Jetzt ist er wieder unterwegs: Hans-Gerd Paus, ehemaliger Gefängnisseelsorger in der JVA Geldern am Niederrhein. Letztes Jahr ist Paus von Nord nach Süd, vom Nordcap bis Sizilien und Malta gepilgert. In diesem Jahr soll es von Istanbul bis nach Santiago de Compostela gehen, von Ost nach West, quer durch Europa. Für die rund 4500 Kilometer wird er mindestens ein halbes Jahr unterwegs sein, schätzt Paus. Er spricht von Plänen, Träumen und Herausforderungen mit dem domradio.de.
Auf Ihrer ersten Tour von Nord nach Süd haben Sie sich die ein oder andere Verletzung zugezogen. Ist jetzt alles wieder verheilt?
Ja, zwei Leistenbrüche sind operiert worden, das Knie ist auch ausgeheilt. Jetzt fühle ich mich eigentlich ganz gut. Ich habe aufgrund der Leistenbrüche wenig trainiert und glaube, ich muss jetzt langsam wieder anfangen.
Wie wichtig ist ein vorheriges Training? Sie haben eine Strecke von 4.500 Kilometern vor sich.
Die Strecke selber trainiert ja auch. Aber ich merke, dass ich zwei Monate keinen Rucksack getragen habe, kaum gelaufen bin, kein Rad gefahren bin. Es musste einfach alles ausheilen. Aber das klappt schon.
Sie beginnen Ihre Tour am 16. Mai 2024. Wie sieht Ihre Route aus?
Ich starte in Istanbul, dann geht es nach Griechenland über Thessaloniki, dann kommen Albanien, Montenegro, Kroatien, Serbien, Italien, Frankreich und schließlich natürlich Spanien. Am Mittwoch fahre ich erstmal bis Köln, weil am Donnerstagmorgen früh der Flieger von Köln nach Istanbul geht.
Haben Sie auf Ihrer Route fixe Punkte, zum Beispiel Kapellen oder Kirchen, die Sie auf jeden Fall besuchen wollen? Oder laufen Sie einfach auf der Route von Stadt zu Stadt?
In Santiago de Compostela möchte ich gerne den Gottesdienst für Pilger miterleben. Und ich würde gerne in Istanbul die deutsch-katholische Gemeinde und die Kirche dort besuchen. Da habe ich mich informiert. Ansonsten habe ich keine kirchlichen Gebäude, die ich in jedem Fall mitnehmen möchte.
Was nehmen Sie denn aus den Erfahrungen der vergangenen Nord-Süd-Tour mit auf die Ost-West-Tour?
Zwei Dinge. Einmal, dass ich wahrscheinlich noch weniger Gepäck brauche, als ich auf der Nord-Süd-Tour glaubte. Und das zweite ist, dass kein Loch so tief ist, dass ich da nicht wieder rauskomme.
Was für Löcher haben Sie erlebt?
Es ist nicht so, dass jeder Tag nur zum Grinsen ist. Ich habe auch schon mal Probleme mit der Einsamkeit gehabt oder dass etwas nicht funktioniert hat oder dass etwas ganz umgeplant werden musste, als ich es vorher geplant hatte. Oder ob es das verdrehte Knie war. Irgendwie komme ich aus den Löchern bisher immer noch wieder raus.
Sie nehmen alle Interessierten über die App Polarsteps mit. Da kann man Ihnen auf Ihrem Weg folgen. Werden Sie wieder Bilder posten und einen täglichen Impuls geben?
Ja, mein Plan ist das in jedem Fall. Man muss nicht mal die App runterladen. Man kann auch einfach so auf Polarsteps im Internet oder bei Google meinen Namen eingeben, dann kommt man irgendwann darauf. Ich würde mich freuen, wenn mir Leute folgen. Mein Plan ist es, wieder viele Fotos und Texte zu veröffentlichen.
Was sagen die Menschen in Ihrem Umfeld?
Da ich in der Kirchengemeinde gar nicht so häufig in Erscheinung trete, weil es gerade viele Pensionäre in der Gemeinde gibt, erfahre ich eigentlich keinen Widerspruch. Aber auf einem Supermarkt-Parkplatz sprach mich doch jüngst eine Frau an, die ich gar nicht kannte und sagte, dass sie es toll fände, was ich da mache und das sie es verfolgt. Ich habe diese Frau noch nie vorher so wahrgenommen. Das hat mich ein wenig überrascht, dass mich auch Menschen verfolgen, die ich gar nicht kenne. Es war mir schon irgendwie klar, aber ich hab es nicht so gefühlt.
Wenn Sie Europa einmal quasi “kreuzweise” gesehen haben, haben Sie auch noch Ambitionen die anderen Kontinente zu sehen?
Mein Ziel war, meine fünf Lebensträume umzusetzen. Dazu gehört jetzt auch diese Tour. Wenn ich wieder da bin, bin ich ganz sicher, dann werde ich mich nicht einfach irgendwo hinsetzen und alt werden. Ich brauche auch keine Couch. Ich denke mal, ich werde etwas Neues machen. Aber diese Tour, die ich jetzt mache, ist mein Lebenstraum.
Das Interview führte Oliver Kelch | domradio.de