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Nicht in der Reihe der Fortsetzung jetziger Könige

21. Dezember 2024

Du, Betlehem-Efrata, bist zwar klein unter den Sippen Judas… – lassen wir das anschließende „doch aus dir wird hervorgehen“ erstmal weg. Wer weiß schon, was aus Orten oder Menschen hervorgeht… Denn „bist zwar klein“… heißt für gewöhnlich: Du bist zu klein. Und wie du zu klein bist. Bei dir ist nichts zu holen. Bei dir ist nichts los. Da kann man nichts machen.

Zeichnung eines Inhaftierten der JVA Würzburg.

Die Welt wird von den Großen regiert und das in den großen Städten, den Hauptstädten. Dort schaut die Welt hin, dort wird der rote Teppich ausgerollt. Da geben sich die wichtigen und bedeutenden die Klinke in die Hand. Kleine Städte, Dörfer sind zum Schafe hüten, zum Stall ausmisten. Da blökt die Kuh aber kein Politiker.

Soziale Hintergründe und Herkunft

Da kommt niemand hin, keine Showgröße, keine VIP Person. Bist zwar klein. Das sind unsere Einstufungen, unsere Kategorien: „Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ Soziale Hintergründe und Herkünfte nehmen Menschen immer noch Zukunftschancen. Frauen gelten weiterhin weniger als Männer, wenn sie für die gleiche Arbeit einen geringeren Lohn erhalten oder zu manchem erst gar nicht zugelassen werden. Man erwartet nichts. Dieselben Worte haben mehr Gewicht, wenn sie von Menschen aus Palästen oder von Kathedralen gesprochen werden als von einfachen Dorfbewohnerinnen. Klein heißt unbedeutend, nicht der Rede wird; kann übersehen, kann überhört werden, muss man nicht beachten. Zählt nicht. „Du hast nichts zu sagen!“ „Mich interessiert nicht, was du denkst!“

Menschen, die niemand auf dem Schirm hat

Die Bibel erzählt von Gott anderes. Als Samuel geschickt wird, übrigens auch nach Betlehem geschickt wird, Israels neuen König zu salben, denkt offensichtlich niemand an den jüngsten, der das Kleinvieh hütet. Niemand hat ihn auf dem Schirm. Und auch bei Jesus denken sich die meisten nichts, sie kennen seine Familie, sie wissen um seine Herkunft. Die Perspektive Gottes ist eine andere. Samuel wird gesagt: „Gott sieht nicht das an, worauf Menschen sehen; denn die Menschen sehen nach den Augen, der Herr aber sieht nach dem Herzen.“ Du, Betlehem-Efrata, bist zwar klein unter den Sippen Judas…

Königreich ausgedient

Gott unterbricht. Er setzt nicht einfach fort. Der Retter, der kommen wird, steht nicht in der Reihe und in der Fortsetzung der jetzigen Könige. Das sind Gottesurteile: Einfach neu anfangen. Altes oder Gewachsenes oder Erwartetes links liegen lassen. Wieder Schritte zurückgehen. Weit zurück. Vor allem dann, wenn sich in Gesellschaft oder auch in Kirche vieles entwickelt hat, was zu den Ursprüngen nicht mehr passt. Der Prophet Micha verkündet unausgesprochen, dass Königtum und Politik, wie sie sich in den 400 Jahren nach König David entwickelt haben, ausgedient haben. Gott entmachtet: Die Mächtigen vom Thron, die Niedrigen erhöht. Erleben wir nicht gerade viele Entmachtungen – auch auf Kirche hin? Vielleicht sind es Neuanfänge, anderswo, wo niemand so recht hinschaut. Wohin die Politik der Großen, der Mächtigen führt, erfahren wir. Die Heilsbotschaft, der Friede ist von ihnen nicht zu erwarten. Friedensfürst ist jemand anderes.

Bernd Mönkebüscher, Micha 5,1-4a | Titelfoto: Zeichnungen jugendlicher Gefangener

 

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