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Emmaus: Es gibt keine hoffnungslosen Fälle

17. Oktober 2024

Das Leben von Karl Rottenschlager beeindruckt. Es zeigt den selbstlosen, ganzheitlichen Einsatz für Menschen am Rande der Gesellschaft und gibt Einblicke in die schwierige Alltagsrealität Obdachloser und haftentlassener Menschen. “Für Gott gibt es keine hoffnungslose Fälle.” Dies ist Rottenschlagers Devise, die seinen lebenslangen, christlich geprägten Einsatz für die Schwächsten und sein unermüdliches Streben nach sozialer Gerechtigkeit rechtfertigen. Jetzt ist seine Biographie erschienen.

Im Jahr 2022 erhielt Rottenschlager das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich. “Charly”, wie ihn viele nennen, begann seine berufliche Laufbahn als Sozialarbeiter 1973 in der Justizanstalt Stein, wo er am Reformaufbruch im österreichischen Strafvollzug beteiligt war. Doch er nahm auch Defizite wahr -insbesondere die mangelnde Nachbetreuung der Haftentlassenen. Mit viel Beharrlichkeit und großem persönlichem Einsatz gründete der Theologe 1982 die St. Pöltner Emmausgemeinschaft. In einem desolaten Haus im sogenannten “Glasscherbenviertel” entstand eine familienähnliche Gemeinschaft, in der Rottenschlager und weitere BetreuerInnen gemeinsam mit haftentlassenen Männern lebten und arbeiteten. Eine “Lebensschule” für Ausgegrenzte. Noch heute ist dieses Zentrum sein Zuhause.

Für sozial Benachteiligte

Mittlerweile ist es ein weit über die Region hinaus bekanntes Vorbildprojekt, das Nachahmer gefunden hat. Der Verein zur Integration sozial benachteiligter Personen betreibt an sieben Standorten in niederösterreichischen St. Pölten Einrichtungen zur Unterstützung für Menschen in Krisensituationen. Dazu gehören Notschlafstellen, Tageszentren, Wohnheime, eine Beratungsstelle, Arbeits- und Beschäftigungsplätze sowie Tagesstättenplätze für Frauen, Männer und Jugendliche. Täglich werden rund 320 Menschen von einem multiprofessionellen 160 köpfigen Team unterstützt und begleitet. Alles für sozial Benachteiligte, für Menschen mit psychischen Erkrankungen, Jugendliche in Problemsituationen, Obdachlose und Menschen, die bedingt verurteilt wurden oder von Straffälligkeit bedroht sind. Haftentlassene, die weder Arbeit noch Quartier besitzen, können ebenso aufgenommen werden. “Wir versuchen bei Emmaus, die Bergpredigt in Millimeterarbeit umzusetzen”, sagt Rottenschlager. “Die Schattenseite des Überflusses ist der überflüssige Mensch. Mein Platz ist in den Kellern der Menschheit”, führt “Charly” aus. Im Letzten brauche es Menschen, „die glaubwürdig vorleben und vermitteln können, dass die ausgegrenzten Menschen radikal angenommen werden – unabhängig von ihrer Vorgeschichte“, so der Theologe und Sozialarbeiter. “Ob jemand von der Straße kommt, vom Gefängnis, aus der Psychiatrie oder Prostitution, wir sagen ihm: Du kriegst alle Chancen.” Erfolg stelle sich oft erst nach vielen Rückschlägen ein, räumt der Emmaus-Gründer ein. Es brauche eine solide Begleitung und Treue gegenüber der Person. “Das heißt, auch wenn es zehnmal nicht hinhaut und Menschen rückfällig werden, wir sagen ihnen: ´Ich bleibe bei Dir´. Die Weggemeinschaft bewirkt Unglaubliches”, erzählt “Charly” überzeugend.

Biographie-Autor

Der Autor der Biographie von Karl Rottenschlager mit dem Titel “Der Traum von Emmaus” ist Karl Vogd. Er studierte Deutsch und Geschichte. Bis zu seiner Pensionierung arbeitete er als Mittelschullehrer und ist Journalist in Niederösterreich. Er kennt Karl Rottenschlager seit Jahrzehnten und hat die Entwicklung der Emmausgemeinschaft von Beginn an mitverfolgt.

Karl Rottenschlager
Der Traum von Emmaus

Ein Leben für haftentlassene und benachteiligte Menschen
Tyrolia Verlag 2024
25 Euro

Emmausgemeinschaft

Die Emmausgemeinschaft St. Pölten wurde im Jahr 1982, mit Unterstützung der Caritas St. Pölten, vom Theologen und Sozialarbeiter Karl Rottenschlager gegründet. Bei Emmaus ist die Gemeinschaft als Ort der Versöhnung, Heilung, Zuwendung, Zugehörigkeit, gegenseitiger Liebe, Vergeben und des Wachstums definiert. Das Emmaus-Logo reflektiert die Tischgemeinschaft, es zeigt zwei Brot brechende Hände, Symbol für das Teilen bzw. die Nächstenliebe.

Das pädagogische Stufenmodell von Emmaus erleichtert den KlientInnen die Neuorientierung und unterstützt beim Erarbeiten neuer Lebensperspektiven. Finanziert wird der Verein durch Eigenerwirtschaftung, Spenden sowie Subventionen von Land Niederösterreich, Arbeitsmarktservice Niederösterreich, Bundesministerium für Justiz und der Stadt St. Pölten.

 

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