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Gefängnisseelsorge ist ein Dienst, der Enge weitet…

16. Oktober 2023

„Seien Sie herzlich willkommen hier im schönen evangelischen Michaeliskloster, mit dem wir als Bistum Hildesheim enge ökumenische Kontakte pflegen, für die ich sehr dankbar bin“, so eröffnet der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sein schriftliches Grußwort zur Studientagung der Katholischen Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V. Es wird vorgetragen von Gregor Schneider-Blanc, der Referent für Kategoriale und Diakonale Seelsorge im Bistum Hildesheim.

 

Godehard – ein guter Zuhörer

Im Bistum Hildesheim haben wir bis Mai 2023 ein Godehardjahr gefeiert, im Gedenken an die Bischofsweihe des Heiligen Godehards vor 1000 Jahren. Ihnen ist der Name des Heiligen Godehard vielleicht schon im Urlaub begegnet. Der Schweizer Gotthardtunnel wurde nach ihm benannt. Wenn wir in den Lebensbeschreibungen des Benediktinerabts und späteren Bischofs Godehard lesen, wird dieser dargestellt als Mensch mit großer empathischer Volksnähe. Godehard setzte sich für Arme, für Kranke, für Benachteiligte und besonders auch für Gefangene ein. Es wird berichtet, dass Gefangene auf seine Fürsprache hin freigelassen wurden. Godehard war, so sagt es die Geschichtsschreibung, ein guter Zuhörer, dazu tatkräftig und willensstark. Er hatte eine ausgeprägte pastorale und seelsorgliche Ader. Er gab dem Evangelium Gesicht, Hände und Stimme. Godehard war authentisch jesuanisch unterwegs und man gewinnt den Eindruck, dass es ihm nicht allein darum ging, akute Not zu lindern, sondern gezielt Wege und Chancen für persönliche und strukturelle Entwicklungen aufzuzeigen und diese tatkräftig zu fördern. Godehard schrieb niemanden ab. Er setzte auf das Entwicklungspotential jedes einzelnen Menschen und schaffte dazu unterstützende Strukturen. Das ist auch heute Ziel im Strafvollzug und Aufgabe von Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten.

Offene Gespräche mit Gefangenen

Ich selbst habe an unterschiedlichen Orten in der Gefängnisseelsorge gearbeitet, in Vechta, in Italien und ich weiß daher aus eigener Erfahrung wie wichtig, wie fordernd und wie bereichernd dieser Dienst ist. Auch hier im Bistum besuche ich regelmäßig am Neujahrstag eine der Justizvollzugsanstalten und wir feiern dort gemeinsam Gottesdienst. In der anschließenden Runde zeigen mir die sehr offenen Gespräche mit den Gefangenen, in der Sorgen, aber auch Hoffnungen und Entwicklungen benannt werden, wie wichtig Menschen sind, die Zeit zum Zuhören, zur Begleitung haben, wie wichtig Menschen sind, die sich um die Seele der Gefangenen sorgen. Das ist die vordringlichste Aufgabe der Seelsorge in den Gefängnissen. Für mich ist dieser Dienst ein Dienst, der Enge weitet. Eine Hilfe für Menschen, um wieder atmen zu können, eine Hilfe, um wieder zu sich kommen, eine Hilfe, um wieder Kontakte aufzunehmen und nicht zuletzt ein Hinweis auf Gott.

Stabile Kontinuität der Gefängnisseelsorge

Dies geschieht auch in Gottesdiensten, die in den JVAs gefeiert werden: In der Stille, die gefüllt wird durch herausgefordertes Leben, im Kerzenlicht, das dunkle Gedanken aufhellt, in der Gemeinschaft, die viel größer ist als der Kreis der Feiernden. Als Bistum werden wir in der Gefängnisseelsorge auch in Zukunft in einer stabilen Kontinuität stehen — in guter Kooperation mit den evangelischen Kirchen in Niedersachsen und dem Justizministerium. Wir werden unsere Verantwortung wahrnehmen gerade für diejenigen, die nicht den geraden Weg durchs Leben gehen können. Wir werden unsere Verantwortung wahrnehmen in der Erhaltung und Besetzung von refinanzierten und auch eigenständig getragenen Stellen, weil unser Auftrag in der Nachfolge Jesu genau dies gebietet und auch weil wir in der Tradition vom Bischof Godehard stehen. Ihre Studientagung „Alternativen in und zur Haft“ greift in vielfältiger Weise die Fragen auf, wie das Leben innerhalb und außerhalb der Gefängnismauern angemessen und menschenfreundlich gestaltet werden kann. Dazu wünsche ich Ihnen regen Austausch und einen fruchtbringenden Dialog. Zum Kulturprogramm am Donnerstagnachmittag und zum gemeinsamen Essen am Abend lade ich Sie herzlich ein. Genießen Sie das Abendessen im frisch renovierten Refektorium des Mutterhauses der Vinzentinerinnen. Übrigens: Der Hl. Godehard ist der Schutzpatron gegen Gallen- und Nierensteinleiden…

Grußwort von Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ | Hildesheim, 9. Oktober 2023

 

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