Die HAGIOS-Liedernacht ist ein Mitsing-Konzertprojekt, das von kontemplativer Stille bis zu kraftvollem, vielstimmigem Gesang reicht. Es braucht dazu die eigene Stimme und die Vorfreude auf das Erlebnis, gemeinsam mit vielen anderen Menschen die Kirche in einen großen Klangraum zu verwandeln. Aufgrund der Corona-Lage finden die Konzerte derzeit im Livestream statt. Der Klang und die Leere des sakralen Raumens werden via Bildschirmübertragung in die Welt getragen: Ohne Menschen im Bremer Dom, dafür singen zuhause an vielen Orten Menschen mit.
Inspiriert durch das altgriechische Wort HAGIOS für das “Heilige”, das Nicht-Nennbare, auf das alle Religionen ausgerichtet sind, entwickelt der Komponist Helge Burggrabe einen Liederfundus, der die alte Gesangs-Tradition der Klöster und Gemeinschaften wie Taizé in neuer Weise fortführt. Entstanden sind zwei Zyklen mit ein- bis vierstimmigen Gesängen, die das Heilige umkreisen wie “gesungene Gebete”, lebendig und kraftvoll oder in die Meditation und Stille führend. Teils lebendig, verspielt und tänzerisch, teils besinnlich und meditativ greift die Musik Gesagtes auf und lässt es in musikalischen Bildern weiterklingen.
Helge Burggrabe realisierte bereits viele innovative Kulturprojekte in großen Sakralräumen, unter anderem in der Kathedrale von Chartres, in der Dresdner Frauenkirche, im Kölner Dom oder im Pantheon in Rom. Mit dem Projekt „HAGIOS – Gesungenes Gebet“ verfolgt er die Idee, dass jeder Mensch singen kann. Die Konzerte laden in Offenheit und Ruhe zum Innehalten, Lauschen und Mitsingen ein. Nicht der perfekte Gesang prägt das Miteinander, sondern die Freude, sich berühren zu lassen: von der eigenen Stimme als Ausdrucksmöglichkeit der Seele, vom Miteinander im sakralen Raum. “Das Singen ist die eigentliche Muttersprache aller Menschen”, sagt Yehudi Menuhin. Ein US-amerikanischer, später schweizerischer und britischer Geiger, Bratschist und Dirigent. Er zählt zu den bedeutenstenden Violinvirtuosen des 20. Jahrhunderts.
Getragen wird die Klangfülle im leeren Bremer Dom von der Stille, aus der alle Klänge hervorgehen und wieder zurückkehren. Ein Raumerlebnis der Jahrhunderte alten Kirchen-Architektur zuhause im Wohnzimmer. Im Bremer Dom verbinden sich die Texte von Pierre Stutz mit der poetischen Musik von Helge Burggrabe.