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Inhaftierte in Rentenversicherung einbeziehen

19. Juni 2024

Die Bundesregierung hält die Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung weiterhin grundsätzlich für sinnvoll. Das betont sie in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Partei „Die Linke“. Die Arbeit im Strafvollzug sei ein wesentliches Integrationsmittel und Bestandteil des Resozialisierungskonzeptes. Die Aufnahme in die Rentenversicherung scheitert jedoch bislang an der Finanzierung.

Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Urteil vom 20. Juni 2023 fest, dass die Regelungen zur Gefangenenvergütung in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Bayern nicht mehr mit dem Resozialisierungsgebot aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar sind und verpflichtete den Gesetzgeber dazu, „ein umfassendes, wirksames und in sich schlüssiges, am Stand der Wissenschaft ausgerichtetes Resozialisierungskonzept zu entwickeln sowie die von ihm zu bestimmenden wesentlichen Regelungen des Strafvollzugs darauf aufzubauen“ (2 BvR 166/16, 2 BvR 1683/17). Die Bundesländer haben daraufhin eine offene Arbeitsgruppe gebildet, weil alle Bundesländer von der Entscheidung betroffen sind und die Gefangenenvergütung bundesweit neu geregelt werden muss. Zu der Frage, in welcher Form und welcher Höhe Strafgefangene und Sicherheitsverwahrte angemessen entlohnt werden, gehört die Frage, ob diese entsprechend dem Angleichungsgrundsatz nicht auch in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden sollten.

Scheitert an der Finanzierung

Durch die Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung würde die Integrationsmittel ergänzt und aufgewertet. Allerdings, so fügt die Regierung hinzu, sei es für eine solche Einbeziehung entscheidend, wer die anfallenden Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung übernimmt. Und dazu seien die Länder bisher nicht bereit. Die Arbeitsgruppe der Bundesländer zur Neuregelung der Gefangenenvergütung habe empfohlen, das Nettoprinzip beizubehalten. „Für die Bundesregierung kommt jedoch eine Tragung der Kosten durch die Versichertengemeinschaft oder den Bund nicht in Betracht, weil der Strafvollzug Ländersache ist und daher die Länder bei einer Einbeziehung der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rente die Beiträge vollständig tragen müssten“, so die Ausführung. Aus der Antwort geht hervor, dass die Beschäftigungsquote der Strafgefangenen aktuell im Jahr 2022 bundesweit bei knapp 59 Prozent gelegen hat. Die höchste Quote (66,6 Prozent) hatte Niedersachsen, die geringste das Saarland (48,9 Prozent).

In Deutschland befinden sich ca. 60 000 Menschen in Haft. Die meisten von ihnen sind in der Lage, während ihrer Inhaftierung zu arbeiten. Wenn sie arbeiten, erwerben sie jedoch keine Rentenansprüche. So wie die JustizministerInnen der Bundesländer den Einbezug in die gesetzliche Rentenversicherung für sinnvoll erachteten, hält es die Bundesregierung für sinnvoll, in Haft arbeitende Strafgefangene und Sicherheitsverwahrte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen Es scheiterte bislang an der Finanzierung. Die Länder wollen, dass die Beiträge vom Bund bzw. von der Rentenversicherung gezahlt werden. Nach Ansicht der Bundesregierung seien aber die Länder zuständig, weswegen diese auch die entsprechenden Kosten tragen müssten.

Weiter rentenversicherungslos

Die Arbeitsgruppe der Bundesländer zur Neuregelung der Gefangenenvergütung hat ab Juli 2023 das Thema eines Brutto- bzw. Nettolohnprinzips ebenfalls diskutiert und hierzu Empfehlungen formuliert: Der Umstieg auf ein Bruttoprinzip wird grundsätzlich unter Einbeziehung des Bundes in eine umfassende Prüfung für möglich gehalten. Aufgrund der erforderlichen umfassenden Prüfung sei es aber wegen der eng bemessenen Umsetzungsfrist nicht durchführbar. Die Weiterführung des Nettoprinzips wird daher vorgeschlagen. Damit würde die Arbeit der Gefangenen und Sicherheitsverwahrten, die innerhalb der Strafvollzugsanstalten geleistet wird, weiterhin in vollem Umfang rentenversicherungslos bleiben. Weder werden Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt noch wird diese Zeit als Berücksichtigungs-, Anrechnungs- oder Zurechnungszeit gewertet. Dies hat negative Auswirkungen auf die Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung. Bereits erworbene Anwartschaften auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit können aufgrund der fehlenden Beitragszahlungen verloren gehen. Die Bundesregierung plant keine hinausgehende Maßnahmen, um drohende Altersarmut von Strafgefangenen und Sicherheitsverwahrten zu bekämpfen. Sie haben nach ihrer Entlassung wie alle anderen Personen neben etwaigen Rentenansprüchen aus den unterschiedlichen Alterssicherungssystemen gegebenenfalls nur Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung und bei Erwerbsminderung, wenn das Einkommen nicht ausreichend ist, das Existenzminimum zu decken.

Quelle: Drucksache 20/11837 | 13. Juni 2024

 

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