Der Katholische Gefängnisverein in Düsseldorf vermittelt Ehrenamtliche, die Gefangene in der Haftanstalt besuchen. Außerdem berät er Angehörige und kümmert sich nach der Entlassung um die Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Martin Laufen hat früher als Strafrichter gearbeitet. Urteile habe er sich nie leicht gemacht, so erzählt er. Er habe immer erwogen, was ein Aufenthalt im Gefängnis mit einem Menschen macht. Inzwischen hat er die Richterbank verlassen – und engagiert sich ehrenamtlich für die Inhaftierten in Düsseldorfs Gefängnis – als Vorsitzender des Katholischen Gefängnisvereins.
„Im Fernsehen ist es immer das Happy End, wenn der Verbrecher im Knast landet“, sagt Laufen. Er weiß jedoch, dass dann für den Inhaftierten, aber auch für dessen Familie, viele Probleme beginnen. Der Verein unterstützt die Gefangenen, während der Haft und nach der Entlassung. „Im Gefängnis sind die Besuchszeiten sehr begrenzt“, sagt Geschäftsführerin Gisela Ruwwe. Zwei Stunden im Monat darf jeder Häftling maximal drei Menschen bei sich haben, 40 Minuten im Monat darf er darüber hinaus telefonieren. Eine Stunde Hofgang gibt es am Tag, dazu kommt die Arbeit in den internen Werkstätten – allerdings hat nur ein Drittel der Gefangenen eine Stelle. „Wir sind weit entfernt vom Kuschelknast“, ist sich Laufen sicher.
Der Gefängnisverein vermittelt Ehrenamtliche, die mit den Gefangenen Zeit verbringen – die nicht als Besuchszeit zählt. „Es ist wichtig, dass die Menschen in der Haft jemanden zum Reden haben“, sagt Ruwwe. 70 Freiwillige hat der Verein, Rentner und Studenten zum Großteil, da sich die Besuchszeiten im Gefängnis mit den meisten Arbeitszeiten nicht in Einklang bringen lassen. Was die Besucher tun? „Hauptsächlich zuhören“, erklärt Ruwwe. Sie seien die Einzigen, mit denen die Häftlinge sprechen können, ohne auf dem Prüfstand zu stehen.
Jeder Ehrenamtler betreut in der Regel nur einen Gefangenen, und jeder Häftling wird nur von einem Ehrenamtler besucht. Eine Koordinatorin bringt die Paare zusammen, dabei spielen auch Herkunft und Sprachkenntnisse eine Rolle. Die Besucher erfahren im Vorfeld nicht, wofür ihr Gegenüber einsitzt, und dürfen auch nicht danach fragen. „Die meisten Gefangenen erzählen erfahrungsgemäß aber sehr schnell von sich, sie haben wirklich Redebedarf“, erzählt Ruwwe. Allerdings dürfen die Ehrenamtler bestimmen, mit wem sie nicht zusammengebracht werden wollen. „Man denkt, sie wollen keine Mörder oder ähnliches, aber der häufigste Ausschluss ist tatsächlich Betrug“, so die Geschäftsführerin. Einige Gefangene könnten manipulativ sein, sodass auch die Besucher ein richtiges Verhältnis zwischen Nähe und Distanz finden müssen.
Neben den Gesprächen organisiert der Gefängnisverein auch Familientage in der JVA sowie religiöse Treffen für verschiedene Konfessionen und Religionen. Außerdem stellt er gemeinsam mit anderen Organisatoren Hefte und Infomaterialien zur Verfügung, für neue Gefangene, für Angehörige, für die ersten Schritte nach der Entlassung. Es gibt auch ein Kochbuch für die Gefängnisküche und sogar ein Bilderbuch für Kinder, das zum Gespräch innerhalb der Familien anregen soll.
„Nach der Haft fällt es Gefangenen oft schwer, wieder ein geregeltes Leben zu beginnen“, weiß Martin Laufen. Viele werden rückfällig oder haben Probleme im Arbeits- und Privatleben. „Sie werden in der Gesellschaft nur noch auf das Merkmal des Ex-Häftlings reduziert“, so der Vorsitzende. Der Spruch vom „Knast als Schule des Verbrechens“ sei insofern wahr, als dass viele Menschen sich nach der Haftstrafe ebenfalls als Kriminelle sehen – und weitere Verbrechen begehen.
www.gefaengnisverein.de | Dominik Schneider, RP online