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Mit 37 Dienstjahren noch nicht so lange da wie Gefangene

28. März 2023

Theo Halekotte (links) als Glockenbauftragter im Glockenturm von Liborius in Paderborn mit Dr. Gerhard Best.

10 Jahre wollte Theo Halekotte in der nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalt Werl als Gefängnisseelsorger in der Kirche „St. Peter in Ketten“ bleiben. Daraus sind nun 37 Jahre geworden. Im Jahr 1986 beginnt Halekotte die Arbeit als Gefängnisseelsorger in der Langstrafenanstalt. Mittlerweile ist die Sicherungsverwahrung dazu gekommen. Jetzt wird der langjährige Knasttheologe verabschiedet.

Die beiden verabschiedenden Werler Gefängnisseelsorger in der Mitte: Ryszard Krolikowski und Theo Halekotte (rechts). Daneben die Diözesanbeauftragte für Gefängnisseelsorge im Erzbistum Paderborn, Daniela Bröckl (JVA Bielefeld-Senne). Links außen Andreas Altehenger vom diözesanen Vorstand (JVA Iserlohn).

In der Wallfahrtsstadt Werl geboren, wuchs Theo Halekotte katholisch sozialisiert auf und engagierte sich in Gemeinde- und Jugendarbeit. Nach dem Abitur begann er zunächst mit dem Theologiestudium und später mit dem der Sozialpädagogik. Nebenher arbeitete Halekotte im Museum und als Orgelspieler, eine Tätigkeit, die er bis heute regelmäßig ausübt. 1986 absolvierte er ein Jahrespraktikum in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Werl und ist dort seit 1987 zusammen mit einem katholischen und zwei evangelischen SeelsorgerInnen tätig. Schon viele Gefangene hat er kommen und gehen sehen. „Doch als ich anfing hatte ich Inhaftierte, denen ich heute noch im Knast begegne“, sagt er mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Es sind die so genannten „LL’ ler“, die in Werl langjährig einsetzen. Da gibt es Gefangene, die bereits seit 42 Jahren inhaftiert sind. „Die müssen sich jetzt von mir verabschieden“, sagt Halekotte.

Ein Stück Geschichte geht weg

im Rahmen des diözesanen Treffens der 15 GefängnisseelsorgerInnen auf dem Gebiet des Erzbistums Paderborn, wurde Theo Halekotte zusammen mit seinem Kollegen, Ryszard Krolikowski, verabschiedet. Dieser war seit 2007 in der Anstalt tätig. „Da geht ein Stück Geschichte seelsorgerlicher Arbeit hinter den Mauern weg“, sagt die Diözesanbeauftragte für Gefängnisseelsorge im Erzbistum Paderborn Daniela Bröckl (JVA Bielefeld-Senne). Die JVA Werl ist ein der großen Justizvollzugsanstalten in NRW mit einer ebenso langen Geschichte.

Viele Geschichten erlebt

Der vierflügelige, viergeschossige Kreuzbau in panoptischer Anordnung wurde ab 1906 errichtet und am 1. Juli 1908 als Königlich-Preußisches Zentralgefängnis in Betrieb genommen. Theo, ein Name, der für sein Programm steht, hat wesentliche Jahre die Gefängnisseelsorge in Werl geprägt. Mit seiner stoischen Gelassenheit und seinem verschmitztes Lächeln, hat er ohne großes Aufsehen zu machen, Dinge für Gefangene und Bedienstete erreicht. Seine Theologie galt stets den Menschen, egal wie viel Schuld jemand auf sich genommen hat. „Da habe ich viele Geschichten erlebt“, meint er.

Glockenbeauftragter geht weiter

Theo Halekotte ist einer von zwei Glockensachverständigen für das Erzbistum Paderborn und betreut seit 1977 Projekte von Sanierungen, Ergänzungen und Neugüssen von Glockengeläuten. Auf den Klang der Glocken möchte er ungern verzichten, weil die Welt dadurch ärmer wäre. „So mache ich diesen Job zumindest noch weiter“, sagt Halekotte und lächelt, wie er es immer macht. „Theo wird sicher hier und da ehrenamtlich hinter die Mauern kommen“, sagt der Iserlohner Kollege, Andreas Altehenger. „Allerdings hat Theo dann keinen Schlüssel mehr. Aber der menschliche Schlüsselzugang zu Bediensteten und Gefangenen bleibt,“ fügt Daniela Bröckl als Diözesanbeauftragte für Gefängnisseelsorge im Erzbistum Paderborn hinzu.

Michael King

 

3 Rückmeldungen

  1. Alexander Glinka sagt:

    37 Jahre…
    Nach 37 Jahren als Seelsorger in der JVA Werl geht Theo Halekotte nun in den wohlverdienten Ruhestand. Bitte bedenken Sie jedoch, was 37 Jahre bedeuten. Für mich bedeuten sie sehr viel! Überlegen Sie einmal, was Sie in den letzten 37 Jahren Ihres Lebens gemacht haben. Stellen Sie sich vor, es wären 37 Jahre vergangen… 37 Jahre sind fast 40 Jahre, eine biblische Zahl, die uns zum Thema Kirche und Seelsorge in der JVA Werl führt. Theo Halekotte hat 37 Jahre lang die Anstalt betreut und seelsorgerisch begleitet. Ich weiß nicht, ob Sie den Lebenslauf von Theo Halekotte kennen, aber er ist ein „W-W“ – so betitelte ihn ein Bedienter der JVA Werl – ein „waschechter Werler“! Er weiß historisch gesehen mehr über Werl, die JVA und das gesamte Sauerland als irgendjemand, den Sie kennen könnten. Das sind jedoch oberflächliche Informationen, die nach „Glanz und Gloria“ klingen.

    Bescheiden und ehrlich
    Theo Halekotte war in seinen 37 Jahren niemand, der sich „glanzvoll“ in den Vordergrund drängte. Diese Aufgabe überließ er anderen Weltmeistern. Seinen „Glanz“ zeigte er in Einzelgesprächen und persönlichen Begegnungen. Diejenigen, die schon einmal mit ihm gesprochen haben, kennen seine treue und zuhörende Art. Theo Halekotte war ein Mann, der die Worte „christliche Nächstenliebe“ lebte. Natürlich muss auch das Wort „Nächstenliebe“ fallen, sie lesen gerade einen Verabschiedungsartikel über einen verdienten Gefängnisseelsorger. Ein Inhaftierter sagte einmal zu mir, dass er schon viele SeelsorgerInnen im Vollzug erlebt habe. Doch Herr Halekotte sei für ihn ein besonderer Seelsorger gewesen, da er ihm die Botschaft von Jesus durch seine Taten und sein Leben vermittelt habe. Als ich diese Worte hörte, konnte ich nur zustimmen. Sie erinnerten mich an etwas, das Theo Halekotte einmal in einem Gespräch erwähnte. Er teilte einen schönen Satz mit mir, der auf den Heiligen Franziskus zurückgeht. Dabei betonte er, dass dies nicht seine eigenen Worte seien. Typisch bescheiden und ehrlich! Der Satz lautet: „Man solle das Evangelium verkünden, zur Not auch mit Worten.“ Dieser Satz spiegelt Theo Halekottes Art als Mensch und Seelsorger wider. Keine großen Worte, sondern Taten. Viele mögen ihn als unscheinbar und ruhig betrachten, aber bitte denken Sie an die Überschrift des Artikels: „Der lauteste Mann der JVA Werl macht nach 37 Jahren Schluss.“

    Wahre Autorität
    Laut? Bisher wurde er doch als ruhig und gelassen beschrieben, aber er kann auch anders! Theo Halekotte hat auch eine laute Seite – die „Gloria“-Seite. Als Organist der Gefängniskirche St. Peter in Ketten spielte er die Orgel so kraftvoll, dass sie selbst die Geräusche der Freistundenhöfe übertönte. Er war nicht nur ein Seelsorger, sondern auch ein wahrer Kenner der Werler Orgel. Er wusste alles über dieses beeindruckende Instrument – wann es gebaut wurde, welche Pfeifen es hat und so weiter. Für mich persönlich war es ein einmaliges Erlebnis, ihn bei der Wartung der Orgel zusammen mit dem Orgelmeister zu erleben und zu beobachten, wie er sein profundes Fachwissen mit dem des Fachmanns abglich. Theo Halekotte war eine wahre Autorität auf seinem Gebiet, aber er posaunte sein Wissen nicht heraus wie so viele andere. Seine Reden über Gott und die Welt zeugten von einem tiefen Verständnis und einer Einfühlsamkeit, die seinesgleichen sucht. Er drängte sich nie in den Vordergrund, aber wenn er etwas ansprach, dann traf er immer den Nagel auf den Kopf. Wer ihm als Seelsorger begegnete, wusste, dass er aufmerksam zuhörte und stets Verständnis und Scharfsinn bewies.

    Glocken können laut sein
    Was viele nicht wissen, ist, dass Theo Halekotte auch der „Glockensachverständige“ im Erzbistum Paderborn war. Er kannte sich aus in der Kunst, Glocken herzustellen und zu gießen und konnte sogar komplizierte Berechnungen durchführen. Hier zeigt sich eine Parallele zur Orgel – man muss nicht laut sein, um für Lautstärke zu sorgen. Wenn eine Orgel laut ist, fragen Sie sich einmal, wie laut eine Glocke sein kann. Kirchenglocken sind allgegenwärtig in unserem Leben, aber nur wenige wissen, was dahintersteckt. Sie werden uns auch weiterhin begleiten, und wenn Sie das nächste Mal die Werler Orgel hören oder die Kirchenglocken bei offenem Fenster läuten hören, denken Sie an Theo Halekotte und seinen beeindruckenden Wissensschatz. Es mag sentimental klingen, aber seine Leidenschaft für Orgeln und Glocken hat viele inspiriert und wird auch in Zukunft noch viele inspirieren.

    Positive Worte
    Ich bin Theo Halekotte persönlich sehr viel Dank schuldig. Im Jahr 2017 hat er sich freiwillig beim Erzbistum Paderborn bereit erklärt, mich für die Gefängnisseelsorge auszubilden und mein Praxisanleiter zu sein. Durch Theo Halekotte kam ich nach Werl und wurde zum Gefängnisseelsorger. In den Jahren 2017 bis 2019 hat er mich ausgebildet und begleitet. Als ich 2017 in Werl ankam und mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen vorstellte und erwähnte, dass Theo Halekotte mich ausbildet, fielen immer nur positive Worte über ihn. „Theo bildet dich aus? Das ist ein feiner Kerl“, sagte jemand. Ein anderer meinte: „Ich mag Herrn Halekotte von den Seelsorgern am liebsten. Er ist zu allen nett und behandelt alle gleich und ist immer angenehm ruhig…“ „Ich bin vielen Menschen oft nicht gerecht geworden und habe nicht alles erreicht, was ich wollte – bis zuletzt!“, sagt Theo Halekotte. Natürlich kommt es im Leben und besonders im Vollzug vor, dass man mit manchen Menschen nicht gut auskommt. Dies wäre auch nicht normal, wenn man mit allen Menschen gut könne. Jedoch hat Theo Halekotte immer den Frieden gesucht. Ich denke, jeder von uns kennt das: Was wir als selbstverständlich an uns betrachten, ist für andere etwas Besonderes. Es erfordert eine gewisse Selbstreflexion, dieses Besondere bei sich selbst zu erkennen, anzunehmen und zu schätzen.

    Danke…
    Diese Erkenntnis habe ich von keinem anderen Mann gelernt als von Theo Halekotte! Er hat mir sehr viel beigebracht und wir haben auch viel gelacht. Er hat mich ermutigt, wenn ich mutlos war, und er hat mir Dinge und Sachverhalte erklärt, damit ich sie verstehe. Das Wort „Danke“ nur einmal auszusprechen, wird Theo Halekotte nicht gerecht. Danke für die musikalische Bildung und das Beibringen so vieler neuer Kirchenlieder! Mach’s gut, Theo! Du wirst eine Lücke hier in der JVA Werl hinterlassen, die niemand füllen kann. Theo Halekotte, Seelsorger, Orgelspieler und Glockensachverständiger. Du kommst jetzt endlich in deine wohlverdiente Rente! Mach es gut, vergelts Gott und bis wir uns mal wiedersehen, möge Gott Dich stets in seiner Hand halten!

  2. 📚 sagt:

    Gefängnisseelsorge ist neben den anderen Fachdiensten wie Sozialarbeit und Psychologie ein eigener Fachdienst innerhalb des Vollzuges. Die GefängnisseelsorgerInnen sind pastoral-psychologisch ausgebildet. Sie stehen Bediensteten wie Inhaftierten, egal welche Konfession und Religion als Vertrauens-Person mit ihrer Schweigepflicht und dem Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht zur Verfügung.

  3. Reinhild Gaida sagt:

    Warum hat ein vermeintlicher Seelsorger Schlüssel zu den Häftlingsräumen? Er ist doch gar nicht dafür zuständig, und ihm fehlt die Ausbildung zum Umgang mit den vermutlich nicht besonders christlichen Häftlingen.

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