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„Jetzt sind wir richtige VIP´s“, sagt ein Inhaftierter stolz

26. Mai 2020

Während im öffentlichen Leben Versammlungen eingeschränkt möglich sind, läuft der Alltag in der bayrischen JVA Laufen-Lebenau unter Einhaltung besonderer Vorsichts- und Hygienemassnahmen gewohnt weiter. So fertigen sechs junge Gefangene im Vorfeld der Karwoche kunstvoll geflochtene „Palmbuschen“. In der JVA an der österreichischen Grenze sind straffällig gewordene Jugendliche und junge Erwachsene in Wohngruppen untergebracht.

Der dortige Justizvollzugsbeamte, Erich Fagerer, hat die besondere Art des Palmbuschbindens von seinem Vater übernommen. Seit vier Jahren gibt er dieses Wissen jedes Jahr an die jungen Gefangenen in der JVA weiter. In einer Gruppenstunde wurde mit Inhaftierten und dem Gefängnisseelsorger, Alfred Stadler, die Hintergründe des Palmsonntags und der damit verbundenen „Palmbuschen“ erläutert. In den Wochen vor Ostern finden dazu in Berchtesgaden Vorbereitungen in den Familien und auf den Bauernhöfen statt. Die Väter schneiden Weidenäste, sammeln Zweige und binden die „Palmbuschen“. Die Mütter und größeren Kinder basteln den Palmschmuck aus „Gschobertbandln“, gefärbten Hobelspänen, die im Gedenken an den Einzug Jesu in Jerusalem verwendet werden. In Zeiten der Corona-Pandemie gewinnen die Palmgebinde neue Aktualität und Bedeutung.

In der JVA Laufen-Lebenau sind Gefangene im Alter von 14 bis 20 Jahren untergebracht. Sowohl U-Häftlinge als auch Jugendstrafgefangene. Maximal 230 Plätze gibt es im dortigen Jugendvollzug nahe der österreichischen Grenze. Die JVA ist als sogenannte halb-offene Anstalt konzipiert: Sicherheitsvorkehrungen sind – soweit möglich – herabgesetzt, von einer Außenumwehrung wurde abgesehen.  Es gibt 27 Ausbildungsplätze für Häftlinge. Wegen des jungen Alters der Gefangenen werden Freizeitmöglichkeiten wie Bergwanderungen, Radtouren, Museumsbesuche, EDV-Kurse oder Kicker, Billard und Tischtennis angeboten. Eine Turnhalle sowie ein Hart- und ein Rasenplatz stehen zur Verfügung

Sie sind Zeichen des Leidensweges Jesu, in dem trotz des Todes die Hoffnung aufleuchtet. Sieben eingebundene grüne Zweige und die dazu gehörigen Palmkätzchen bringen die Zuversicht auf einen Neuanfang zum Ausdruck. Der Brauch stammt aus der Gemeinde Anger im oberbayerischen Landkreis Berchtesgadener Land. Im Gemeindegebiet befindet sich das frühere Kloster Höglwörth. Die ehemalige Klosterkirche ist heute Filialkirche der Pfarrei Anger. Der kunstvoll geflochtene Stab des „Palmbuschen“ deutet auf das Zepter, als der Königswürde Jesu hin. Darin wird Jesus Christus als König der Herzen und des neuen Lebens verehrt, der durch alle Höhen und Tiefen des Lebens geht.

Die „Palmbuschen“ der sechs Teilnehmer aus der JVA-Wohngruppe wurden in der Woche vor Palmsonntag in einem Gottesdienst gesegnet. „Die Situation hat sich gedreht. Da sonst in den Gottesdiensten die Inhaftierten in das Gebet einbezogen werden, beten jetzt die Gefangenen als Gebetsgemeinschaft für die Welt draußen“, erzählt der Gefängnisseelsorger Stadler den Jungs im Knast. Daraufhin antwortet ein Gefangener: „Jetzt sind wir richtige VIP´s.“ Ob er die Tragweite seiner Aussage kennt, dass durch ihr Gebet von Gefangenen den Menschen außerhalb der Anstalt Hoffnung und Zuversicht zugesagt wird?

Alfred Stadler

 

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