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Was predigt man denn so zu Weihnachten im Gefängnis?

17. Dezember 2025

Es gibt Justizvollzugsanstalten, die neben einem Flugplatz oder gar einem Flughafen wie in Halle/Leipzig liegen (Jugendanstalt Raßnitz), Mauer an Mauer mit einem Hallenbad gelegen sind, einmal ein Kloster (JVA Rockenberg in Hessen) waren oder ein Museum in der Nachbarschaft zu finden ist. Die Justizvollzugsanstalt Offenburg am Schwarzwald ist teilweise von einer Weihnachtsbaumplantage umrahmt.

Das ganze Jahr über bleibt der Werbebanner für Weihnachtsbäume sichtbar. lm Hochsommer bei Temperaturen um 35 Grad habe ich mir manchmal gedacht, das könnte man doch eigentlich ab- und zu gegebener Zeit wieder aufhängen. Weihnachten ist doch weit weg. Oder? Weihnachtsbäume stehen für das, was Gefangene nicht (mehr) haben. Ein eigener Weihnachtsbaum gar, mit allem, was dazugehört, ist unerreichbar, auch wenn er quasi „vor der Haustür“, dem Gefängnistor steht.

Lebens- und Herzensbotschaft

Solche Sehnsucht tut weh. Viele in Haft sind froh, wenn sie die Festtage unbeschadet überstehen. Kürzlich fragte mich einer: „Was predigt man denn so zu Weihnachten im Gefängnis?“ Ich überlegte kurz, wie der Berufskollege das wohl meint und sagte knapp: „Das, was ich jedes Jahr predige: „Euch ist heut der Heiland geboren!“ Was ist anderes zu sagen zu Weihnachten? Inzwischen, nachdem ich mich all die Jahre an den Anblick dieses Banners gewöhnt habe, deute ich seine versteckte Mission anders: Als eine gelegentliche Erinnerung, dass die Weihnachtsbotschaft eine Lebens- und Herzensbotschaft ist. „Fürchte Dich nicht!“ – das gilt ganzjährig! Denen, die zum Dienst in der Justizvollzugsanstalt unterwegs sind und denen, die inhaftiert sind. Den BesucherInnen und auch den SpaziergängerInnen, die am Knast vorbeigehen.

Igor Lindner | JVA Offenburg

Hintergrund

In einigen Justizvollzugseinrichtungen sind echte Tannenbäume aufgrund der Brandschutzbestimmungen verboten. Dort stehen künstliche Christbäume aus Plastik. Diese können jedes Jahr wieder ohne weitere Kosten verwendet werden. Manch einer der Bediensteten wollte das Aufstellen eines Weihnachtsbaumes auf der Abteilung schon verhindern. Genauso wie einzelne Gefangene, die fragen, „warum muss man denn an solch einem dunklen Ort einen Christbaum aufstellen?“ Für jede Abteilung der JVA ist die Lieferung von über 15 Christbäumen das Minium. In allen Gefängnissen gibt Weihnächstbäume, die von den Inhaftierten mehr oder weniger gerne geschmückt werden. Im Jugendvollzug der JVA Herford gibt es bis Weihnachten in der Anstaltskirche keinen Tannenbaum, sondern nur den Adventskranz. Das gibt Grund für Verwunderung. Erst kurz vor dem Heiligen Abend wird ein großer Fichtenbaum in der Kirche aufgestellt. „Das riecht immer so gut nach Tannenduft“, sagen die Gefangenen. Einige jugendliche Inhaftierten wollen beim schmücken des Baum unbedingt beteiligt werden. Vielleicht haben sie trotz ihres jungen Alters noch Kindheitserinnerungen durch ihre Großeltern daran. 

 

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