekturen“ der Gegenwart, die er zu einer philosophischen Zeitdiagnose der spätmodernen Gesellschaft insgesamt ausbaute. Ein ursprünglich medizinischer Begriff, der hier zur Deutung eines kulturellen Ordnungsraums herangezogen wird – inklusive seines irritierenden, störenden Charakters: „Mich interessieren unter all diesen Platzierungen jene, welche die sonderbare Eigenschaft haben, sich auf alle übrigen Platzierungen zu beziehen, indem sie die von diesen […] reflektierten Verhältnisse suspendieren, neutralisieren oder umkehren“ (Foucault, 1574).

Unterscheidungen

Foucault unterscheidet zwei Typen dieser „Räume, die mit allen anderen in Verbindung stehen und dennoch allen anderen Platzierungen widersprechen“ (ebd.). Einerseits gibt es Utopien, die für ihn „Platzierungen ohne wirklichen Ort“ (ebd.) darstellen. Daneben gibt es aber auch andererseits „wirkliche Orte“ (ebd.), die als „Gegenplatzierungen oder Widerlager“ (ebd.) wirken, durch welche alle anderen „Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind“ (ebd.). Weil diese speziellen Orte „ganz anders sind als all jene Plätze, die sie reflektieren“ (ebd., 1575) nennt Foucault sie im „Gegensatz zu den Utopien“ (ebd.) Heterotopien (griech. hetero-topos = anderer Ort bzw. Andersort).

Diese bilden eine transformative Grundstruktur seines Denkens, die Ulrich Raulff mit Blick auf ein Redaktionstreffen mit der Zeitschrift Tumult folgendermaßen skizziert: „Statt eine Liste von Themen und möglichen Autoren anzulegen, skizzierte Foucault ein Schema, eine Struktur, ein heterotopes Ensemble. Orte, Felder, Spannungen: eine Kriegskarte sozialer Kräfte und politischer Ideen. Tatsächlich dachte er in Bildern und komplexen Strukturen […I“ (Raulff, 108). Es geht hierbei um ein (post-)strukturalistisches „Denken in Formen“ (ebd., 80), das seine Benutzer zugleich auch die „Kunst des Schneidens“ (ebd., 80) lehrt – oder theologisch vielleicht anschlussfähiger: des Scheidens bzw. Unterscheidens. Im Rahmen einer kulturwissenschaftlich informierten theologischen Ortskunde stellen sich entsprechende Fragen: ist dieser pastorale Ort, an dem ich mich gerade befinde, eine Repräsentanz der gegenwärtigen Ordnung der Dinge oder zeigt sich hier etwas, das diese überschreitet? Handelt es sich um einen Topos des kirchlich Gewöhnlichen oder um einen Heterotopos des pastoral Möglichen?

Wehret dem Konjunktiv!

„Andersorte“ ist eine treffende Übersetzung dieses Grundbegriffs einer entsprechend ortskundigen Theologie. Semantisch betrachtet, handelt es sich ja wirklich um „andere Orte“, die zugleich auch „Orte eines Anderen“ sein können. Heterotopien inmitten einer alltäglichen Ordnung der Dinge, an denen sich eine wirkliche Alternative zeigt, die eine Überschreitung der gegenwärtigen Verhältnisse ermöglicht. Solche Orte einer möglichen Überschreitung des Normalen (bzw. des gemeinhin als „normal“ Betrachteten) sind nun aber alles andere als platonisierende Utopien. Denn es gibt sie ja wirklich, mitten im Hier und Jetzt – nur eben bisweilen verborgen. Man muss sich nur einmal auf die Suche nach ihnen machen: mit überraschbarer Neugierde, ohne Berührungsängste und vielleicht sogar mit einer prinzipiellen Gottesvermutung. Andersorte sind nämlich eine empirisch zugängliche Entdeckungskategorie und kein normativ aufgeladener Entwicklungsimperativ.

Sie sind nichts für Heldinnen und Helden des moralischen Konjunktivs („Wir könnten, müssten, sollten“), sondern vielmehr etwas für Praktikerinnen und Praktiker des pastoralen Indikativs („Sehen – Urteilen – Handeln“). Und somit für alle Christinnen und Christen, die sich nach der Lektüre eines weiterführenden Textes oder nach dem Hören eines anregenden Vortrags fragen: und jetzt? Wie soll das gehen? Wann, wo und mit welchen Leuten? Sie setzen genau dort an, wo meist erst einmal Schluss ist: beim Schritt von der theologischen Inspiration hin zur pastoralen Erprobung. Und zwar als entdeckungsfreudige Kundschafterinnen und Kundschafter des Neuen (vgl. Num 13,1-33), die sich in ihrem pastoralen Tun fragen: „Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, wo kämen wir hin und keiner ginge, um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen?“ (Marti, 23).

X-Plorativ, X-Positiv, X-Perimentell

Ich möchte für eine entsprechende Verwendung des Begriffs der pastoralen Andersorte plädieren. Dabei ginge es dann weniger um das Postulat einer Ausweitung kirchlicher Pastoralzonen auf neue, aus kirchenamtlicher Sicht dann vielleicht auch „andere“ Orte im Rahmen eines vorkonziliaren Missionsbegriffs. Sondern vielmehr um eine entdeckerische Verwendung des Begriffs im Kontext eines konzilsgemäßen, postkolonialen Missionsverständnisses nach dem Modell der ersten französischen Arbeiterpriester (Bauer 2008). Diese machten an den pastoralen „Andersorten“ ihrer Fabriken, Kohleminen und Hafenviertel eine neue Erfahrung: nicht sie haben die Arbeiter zur Kirche bekehrt, sondern diese sie zum Evangelium. Dieses neue Missionsverständnis kann sich am Titel des US-Kinofilms Triple X orientieren: explorativ, expositiv und experimentell.

Explorativ ist diese Hinwendung zu den pastoralen Andersorten in ihrem Fahnden nach gesellschaftlichen Orten, an denen sich eine alternative Ordnung der Dinge zeigt. Expositiv ist sie in ihrer Bereitschaft, sich den existenziellen Heraus-Forderungen dieses Ortes auszusetzen. Und experimentell in ihrem Drang, dort in kreativer Weise neue Formen der Nachfolge Jesu zu erproben. Eine entsprechend ausgerichtete missionarische Pastoral wagt sich auf unbekanntes Terrain, denn sie lässt sich vom „Lockruf der Gnade“ (PO 18) ihres zuvorkommenden Gottes (vgl. Boff) auf pastorales Neuland führen. Dort kann sie dann auch gesellschaftliche Orte entdecken, an denen häufig zwar „Gott, nicht aber die Kirche ist“ (Bucher 1998, 262) ist. Und somit ihren eigenen „parochialen Altruismus“ (Palaver, 123), die eigentümliche gemeindepastorale „Kombination von Sippenliebe und Fremdenfeindlichkeit“ (ebd.), in Richtung des universalen Heilswillens Gottes überschreiten.

Kirche entwickeln?

Zusammen mit dem Salzburger Bildungshaus St. Virgil und der Arbeitsstelle Gemeindeentwicklung der österreichischen Pastoral- und Seelsorgeämter realisiert die Innsbrucker Pastoraltheologie einen entsprechenden Lehrgang – oder im Sinne des Marti-Zitates vielleicht besser: einen Lerngang – mit dem Titel „Kirche entwickeln an neuen Orten“. Dabei geht es um Kirchenentwicklung nicht im Sinne eines trügerischen Planbarkeitsglaubens, sondern vielmehr eines überraschungsfähigen „Ent-Wickelns“, das auf ein zu entpackendes, auszuwickelndes Geschenk Gottes an seine Kirche hindeutet – eine pastorale Einsicht, die sich dem Gespräch mit Michael Schüßler verdankt. Denn theologisch gesprochen, ist „Ekklesiogenese“ (vgl. Zulehner) ja vor allem eine Sache Gottes.

Und wir Menschen dürfen nicht meinen, wir könnten mit noch so professionellen Mitteln Kirche planungstechnisch steuerbar entwickeln – pastorales „Unwort“ des Jahres: Steuerungsgruppe. Kirche wird, sie entsteht und entwickelt sich zunächst einmal durch die ekklesiogene Tat Gottes: „Gott aber fügte ihnen täglich neue Menschen hinzu“ (Apg 2,47). Wir müssen, vor allen kirchenamtlichen Notwendigkeiten, vor Ort zunächst einmal „nur“ das Evangelium leben. Dann entstehen wie von selbst („automaé`) anziehende, im Wortsinn attraktive pastorale Orte: „Um sie her bildete sich ein Ring staunender Menschen“ (Apg 2,47, vgl. Zink, 269; Bauer 2013). Dadurch wird unser menschliches Zutun nicht unwichtig, aber die ekklesiogenetische Reihenfolge wird wieder zurechtgerückt: Kirche, das ist Gottes Werk und unser Beitrag. Denn wir haben ja das Steuer unserer Zukunft nicht in der Hand, dürfen unsere Hände aber auch nicht in den Schoß legen.

Offene Zukunft

Das wusste schon der alte Rahner. Er sprach daher von einem „Mut zum Wagnis ins Offene der unübersehbaren Zukunft“ (Rahner 1968, 83), der auch in der Frage nach einer möglichen „Kirchenentwicklung“ an pastoralen Andersorten weiterbringt. Denn er ermöglicht eine „Existenz in das Unvorhergesehene hinein“ (Rahner 1967, 413), herausgefordert durch jene „unendliche Offenheit der Zukunft“ (Rahner 1970b, 170), die vor dem „Horizont des Unbekannten“ (Rahner 1970a, 532) von jeder und jedem ein „entschlossenes Sicheinlassen auf das Ungeplante“ (ebd., 536) erfordert. Gegen den – auch im Kontext der pastoralen Andersorte anzutreffenden – eschatologischen Irrglauben, die Zukunft sei das „Ergebnis unseres Handelns“ (Bucher 2008, 8), optiert Rahner für eine „verantwortliche Dosierung von Planung und Wagnis ins offene Dunkel der Zukunft“ (Rahner 1970a, 539) hinein, die immer auch das „Moment des Unbekannten an der zu planenden Zukunft miteinkalkulieren und anerkennen“ (ebd.) müsse: „Und wirkliche ,Praxis‘ […] ist nicht die bloße Exekution des Geplanten […], sondern […] Wagnis des Ungeplanten, so dass erst in der Praxis selbst die echte Möglichkeit des Gewagten hervorkommt. Zumal dafür gesorgt ist, dass alle Planung, die notwendig und berechtigt ist, […] das andrängende Ungeplante nicht vermindert […], sondern vermehrt und schärfer als Ergebnis der Praxis selbst hervortreten lässt […]“ (Rahner 1968, 150).

Historisches Beispiel

Die Gemeinschaft Madeleine Delbrels war ein exemplarischer „Heterotopos“ in der Pastoralstruktur der Kirche vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil: kontemplative Frauen mit Zivilberuf, die inmitten der kommunistischen Stadt Ivry-sur-Seine, einem politischen „Andersort“ der französischen Nachkriegsgesellschaft, das Evangelium lebten. Als frei flottierende Christinnen schufen sie sich einen neuen kirchlichen Ort, an dem sie das vorkonziliare „Dispositiv der Dauer“ (vgl. Bucher) in Richtung eines gegenwartstauglichen „Ereignis-Dispositivs“ (vgl. Schüßler 2013) überschreiten konnten. Auf besorgte Nachfragen, wie ihre Gemeinschaft ohne feste „Ordensregel“ dauerhaft bestehen wolle, entgegnete Madeleine mit entwaffnender Gelassenheit: „[Wir haben etwas] […] unendlich viel besseres als eine Regel. Wir haben das Evangelium. […] Wir haben zusammengefunden, um uns gegenseitig dabei zu helfen, das Evangelium zu leben. Wenn dafür unbedingt eine Regel […] notwendig gewesen wäre, so hätte es Jesus gesagt. Nun hat er das aber nun einmal nicht getan. […] Was nun aber die Frage der Dauer angeht, so ist das nicht unsere Sache, sondern ganz allein die Sache Gottes“ (zit. nach Boehme, 75).

Und weiter: „Man sagt mir […] oft, dass wir auf diese Weise nicht von langer Dauer sein werden. Und ich antworte dann: aber es ist ja gar nicht unsere Berufung, von Dauer zu sein – sondern einander zu helfen, nach dem Evangelium zu leben. Wenn der Herr will, dass wir überdauern, […] dann wird er schon dafür sorgen“ (zit. nach Schleimer, 191). Madeleine Delbrel stellte für ihre Gemeinschaft entsprechende Maximen auf, die von überraschender pastoraler Aktualität sind: „1. Auf eine rigorose Weise nicht mehr und nicht weniger zum Programm haben als die Botschaft des Evangeliums. 2. Einer realistischen Sichtweise von Möglichkeiten und Wegen der Evangelisierung […] Vorrang geben vor allen Plänen, Taktiken und Methoden […]. 3. Geführt durch die Ereignisse und Umstände […] als Programm akzeptieren, was die alltäglichen Gelegenheiten als Fährte auslegen [..1″ (Delbra, 137).

Heterotrophien, nicht Utopien

Mit Blick auf den gegenwärtigen kirchlichen Strukturwandel kann man bisweilen den Eindruck gewinnen, der Begriff der pastoralen Andersorte habe sich in seinem aktuellen pastoral¬planerischen Gebrauch beinahe in sein Gegenteil verkehrt. Und zwar immer dann, wenn diese „Andersorte“ zu den neuen Utopien von Theologie und Kirche gemacht werden – und damit zum genauen Gegenteil dessen, was Foucault damit zu beschreiben versuchte. Sie bezeichnen dann nur noch mögliche Wirklichkeiten im Modus eines appellativen Wunschdenkens und nicht mehr wirkliche Möglichkeiten im Modus einer präzisen Gegenwartsanalyse. Was in den 1980er Jahren vielleicht die lateinamerikanischen Basisgemeinden gewesen sind, das drohen daher heute die pastoralen Andersorte zu werden – schön vorzustellende, aber weitgehend wirkungslose „Kirchenträume“. Heterotopien dürfen aber keine neuen Utopien einer nachvollziehbaren, in der Realität aber letztlich doch wirkungslosen Pastoralromantik werden. Auch mit Blick auf die pastoralen Andersorte gilt daher die platonismuskritische Aussage von Papst Franziskus in Evangelii gaudium: „Die Wirklichkeit steht über der Idee“ (EG 233).

Berechtigte Sehnsucht

Damit hängt schließlich auch die Frage nach der standortgebundenen Perspektivität eines jeden topologischen Diskurses zusammen. Es stellt sich die Frage: was ist hier eigentlich für wen anders? In der Wahrnehmung der meisten unserer Zeitgenossen sind nämlich, so Hans-Joachim Höhn einmal im Gespräch, kirchliche Orte reichlich fremdartige Andersorte und gerade nicht der Hauptbahnhof, das Tattoo-Studio oder der Bio-und-Regional-Kiosk im Stadtpark. Die aktuelle kirchliche Rede von den pastoralen Andersorten offenbart daher vor allem die berechtigte Sehnsucht vieler sogenannter „Haupt- und Ehrenamtlicher“ nach Orten, an denen im „Übergang zu einer noch nicht gewussten Kirche“ (Langhammer 2011, 62) Neuartiges geschieht. Und damit auch die Sehnsucht nach einer erfrischenden und belebenden, nach einer neuen und vielleicht sogar innovativen Perspektive für ihre Pastoral.

Die Sehnsucht nach ebenso konzilsgemäßen und gegenwartskompatiblen „Kairotopen“ (Schüßler 2013, 251) eines befreiend gelebten Evangeliums, voller sozialer Phantasie und mit kulturellem Sexappeal. Nach schöpferischen Andersorten sich wechselseitig intensivierender Freiheiten, an denen das Evangelium „in uns für die Welt hinterlegt“ (Delbrel 2002, 128) ist – und zwar als eine open source (vgl. Schü߬ler 2014), offen zur freien Entnahme. Nach kirchlichen Orten schließlich, für die man sich nicht zu schämen braucht, sondern an denen man guten Gewissens auch nichtkirchlichen Freunden sagen kann: „Kommt und seht“ (Joh 1,39). Ob man diese Orte dann unbedingt als „Andersorte“ bezeichnen muss, sei dahingestellt. Geben muss es sie!

Christian Bauer Dr. theol., seit 2012 o. Univ.-Professor für Interkulturelle Pastoraltheologie | Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Innsbruck
Titelfoto: Schneidebretter Holzgesellen: Der Spanner. Foto: Hendrike Fahrenholtz, 4ximgefaengnis.de

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  Literatur

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Boehme, Katja, Gott aussäen. Zur Theologie der weltoffenen Spiritua­lität bei Madeleine Delbrel, Würzburg 1995.
Boff, Leonardo, Gott kommt früher als der Missionar. Neuevangelisie­rung für eine Kultur des Lebens und der Freiheit, Düsseldorf 1991.
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Bucher, Rainer, Kirchenbildung in der Moderne. Eine Untersuchung zu den Konstitutionsprinzipien der deutschen katholischen Kirche im 20. Jahrhundert, Stuttgart 1998.
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Schleinzer, Annette, Die Liebe ist unsere einzige Aufgabe. Das Lebens­zeugnis von Madeleine Delbrel, Ostfildern 1994.
Schüßler, Michael, Kirche aus den Ereignissen des Evangeliums heute
Schüßler, Michael, Mit Gott neu beginnen. Die Zeitdimension von The­ologie und Kirche in ereignisbasierter Gesellschaft, Stuttgart 2013.
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