Der Empfang für die Partner im christlich-islamischen Dialog seitens der Deutschen Bischofskonferenz betont die geistliche und theologische Perspektive des christlich-islamischen Gesprächs. “Es ist ein Signal an die gesamte Gesellschaft”, sagt Bischof Dr. Bertram Meier als Vorsitzender der Unterkommission für den Interreligiösen Dialog. Im Zentrum steht Maria als Symbol der Verbundenheit und des Respekts zwischen Christen und Muslimen.
Bischof Dr. Bertram Meier aus Augsburg, verweist in seiner Begrüßung vor rund 100 Gästen im Kölner Maternushaus auf die vielschichtigen Dimensionen des Dialogs: „Unser Empfang betont die geistliche und theologische Perspektive des christlich-islamischen Gesprächs. Wir gehen gewissermaßen an die Quellen, aus denen wir als gläubige Menschen schöpfen. Gleichzeitig senden wir aber auch ein Signal an die gesamte Gesellschaft: Es ist von unschätzbarem Wert, wenn Christen und Muslime einander als Geschwister begegnen.“
Friedensverantwortung
Vor allem im Libanon und in anderen Ländern des Mittleren Ostens bilde die gemeinsame Wertschätzung von Maria ein bedeutsames interreligiöses Bindeglied: „Die Mutter Jesu ist eine Figur des Friedens und des Zusammenhalts. Sie spendet Gläubigen der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften Trost und Hoffnung – in einem Umfeld, in dem beides dringend gebraucht wird.“ Mit Blick auf den Ukraine-Krieg erinnerte er an die religionsübergreifende Friedensverantwortung: „Der heutige Empfang findet in einer Zeit statt, in der das Grauen des Ukraine-Krieges niemanden kalt lässt, unabhängig von Religion und Weltanschauung. Mit unseren Gedanken und Gebeten sind wir bei den Ukrainerinnen und Ukrainern, die unter Krieg und Vertreibung leiden. […] Auch wir, Christen und Muslime in Deutschland, wollen Werkzeuge des Friedens sein“, so der Bischof aus Augsburg.
Eine ganze Sure nach Maria benannt
Der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland (KRM), Abdassamad El Yazidi, hebt in seinem Grußwort ebenfalls das Verbindende zwischen Christen und Muslimen hervor: „Nach Maria wurde eine ganze Sure im Koran benannt. Sie ist ein Symbol der Verbundenheit und des Respekts zwischen Christen und Muslimen. Dieser Respekt mündete bei Papst Franziskus und Großimam Ahmad al-Tayyib in einer tiefen Freundschaft, die auch für uns in Deutschland beispielgebend ist. In diesen schweren Zeiten des Krieges in Europa, in denen viele Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen, denken wir erneut an den christlichen König von Abessinien, der geflüchtete Muslime herzlich aufgenommen und geschützt hat. Solch ein christliches Handeln der Nächstenliebe ist gerade jetzt unser aller Auftrag.“ Abdassamad El Yazidi ist Sohn marokkanischer Einwanderer. Er engagiert sich als Vorsitzender des Deutsch-Islamischen-Vereinsverbands (DIV), dem 25 Moscheegemeinden aus dem Rhein-Main-Gebiet angehören.
Tiefreichende Inspirationsquelle
Den Schwerpunkt bildet ein Gespräch zwischen dem katholischen Theologen Prof. Dr. Klaus von Stosch (Bonn) und der muslimischen Theologin Prof. Dr. Muna Tatari (Paderborn) zum Thema: „Prophetin, Jungfrau, Mutter“ – christliche und muslimische Perspektiven auf Maria. Gemeinsam haben sie ein Buch zum Marienbild des Korans veröffentlicht. Dabei wurde deutlich, dass die interreligiöse Beschäftigung mit Maria eine tiefreichende Inspirationsquelle darstellt: „Für mich war es ein Gewinn festzustellen, dass ich den Koran noch mal anders und vertiefend verstehen kann, wenn ich zu der reichen traditionellen innerislamischen Tradition der Koranexegese weitere methodische Zugänge und inhaltliche Perspektiven hinzunehme. Über die historisch-kritische Exegese, die christliche Texte als Verstehenshorizont integriert, konnte ich mein Verständnis des Koran erweitern und – ganz konkret – die Vielschichtigkeit der Marienfigur des Koran besser würdigen“, so Prof. Tatari.
Augen für politische Implikationen
Prof. von Stosch berichtete von persönlichen Lernerfahrungen: „Mich beeindruckt, wie der Koran einerseits die Reinheit, Jungfräulichkeit und Besonderheit Mariens betont und andererseits immer darauf achtet, alle Aussagen über sie mit einer Wertschätzung des Judentums zu vermitteln. Zugleich inspiriert mich die antiimperiale Kritik der koranischen Aussagen über Maria, die mir die Augen für die politischen Implikationen des Marienglaubens geöffnet hat.“ Die Moderatorin des Gesprächs, Dr. Katrin Visse aus Berlin, resümiert: „Im Christentum kommt Gott ganz konkret durch Maria, durch einen Menschen, in die Welt. Die Maria im Koran bringt mindestens dies: die Gewissheit, dass es Gott gibt, und dass auf ihn Verlass ist. Und nicht nur durch Maria kann diese Erfahrung in die Welt kommen – sondern auch in unserem gemeinsamen Tun und Feiern, in unseren Gesprächen.“ Visse ist Referentin für Islam und Theologie an der Katholischen Akademie in Berlin und promovierte am Schweizerischen Zentrum für Islam und Gesellschaft der Universität Fribourg.