parallax background

Ein Elefant als Spiegelbild für die seelische Situation?

7. Mai 2024

Der Tiergarten Schönbrunn in Wien wurde 2022 zum sechsten Mal zum besten Zoo Europas gewählt. Die Gehege der Tiere sind großzügig und naturnah gestaltet. Mehr als 700 Tierarten – vom Sibirischen Tiger über Koalas bis zu Panzernashörnern – leben hier. Highlights sind das riesige Regenwaldhaus, das große Südamerika-Areal und die ORANG.erie, die das Zuhause der Wiener Orang Utans ist. Jonathan Werner, Gefangenenseelsorger in der Justizanstalt Wien-Josefstadt hat den Zoo besucht und Parallelen zum Dienst hinter den Mauern gemacht.

A Elefant, a ganz a alter

Will nix sehen und nix mehr hören.
Und mit an – ach – so schweren
Seufzer,
Legt er sich afoch hin zum Sterben.

Na, die Welt is nimmer seine,
G′hört scho lang nimma mehr eam,
Also bleibt halt nur das eine,
Afoch niederlegen und sterben.

Ludwig Hirsch

Die Afrikanischen Elefanten in Schönbrunn heißen Tonga, Mongu, Iphwa und Numbi. Tonga ist die Leitkuh in Schönbrunn. Sie stammt aus Südafrika und kam 1988 in den italienischen Safaripark Parco Natura Viva. Im August 1998 übersiedelte sie in den Tiergarten. Mongu ist die Tochter von Tonga. Ihr Vater Pambo lebte von 1997 bis 2009 in Schönbrunn. Sie kam am 25. Mai 2003 zur Welt. Iqhwa ist der erste Elefantennachwuchs von Tonga, der mit dem gefrorenen Sperma eines Wildbullen gezeugt wurde. Numbi übersiedelte 2009 gemeinsam mit ihrem Sohn Kibo von Wuppertal nach Wien. 2010 bekam sie in Schönbrunn ihren zweiten Sohn Tuluba, der mittlerweile in Frankreich lebt.

Pfleger tödlich verletzt

Es gibt noch ein gewichtiger Neuzugang im Tiergarten Schönbrunn: Ein Afrikanischer Elefantenbulle ist aus dem deutschen Zoo in Halle/Saale ist im Jahr 2023 angekommen. Eigentlich ist es eine Rückkehr, denn Elefant Abu wurde 2001 in Wien geboren. 2005 verletzte er einen Pfleger tödlich. Bim Duschen der Elefanten wurde der Pfleger erdrückt. 2006 übersiedelte der Jungelefant gemeinsam mit seiner Mutter Sabi nach Deutschland. „Bei uns im Tiergarten leben vier Elefantenkühe im besten Alter. Unsere Herde ist genetisch sehr wertvoll, und wir hoffen, dass wir mit dem neuen Bullen in den kommenden Jahren einen wichtigen Beitrag zur Erhaltungszucht leisten werden“, sagt Zoodirektor Stephan Hering-Hagenbeck.

Zum Sterben hinlegen

Jonathan Werner, Gefängnisseelsorger in der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt besuchte den Zoo. Er hat ein Bild eines Elefanten gemacht. Ihm kommen Gedanken zu den Menschen im Gefängnis. Dabei kommt ihm das Lied von Ludwig Hirsch in den Sinn. Er war ein österreichischer Liedermacher und Schauspieler aus der Steiermark. Am 24. November 2011 nahm sich Ludwig Hirsch auf dem Gelände einer Klinik das Leben. Er hatte Lungenkrebs und befand sich wegen einer Lungenentzündung im Spital. Zwei Wochen später platzierte sich sein Lied „Komm großer schwarzer Vogel“, das sich thematisch mit dem Todeswunsch eines todkranken Menschen, der auf den Tod wartet, auseinandersetzt, in den österreichischen Charts.

Eine Form von „Da sein“

„Wir haben im Gefängnis oft mit Menschen zu tun die kein Ansehen mehr haben und auch selbst keine Kraft mehr haben anzusehen“, sagt Jonathan Werner. Wie Rilke über den Panther schreibt: „Sein Blick ist vom vorübergehen der Stäbe träge…“ Müde, träge, enttäuscht und hoffnungslos? „Als Seelsorgende müssen wir allzu oft aushalten, dass wir nicht viel Handlungsspielraum haben. Aber, das Ansehen bleibt möglich“, betont Werner. Das Ertragen der Not des anderen ohne auszuweichen, ohne wegzusehen. „Auch wenn jemand nicht mehr kann, kann ich noch sagen: Ich sehe Dich. Und auch das ist eine Form von Da sein“. meint der erfahrene Gefängnisseelsorger.

Oberrat Mag. Dr. theol. Jonathan Werner | Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt

 

1 Rückmeldung

  1. Sanzaru sagt:

    Der Artikel gefällt mir. Ein Gedankenimpuls: Auf den Abteilungen A, B, E in der Justizanstalt Wien-Josefstadt oder vielleicht auch auf allen Abteilungen, haben sie die Gitter in dem selben dunklen grün gestrichen wie in Schönbrunn die Käfige. Zumindest so meine Erinnerungen. Während ich in U-Haft war, hatte ich kein Mitleid mit mir. Aber ich bekam durch diesen Farbanstrich plötzlich viel Mitleid mit den eingesperrten Tieren, die ich mit meiner Tochter so gerne besucht hatte. Die nächtlichen (simulierten) aus Fadesse produzierten Tier-Geschreie der anderen Gefangenen in die Spazierhöfe hinein, haben auch einiges dazu beigetragen. Ich weiß nicht, ob ich sobald wieder einen Zoo besuche, „unschuldige“ Tiere dabei beobachte, wie sie mich durch diese dunkelgrünen Gitter teilnahmslos ansehen…

Feedback 💬

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert