In der Fastenzeit ist das Abendmahlbild aus dem Mailänder Dominikanerkloster von Leonardo da Vinci Thema wöchentliches Gesprächsthema in der JVA Heidering bei Berlin. Das Original-Gemälde wurde im Jahren 1495 bis 1498 gemalt und zeigt Jesus und die zwölf Apostel während des letzten Abendmahls. In dem Augenblick, in dem Jesus sagt: einer von Euch wird mich verraten, bleibt bei einigen der Gefangenen der Mund offen.

Blick auf das Original-Gemälde im Mailänder Dominikanerkloster. Foto: Imago
Es gibt einige Aspekte zu sehen bei dem vielleicht allzu frommen Bild. Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris gibt es religiöse Anspielungen darauf. Eine Szene, die an das letzte Abendmahl Jesu erinnerte, rief Empörung hervor. Es ist aber ein Festbankett der „Götter des Olymps“ gewesen. Insofern wiesen die Macher die Kritik zurück und verwiesen auf die Kunst- und Meinungsfreiheit. Er habe keine „Szenen der Verhöhnung und der Verspottung des Christentums“ eingebaut, betonte der französische Regisseur Thomas Jolly.
Bild als Szene nachstellen
Wie gehen wir mit Schuld um? Wer schreibt wem Schuld zu? Wer schweigt darüber? Wie ist das, miteinander zu essen? Welche Menschen sitzen am Tisch? Ist es ein Männerbund, weil keine Frauen zu sehen sind? Warum sind androgyne Typen zu sehen, die manche für Frauen halten? Die Inhaftierten stellen das Bild leibhaftig nach. Keiner wollte der Judas sein. Hat die Zahl zwölf einen Hintergrund? Zwei fehlen in der gestellten Szene. Ein Messer in der Hand des Petrus. Ist das eine Anspielung auf heute, in denen ein Messer zur angeblichen Verteidigung mitgenommen wird? Wie kommt Judas im Heute zu Geld? Wahrscheinlich über geklaute Kreditkarten…
Mit denen am Rande der Gesellschaft
Jeder der inhaftierten Menschen wählt sich einen Apostel aus. Der eine wählt nach dem Namen seines Bruders, der andere nach einer Frisur oder einem, mit dem er sich näher beschäftigt hat. Jeder verkörpert sich selbst in seiner Rolle. Knastutensilien sind in der Szene zu sehen: Der karierte Bettbezug, die blaue Decke, das grüne T-Shirt der Arbeit, der Teller und der Plastikbecher. Hier sitzen Männer zusammen, die ungewollte Verbündete geworden sind. Männer, die sich von draußen oder von drinnen oder von früher oder gar nicht kennen. Nicht nur die Straftat führt sie ins Gefängnis. Das Leben führt sie zusammen. An diesem Ort ist Jesus präsent. Er isst mit ihnen, mit denen am Rande der Gesellschaft.
Christina Brath | JVA Heidering